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Reisemängel: Urlaubsaufreger im Hotel und am Strand

  • 7 Minuten Lesezeit
Esther Wellhöfer anwalt.de-Redaktion

Der Sommerurlaub ist für viele die einzige Möglichkeit, sich richtig zu erholen und ferne Länder zu erkunden. Doch kaum am Urlaubsort angekommen, ist der Ärger manchmal groß, wenn Hotel und Unterkunft nicht den Angaben des Reiseprospektes entsprechen. Die für das Reiserecht zuständigen Gerichte werden deshalb vermutlich auch dieses Jahr wieder viele Streitigkeiten von erbosten Pauschalreisenden zu entscheiden haben. Wie soll man bei Mängeln reagieren und welche Ansprüche stehen einem in diesen Fällen zu? Die Redaktion von anwalt.de zeigt die Rechtslage und wie typischerweise auftretende Reisemängel von den Gerichten bewertet werden.

[image]Reklamation vor Ort erforderlich

Welche Anforderungen an eine Urlaubsunterkunft zu stellen sind, richtet sich in erster Linie nach dem Reisevertrag, wobei auch die Angaben im Reiseprospekt zu berücksichtigen sind. Die maßgeblichen gesetzlichen Vorgaben hierfür enthalten §§ 651a ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Entspricht die Unterkunft vor Ort nicht diesen Angaben, so können Urlauber prozentual den Reisepreis mindern. Doch bevor man eine Minderung beanspruchen kann, muss man zunächst dem Reiseveranstalter innerhalb einer angemessenen Frist die Gelegenheit zur Abhilfe geben (§ 651c BGB). Bei einem Mangel sollte man also zunächst direkt vor Ort reklamieren. Erster Ansprechpartner ist der Reiseleiter. Von ihm sollte man sich die Reklamation am besten schriftlich bestätigen lassen, damit man im Streitfall nachweisen kann, dass man den Mangel vor Ort angezeigt hat. Wird vor Ort keine Reiseleitung angeboten, sollte man die Reklamation direkt an den Reiseveranstalter schicken, am besten per Telefax.

Geltendmachung von Ansprüchen

Hilft der Reiseveranstalter dem Mangel nicht ab, kann man zuhause innerhalb von einem Monat nach Reiseende schriftlich Ansprüche geltend machen. Achtung: Das Anspruchschreiben ist strikt von der Mängelanzeige am Urlaubsort zu unterscheiden. Die Reklamation im Hotel reicht nicht aus. Es ist immer zusätzlich eine schriftliche Geltendmachung von Ansprüchen auf Reisepreisminderung und die detaillierte Angabe der Mängel erforderlich. Das Schreiben muss eindeutig formuliert sein und erkennen lassen, dass man wegen der angegebenen Mängel Ansprüche geltend macht. Das hat beispielsweise das Landgericht Frankfurt am Main bestätigt (Urteil v. 15.08.2008, Az.: 2-24 S 87/07). Um den Zugang nachzuweisen, sollte das Anspruchschreiben als Einschreiben an den Reiseveranstalter geschickt werden.

Prozentuale Minderungsquote

Die Minderung des Reisepreises berechnen die Gerichte anhand von prozentualen Quoten. In der Regel treten mehrere Mängel auf. Jeder einzelne Mangel muss dann genau nachgewiesen werden, bevor das Gericht für ihn die Minderungsquote bestimmt. Schließlich werden die Prozente der einzelnen Mängel zusammenaddiert und anhand dessen dann von den Richtern die gesamte Minderungsquote bestimmt, die je nach Sachverhalt mal über oder unter der errechneten Quote liegen kann. Zur Orientierung hat das Landgericht Frankfurt am Main die häufigsten Reisemängel und die regulären Minderungsquoten in der sog. „Frankfurter Tabelle“ zusammengefasst. Für die Richter ist diese Tabelle jedoch nicht verbindlich. Sie bestimmen anhand jedes konkreten Einzelfalls, ob und um wie viel Urlauber den Reisepreis mindern können.

Weitere Faktoren

In die Bemessung der Minderung sind weitere Faktoren einzubeziehen. Je nachdem, ob eine Klimaanlage im Hotelzimmer zugesagt wurde und je nach Jahreszeit, kann wegen einer fehlenden Klimaanlage der Reisepreis um 10 bis 20 Prozent gemindert werden. Bei einer abweichenden Unterkunft, beispielsweise der Unterbringung in einem Dreibettzimmer anstatt in einem gebuchten Doppelzimmer, kommt eine Minderung des Reisepreises von 20 bis 25 Prozent in Betracht. Wie hoch die Minderung ausfällt, hängt dann davon ab, ob die Urlauber sich das Zimmer mit einer fremden Person teilen müssen oder ob sie mit Personen untergebracht sind, für die sie die Reise mitgebucht haben. Ob man einen Anspruch wegen Einzelbetten hat, musste das Amtsgericht München entscheiden: Eine Familie hatte ein Vierbettzimmer gebucht, das mit einem Doppelbett und zwei Einzelbetten ausgestattet war. Eine Minderung kam nach Ansicht des Richters nicht in Betracht, da man bei einem Vierbettzimmer nicht davon ausgehen kann, dass es mit zwei Doppelbetten ausgestattet ist (Urteil v. 22.10.2009, Az.: 113 C 11690/09).

Beweissicherung vor Ort

Will man Ansprüche wegen der Reisemängel geltend machen, muss man den Mangel nachweisen können. Pauschale Angaben, etwa: „Im Zimmer war Schimmel", lassen die Gerichte nicht gelten. Daher ist eine gute Beweissicherung besonders wichtig. Das gelingt mittels Zeugen und mit Fotos. Beim Fotografieren sollte man darauf achten, dass sich der Umfang des Mangels und die Intensität der Beeinträchtigung klar erkennen lassen. Dabei kann auch die nähere Umgebung zu berücksichtigen sein. Eine Aufnahme des Hotelzimmers kann etwa hilfreich sein, wenn man die Dimensionen des Mangels und wo er genau aufgetreten ist, nachweisen will. Die 24. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main hat Fotografien ausdrücklich zur Dokumentation von Reisemängeln anerkannt (Urteil v. 10.05.2007, Az.: 2-24 S 181/06).

Unterbringung im Ersatzhotel

Weist das Hotel erhebliche Mängel auf oder entspricht es nicht dem Standard des Reisevertrages, kann der Reiseveranstalter Mängeln zunächst abhelfen. Lassen sich die Mängel nicht beheben, kann er den Urlaubern auch die Unterbringung in einem anderen Hotel anbieten, das zumindest den gleichen Standard hat. Hierbei ist zu beachten, dass der Reiseveranstalter diese Abhilfeleistung grundsätzlich kostenlos anbieten muss und nachträglich keinen Aufpreis für die Unterbringung im Ersatzhotel verlangen darf. Anderes gilt nur, wenn er sich ausdrücklich die Zahlung eines Aufpreises vorbehalten hat. Tut er das nicht und sind die Urlauber bereits in das Ersatzhotel umgezogen, spielt es keine Rolle mehr, ob der Reisemangel tatsächlich vorlag. Denn laut dem Landgericht Frankfurt am Main liegt dann eine Änderung des Reisevertrages vor, so dass der Veranstalter die Unterbringung im neuen Hotel schuldet (Urteil v. 16.12.2008, Az: 2-24 S 157/08).

Hygiene auf Billigreisen

Inzwischen sind Pauschalreisen zu sehr günstigen Preisen erhältlich. Wer allerdings eine Billigreise gebucht hat, der muss gewisse Abstriche bei der Hygiene und Sauberkeit machen und geringfügige Mängel hinnehmen. Das zeigt ein Urteil des Landgerichts Düsseldorf: Urlauber hatten eine 14-tägige Pauschalreise in die Türkei inklusive Flug für 589 Euro gebucht. Ihre Unterkunft vor Ort wies zahlreiche Mängel auf. Verdreckte Betten, die mit gelben Schweißflecken und Haaren anderer Gäste übersät waren, müssen zwar auch in einem 3-Sterne-Hotel nicht hingenommen werden. Da es sich jedoch um eine Billigreise handelte, mussten die Reisenden gewisse Abstriche bei der Hygiene machen und einen geringfügigen Schimmelbefall hinnehmen, zum Beispiel im Badezimmer (Urteil v. 21.08.2009, Az.: 22 S 93/09).

Landesspezifische Mängel

Wer in ferne Länder reist, der muss mit den dortigen Verhältnissen grundsätzlich zurechtkommen und sich anpassen. Aber selbst in Entwicklungsländern müssen Touristen nicht alles hinnehmen. In einem Hotel in einem Entwicklungsland war das Wasser sehr knapp. Von 23 Uhr bis 6 Uhr morgens gab es im Hotelzimmer keinerlei Wasserversorgung und auch tagsüber war sie stark eingeschränkt. Wasser wurde lediglich tankwagenweise eingekauft, um die Wasserversorgung wenigstens für die notwendigsten Bedürfnisse zu gewährleisten. Das Landgericht Frankfurt am Main hat Reisenden, die in diesem Hotel untergebracht waren, eine Reisepreisminderung in Höhe von 20 Prozent wegen einer mangelhaften Wasserversorgung zugesprochen (Urteil v. 16.07.2009, Az.: 2-24 S 16/09).

Kampf um die Sonnenliegen

Ein Handtuch ist manchmal der beste Freund des Urlaubers, weil es bei der Reservierung eines schönen Plätzchens am Pool hilft. Schließlich sind die Sonnenliegen dort heiß begehrt. Das Amtsgericht Duisburg hatte zu entscheiden, wie viele Liegen am Pool vorhanden sein müssen. Eine Urlauberin forderte eine Minderung, weil sie nach eigenen Angaben nie eine Liege am Pool ergattert hatte. Das ließen die Richter jedoch nicht gelten. Urlauber dürfen nicht erwarten, dass es für jeden Hotelgast eine Liege am Pool gibt. Das gilt erst recht, wenn - wie im Ausgangsfall - sich in unmittelbarer Nähe des Hotels noch ein Strand befindet. Nur wenn für die Anzahl der Hotelgäste keine ausreichende Anzahl von Liegestühlen vorhanden sei, käme ein Mangel in Betracht. Da die Klägerin aber keine konkreten Angaben machen konnte, zu welcher Uhrzeit sie keine Liege erhalten habe und auch nicht nachweisen konnte, dass sie im Hotel überhaupt nach einer Liege gefragt hatte, konnte sie keine Minderung beanspruchen. Nach Ansicht des Duisburger Amtsgerichts ist es normal, wenn man ab 11 Uhr keine Liege mehr am Pool ergattert (Urteil v. 31.08.2007, Az.: 51 C 5236&/06).

Öffentlicher und hoteleigener Strand

Hat man einen Urlaub am Meer gebucht, stellt man gewisse Erwartungen an den Strand. Hier kommt den Angaben im Reiseprospekt eine entscheidende Bedeutung zu. Mit einer bestechend schlüssigen Urteilsbegründung wies das Landgericht Frankfurt am Main die Berufung von Türkeiurlaubern ab, die eine Minderung gefordert hatten, weil der Strand bei ihrem Hotel öffentlich zugänglich war. Im Prospekt war jedoch nur die Entfernung des Hotels zum Strand angegeben. Weitere werbende Angaben zum Strand fehlten gänzlich. Die 24. Zivilkammer lehnte eine Reisepreisminderung mit dem Hinweis ab, dass im Prospekt auch Angaben zur Entfernung zum Flughafen und zum Ortskern angegeben waren. Es sei offenkundig ersichtlich, dass der Reiseveranstalter durch diese Entfernungsangaben keinerlei Verantwortung für den Zustand des Flughafens oder den Ortskern übernimmt. Entsprechend müsse die Lagebeschreibung des Hotels zum Strand bewertet werden (Urteil v. 20.05.2008, Az.: 2-24 S 258/07).

(WEL)

Foto(s): ©iStockphoto.com

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