Qualifizierter Rotlichtverstoß bedarf Angaben zu den örtlichen Gegebenheiten

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Das OLG Hamburg hat am 01.06.2011 entschieden, dass bei einem qualifizierten Rotlichtverstoß nähere Feststellungen zu den örtlichen Begebenheiten durch Zeugen zu treffen und diese mit konkreten Tatsachen zu belegen sind.

Hier überquerte der Betroffene mit seinem Pkw eine Straße in Hamburg, wobei nach Feststellungen des Amtsgerichts die Lichtzeichenanlage schon länger als eine Sekunde rotes Licht zeigte. Dafür verhängte das AG wegen eines fahrlässigen qualifizierten Rotlichtverstoßes 200,- € Geldbuße und einen Monat Fahrverbot. Diese Feststellungen und die Beweiswürdigung sind fehlerhaft und eine Rechtsbeschwerde mit Sachrüge wird Erfolg haben.

Ein qualifizierter Rotlichtverstoß liegt vor, wenn der Betroffene die Haltelinie vor der Ampel überquert, nachdem bereits mehr als eine Sekunde Rotlicht angezeigt wird. Bei dem Urteil des AG bleibt unklar, ob die Zeitangabe „länger als eine Sekunde" den Zeitpunkt der Überschreitung der Haltelinie vor der Lichtzeichenanlage betrifft oder erst das etwas spätere Überfahren der Kreuzung. Dem Rechtsbeschwerdegericht muss ermöglicht werden, einen solchen Verstoß rechtlich überprüfen zu können, indem das Tatgericht nähere Feststellungen zu den örtlichen Gegebenheiten und zum Ablauf des Rotlichtverstoßes trifft. Dies können u. a. zeitliche Einschätzungen von Zeugen sein, Angaben in welcher Entfernung sich das Fahrzeug zur Ampel oder Haltelinie befand und mit welcher Geschwindigkeit das Fahrzeug fuhr (OLG Hamm NVZ 2008, 309 f., HansOLG Hamburg NVZ 2005, 209 f.).

Des Weiteren muss das Gericht angeben, ob und in welcher Höhe es einen Sicherheitsabschlag bei der konkret angewandten Schätzmethode vorgenommen hat. Vorliegend wurde das Urteil des AG diesen Anforderungen nicht gerecht, da es keine Angaben über Geschwindigkeiten, Abstände oder Entfernungsangaben zur Haltelinie enthält. Aussagen von Zeugen wie: „Die Ampel war schon beim Überqueren des ersten Fahrzeugs rot und beim Passieren des zweiten Pkws dann mit Sicherheit länger als eine Sekunde rot" oder „die Lichtzeichenanlage war schon aus der Entfernung rot" reichen nicht aus. Somit ist dem Rechtsbeschwerdegericht die Prüfung verwehrt, ob der Tatrichter zu Recht von der angenommenen Rotlichtdauer von „länger als einer Sekunde" beim Überqueren der Lichtzeichenanlage an der Straße ausgegangen ist. Das Urteil des AG ist aufzuheben. Die Sache bedarf der erneuten Verhandlung und Entscheidung, § 79 Abs. 6 OWiG.

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass das oben geschilderte Urteil nicht verallgemeinerungsfähig ist. Vielmehr bedarf es einer genauen Prüfung des Einzelfalls, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten. Der Autor Sven Skana ist Fachanwalt für Verkehrsrecht, Spezialist für Verkehrs-Unfallrecht sowie Spezialist für Führerscheinangelegenheiten im Betäubungsmittelrecht. Er ist Partner in der Kanzlei Roscher, Johlige & Partner in Berlin-Charlottenburg, Kurfürstendamm 28, 10 719 Berlin, Tel: 030/886 81 505.


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