Sales Force und Amazon – betriebsbedingte Kündigung

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Salesforce und Amazon sind die jüngsten Tech-Unternehmen, die Tausende Mitarbeiter entlassen werden oder bereits haben. Sofern Sie eine Kündigung erhalten haben oder erhalten werden, gilt es zunächst Folgendes zu beachten:

Sales Force Mandanten erhielten ihre Kündigung (vorab) per E-Mail. Kann der Arbeitgeber auch per E-Mail oder mündlich kündigen? Oder kann er per SMS oder WhatsApp kündigen? 

Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses muss immer schriftlich erfolgen – jedenfalls, wenn deutsches Arbeitsrecht Anwendung findet. Auch wenn der Sales Force oder Amazon Mitarbeiter einen internationalen Arbeitsvertrag besitzt, solange er in Deutschland arbeitet, muss die Kündigung schriftlich erfolgen. Das heißt, Ihnen muss das Original der Kündigung, also mit originaler Unterschrift (keine Kopie) entweder persönlich überreicht werden oder per Post oder Boten zugehen. Werden diese Formalien nicht eingehalten, ist die Kündigung unwirksam. Wenden Sie sich am besten an einen Fachanwalt für Arbeitsrecht, um das weitere Vorgehen zu besprechen.

Kann es ein Vorteil sein, wenn die Kündigung vorab per Mail zugeht bzw. anderweitig angekündigt wird?

Klares Ja. Ggf. können noch Tatbestände geschaffen werden, die zu einem Sonderkündigungsschutz führen. Je nach individueller Situation kann durch geschickte Anträge die Situation des Arbeitnehmers erheblich verbessert werden, insbesondere in Grenzfällen, in denen die Kündigung nicht klar rechtswidrig ist.

Wann ist eine betriebsbedinge Kündigung rechtmäßig bzw. umgekehrt rechtswidrig? 

Vorab: Die uns bisher zur Prüfung vorgelegten Kündigungen von Mitarbeitern von Sales Force waren – abgesehen von einer „Probezeitkündigung – sämtlich rechtswidrig, teilweise sehr klar.

Prüfungsschritt 1 – Sind die Aufgaben weggefallen?

In einem ersten Schritt (Wegfall der Arbeitsaufgaben) ist zu prüfen, was mit dem Arbeitsplatz des Mitarbeiters geschehen soll. Fallen die Aufgaben tatsächlich weg? Oder werden sie von anderen Mitarbeitern künftig ausgeübt? Werden Abteilungen zusammengelegt? Oftmals scheitert die Kündigung bereits an dieser Stelle. Die Aufgaben entfallen nicht wirklich, sondern werden lediglich umverteilt. Im Prozess liegt die Darlegungs- und Beweislast voll beim Arbeitgeber; dieser muss darlegen, welchen Aufgaben der Arbeitnehmer nachgegangen ist und was mit diesen Aufgaben passiert. Alleine dies sauber aufzubereiten, ist komplex und bedarf einer sehr sauberen Darstellung – jedenfalls dann, wenn es nur einzelne Mitarbeiter betrifft. Anders sieht es aus, wenn ein ganzer Betrieb geschlossen wird. Oftmals liest man hier lediglich sehr pauschale Begründungen, es werden vier oder fünf Aufgaben aufgeführt, die nun entfallen sein sollen. Das reicht bei weitem nicht aus.

Prüfungsschritt 2 – Gab es eine Sozialauswahl?

Gerade in größeren Unternehmen wie bspw. Amazon oder Salesforce gibt es klare Hierarchien. Anhand von Organigrammen kann einfach erkannt werden, welche Mitarbeiter miteinander vergleichbar sind und auf einer ähnlichen Hierarchieebene stehen. Der Titel (bspw. First Line Manager) lässt oftmals schon erkennen, ob die Mitarbeiter miteinander vergleichbar sind. Wenn nun der gekündigte Mitarbeiter nach einer Einarbeitung von wenigen Monaten auch den Job des (ungekündigten) Kollegen ausüben könnte, wäre die Kündigung rechtswidrig, wenn der gekündigte Mitarbeiter bessere Sozialdaten als der ungekündigte Mitarbeiter aufweisen kann. Hier sind Kriterien wie Alter, Betriebszugehörigkeit, Familienstand, Unterhaltspflichten, Behinderung miteinander zu vergleichen. Kurz gesagt: Je besser ein Mitarbeiter hier abschneidet, desto höher ist sein Schutz. Oftmals sind das natürlich nicht die Kriterien, nach denen der Arbeitgeber entscheidet, welche Arbeitsverhältnisse er kündigt und welche nicht.

Prüfungsschritt 3 – Gibt es freie Beschäftigungsmöglichkeiten?

Gibt es Stellenangebote – auch niedrigere Hierarchieebenen – die zum Zeitpunkt der Kündigung vakant sind? Am besten fertigen Sie einen Screenshot an und drucken die Anzeige aus. Wenn nur eine einzige freie Stelle existiert, führt dies zur Unwirksamkeit der Kündigung.


Welche weiteren Formalien sind zu beachten?

Auch die Nichteinhaltung von Formalien kann zur Unwirksamkeit der Kündigung führen.

Stimme ich der Kündigung zu, wenn ich die Kündigung unterschreibe?

Sie können ohne weiteres Ihrem Arbeitgeber mit Ihrer Unterschrift bestätigen, dass Sie die Kündigung erhalten haben. Regelmäßig verlangt der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer eine Unterschrift unterhalb der Kündigung, damit der Arbeitgeber im Fall eines Prozesses nachweisen kann, dass er die Kündigung auch im Original übergeben hat. Mit Ihrer Unterschrift bestätigen Sie also nur, dass Sie die Kündigung erhalten haben, nicht, dass Sie die Kündigung für rechtmäßig halten. Achten Sie allerdings darauf, dass Sie keinen Aufhebungsvertrag etc. unterschreiben.

Wer unterschreibt die Kündigung von Arbeitgeberseite aus?

Die Kündigung muss von mindestens einem kündigungsberechtigten Mitarbeiter unterzeichnet sein. Sollte bspw. lediglich ein Mitarbeiter der Personalabteilung die Kündigung unterzeichnet haben, können Sie die Kündigung ggf. nach § 174 BGB unmittelbar zurückweisen. Im Fall einer grundsätzlich berechtigten fristlosen Kündigung kann eine solche Zurückweisung unter Umständen dazu führen, dass der Arbeitgeber den eigentlich vorhandenen Kündigungsgrund nicht mehr verwenden kann, da die Zweiwochenfrist nach der Zurückweisung verstrichen ist. Wenn Sie also Zweifel an der Kündigungsberechtigung haben, lohnt es sich, die taktische Vorgehensweise zu besprechen.

Meine Kündigung erfolgte ohne Gründe, geht das?

Ja, der Arbeitgeber muss eine Kündigung nicht begründen; dies ist auch aus Arbeitgebersicht ratsam. In einem später folgenden Prozess muss der Arbeitgeber die Kündigung dann natürlich schon begründen, aber das Kündigungsschreiben muss zunächst keine Gründe enthalten. Sollte ein Betriebsrat vorhanden sein, können die Gründe ggf. über den Betriebsrat erfragt werden.

Welche Kündigungsfristen muss der Arbeitgeber beachten?

Im Arbeitsvertrag sind in der Regel auch Kündigungsfristen geregelt. Allerdings können auch in Tarifverträgen Fristen enthalten sein, zudem gibt es in § 622 BGB auch noch gesetzliche Kündigungsfristen. Kurz zusammengefasst lässt sich sagen, dass in der Regel die längste Kündigungsfrist für Sie verbindlich ist. Bsp.: Sie sind seit 16 Jahren angestellt; Ihr Arbeitsvertrag sieht eine Frist von drei Monaten vor. Die gesetzliche Frist beträgt 6 Monate zum Monatsende (Arbeitsverhältnis länger als 15 Jahre = 6 Monate, vgl. § 622 BGB). Dann gelten die 6 Monate.

Ich bin krank und habe eine Kündigung erhalten, ist das zulässig?

Krankheit schützt vor Kündigung nicht. Selbst wenn Sie zu Hause arbeitsunfähig erkrankt sind, kann Ihnen eine Kündigung zugehen. Problematischer ist, wenn die Kündigung wegen einer Krankheit erfolgt. Dies muss der Arbeitgeber sehr genau begründen können; das ist in der Regel sehr schwer.

Welche weiteren Punkte können zur Unwirksamkeit der Kündigung führen?

Wenn es einen Betriebsrat gibt, scheitern zahlreiche Kündigungen daran, dass die Betriebsratsanhörung fehlerhaft ist. Daran können sogar Probezeitkündigungen scheitern. Wenn mehrere Mitarbeiter entlassen worden sind, werden teilweise Fehler bei der sog. Massenentlassungsanzeige gemacht, die zur Unwirksamkeit der Kündigung führen.


Es gibt im Ergebnis zahlreiche potenzielle Fehlerquellen. Aus Arbeitnehmersicht liegt der Vorteil daran, dass die Kündigung nur dann wirksam ist, wenn die zuvor genannten Bedingungen kumulativ vorliegen, wenn der Arbeitgeber also fehlerfrei gehandelt hat. Schon ein kleiner Fehler kann den Arbeitgeber sehr teuer zu stehen kommen.


Gerne unterstützen wir Sie bei der Suche dem Fehler oder bei Arbeitgeberanfragen bei der Vermeidung von Fehlern, kontaktieren Sie uns einfach unter 0211 555558 oder per E-Mail.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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