PKV: Keine rückwirkende Vertragsanpassung bei fehlerhafter Belehrung

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Der private Krankenversicherer kann den Vertrag wegen Falschbeantwortung der Gesundheitsfragen nur rückwirkend anpassen, wenn er ordnungsgemäß belehrt hat

In der gerichtlichen Praxis kommt es regelmäßig vor, dass ein privater Krankenversicherer Leistungen verweigert und sich hierzu auf eine (angebliche) Anzeigepflichtverletzung bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen stützt. Häufig wird sich dabei ergeben, dass der Versicherer bei Kenntnis der wahren Umstände den Vertrag zwar abgeschlossen hätte, dann aber andere Konditionen vereinbart worden wären. Nach der Gesetzeslage steht ihm dann nicht das Recht zum Rücktritt zu, sondern er kann den Vertrag nur rückwirkend anpassen und neue Vertragsbedingungen zur Grundlage des Vertrags machen.

Dass dieses Recht aber auch nicht immer eingreift, zeigt eine Entscheidung des LG Nürnberg-Fürth vom 12.11.2015, Az. 8 O 9622/15.

In dem zur Entscheidung gestellten Sachverhalt ging es um die Erstattung von Behandlungskosten für eine kieferorthopädische Behandlung des Sohns der Versicherungsnehmerin. Bei Abschluss des Vertrags war eine Untersuchung durch die Kieferorthopädin nicht angezeigt worden, obwohl sie im abgefragten Zeitraum erfolgt war. Die zeitliche Nähe zur Antragsstellung deutete auch auf grobe Fahrlässigkeit hin. Der Versicherer hatte nur vorgetragen, dass er den Vertrag bei Kenntnis der Behandlung zwar angenommen hätte, jedoch einen Ausschluss für kieferorthopädische Behandlungen vereinbart hätte. Mit dieser Begründung verweigerte er die Kostenübernahme für eine durchgeführte Behandlung.

Dem folgte das LG Nürnberg-Fürth nicht. Das Gericht prüfte nämlich, ob die von dem Versicherer verwandte Belehrung den gesetzlichen Anforderungen genügte und verneinte dies im Ergebnis. Zwar hat der Versicherer über die Rechtsfolgen einer falschen Antwort auf die Gesundheitsfragen aufgeklärt, die Belehrung war jedoch im Hinblick auf ein Detail unrichtig. Im Bereich der Krankenversicherung werden die Rechtsfolgen des § 19 Abs. 4 VVG modifiziert (§ 194 Abs. 1 S. 3 VVG). Danach entfällt das Recht des Versicherers, den Vertrag rückwirkend anzupassen, dann, wenn der Versicherungsnehmer die Verletzung der Anzeigepflicht „nicht zu vertreten hat“, sprich: nicht fahrlässig gehandelt hat.

Da die Belehrung somit unwirksam war, schied ein Recht des Versicherers auf Anpassung des Vertrags aus. Im Ergebnis musste er deshalb also die Leistungen erbringen.

Das Beispiel zeigt, dass es sich mitunter lohnen kann, im Falle der Leistungsablehnung rechtlichen Rat eines spezialisierten Anwalts zu suchen, da nur er die Rechtslage richtig wird einordnen können und wie im gegebenen Fall die Belehrung auf ihre Wirksamkeit prüfen kann.

RA Heiko Effelsberg, LL.M.

Fachanwalt für Versicherungsrecht


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