Räuberischer Diebstahl / Rauschgift - BGH rügt unterlassene Unterbringung in Entziehungsanstalt

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Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 11.04.2011 ein Urteil des LG Hamburg (Az: 5 StR 89/11) teilweise aufgehoben, da dieses die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nicht geprüft hatte.

Nach Erfahrungen des Verfassers entspricht die Entscheidung des LG Hamburg auch der Praxis anderer, z.B. der Strafgerichte im LG-Bezirk Augsburg. Nur sehr selten wird die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt überhaupt erörtert. Aufgabe der Verteidigung ist es, das für und wider vorab gemeinsam mit dem Mandanten zu erörtern.

Der Verfasser ist seit über 10 Jahren in Augsburg, Gera und bundesweit bis zum Bundgerichtshof als Strafverteidiger tätig. Er hat einen Fachanwaltskurs für Strafrecht absolviert.

Der 5. Strafsenat stellte im Wesentlichen fest:

„Das Landgericht hatte den Angeklagten O. wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren, den Angeklagten K. wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls, Raubes in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, Diebstahls mit Waffen und wegen vorsätzlicher Körperverletzung in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt...

Nach den Feststellungen konsumieren die beiden 1987 bzw. 1988 geborenen Angeklagten seit dem 13. Lebensjahr regelmäßig Cannabis. Der Angeklagte O. begann mit 15 Jahren auch Kokain zu nehmen und trank häufig - gelegentlich exzessiv - alkoholische Getränke. Der Angeklagte K., bei dem bereits als Kind ADHS festgestellt und mit Ritalin behandelt wurde, begann ebenfalls schon in seiner Jugend zusätzlich Aufputschmittel und Kokain zu nehmen. Zwei stationäre Entzüge und eine ambulante Therapie zeigten bei ihm keinen nachhaltigen Erfolg. In den Monaten vor der Tat lebte der Angeklagte K. in den Tag hinein, trank regelmäßig Alkohol und konsumierte häufig Cannabis und Kokain. Vor dem gemeinsam begangenen besonders schweren räuberischen Diebstahl hatten die Angeklagten Alkohol und Kokain konsumiert, weshalb die Strafkammer ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen meinte, die Voraussetzungen des § 21 StGB nicht ausschließen zu können. Der Angeklagte O. beabsichtigte in Kenntnis des Angeklagten K., das entwendete Mobiltelefon zu veräußern, um davon Kokain zum gemeinsamen Konsum zu kaufen.

Der Angeklagte K. beging darüber hinaus auch ... um mit dem erbeuteten Geld Alkohol und Drogen zu kaufen. Auch bei diesen Taten geht die Strafkammer zu Gunsten des Angeklagten K. von einer Verminderung seiner Steuerungsfähigkeit wegen seines vorausgegangen Drogen- und Alkoholkonsums in Verbindung mit der bei ihm bestehenden ADHS-Erkrankung aus. Schließlich liegt auch bei der Tat 3, bei der die Strafkammer keine entsprechenden Feststellungen trifft, eine Begehung zur Finanzierung des Rauschmittelkonsums durch den Angeklagten K. und den insoweit nicht angeklagten Mittäter O. nicht fern.

Diese Feststellungen drängten zu der Prüfung, ob die Voraussetzungen einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt hinsichtlich beider Angeklagter gegeben sind. Über die Anordnung der Maßregel nach § 64 StGB muss deshalb - unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) - neu verhandelt und entschieden werden. Es ist nicht ohne weiteres ersichtlich, dass eine Suchtbehandlung im Rahmen des Maßregelvollzugs bei den Angeklagten keine hinreichend konkrete Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 64 Satz 2 StGB bietet. Das Urteil enthält darüber hinaus auch keine Anhaltspunkte dafür, dass das Tatgericht nach seinem Ermessen ausnahmsweise von einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB hätte absehen können."


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