Scheidung und die Folgen: Ehewohnungszuweisung nach der Scheidung

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Einem Antrag nach § 1568a BGB ist auch bei Einigkeit der geschiedenen Ehegatten über die Nutzung der Ehewohnung stattzugeben, wenn ein Ehegatte an der Umschreibung des Mietvertrages nicht mitwirkt.

In der Sache ging es um folgendes:

Die Beteiligten, vormals verheiratet und seit September 2019 rechtskräftig geschieden, hatten gemeinsam eine Wohnung angemietet. In dieser wohnte, nachdem der geschiedene Ehemann ausgezogen war, die geschiedene Ehefrau mit der gemeinsamen Tochter.
Im weiteren Verlauf meldete sich der gesch. Ehemann beim Verwalter der Wohnung „offiziell“ ab. Auf die Rückfrage des Verwalters, ob eine Teilkündigung des Mietverhältnisses geplant sei, erwiderte er, dass dies nicht notwendig sei. Ein Angebot des Verwalters aus dem Mietvertrag entlassen zu werden, lehnte er ebenfalls ab. Auf die Aufforderung, der Antragsgegnerin die Schlüssel auszuhändigen und das Mietverhältnis über den Verwalter zu beenden, reagierte der Ehemann nicht.
Die Ehefrau beantragte die Überlassung der Wohnung an sich.
Das Amtsgericht entsprach dem Antrag. Der Ehemann erhob hiergegen Beschwerde und führte an, dass es gäbe keinen Streit über die Nutzung der Wohnung gegeben.

Wie hat das OLG entschieden?

Das OLG Hamburg bestätigte die amtsgerichtliche Entscheidung.
Die Antragstellerin hat gegen den Antragsgegner einen Anspruch auf Überlassung der Ehewohnung gemäß § 1568a Abs. 1 BGB.


Bei Uneinigkeit wem die Ehewohnung nach der Scheidung zusteht, dass der Ehegatte die Überlassung an sich verlangen kann, wenn er auf die Nutzung unter Berücksichtigung des Wohls der im Haushalt lebenden Kinder und der Lebensverhältnisse der Ehegatten in stärkerem Maße angewiesen ist als der andere Ehegatte oder die Überlassung aus anderen Gründen der Billigkeit entspricht. Das Mietverhältnis wird durch Beschluss des Gerichst mit dem Vermieter allein fortgesetzt.


Vorliegend war streitig, ob ein Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag vorlag, weil der gesch. Ehemann sich mit der Nutzung der gemeinsamen Wohnung durch die Ehefrau einverstanden erklärt hatte.
Das Rechtsschutzbedürfnis ist in der Regel gegeben, wenn für den Antrag ein berechtigtes Interesse des Rechtssuchenden vorliegt. Hierbei ist zu beachten, dass das Ziel nicht auf einfacherem Wege erreicht werden kann.


Das hanseatische Oberlandesgericht bestätigte das Rechtsschutzbedürfnis der gesch. Ehefrau, obwohl sich die gesch. Eheleute darüber einig waren, wer die Wohnung nutzt, denn der Antragsgegner wirkte an seiner Entlassung aus dem Mietverhältnis nicht ausreichend mit. Die Mitwirkung an der Umschreibung des Mietvertrages auf den verbleibenden Ehegatten gehört zu Einigkeit über die Nutzung des Ehewohnung dazu. Andernfalls verbleibt es beim Anspruch aus § 1568a Abs. 1 BGB. Der Anspruch würde ins Leere laufen, würde ein „Nichtstun“ des ausgezogenen Ehegatten genügen. Ziel des § 1568a BGB ist es, eine endgültige Regelung der Rechtsverhältnisse der Ehewohnung herbeizuführen.


Der gesch. Ehegatten hat inhaltlich eindeutig gegenüber dem Vermieter zu erklären, dass eine Überlassung der Wohnung erfolgt und welcher Ehegatte nutzungsberechtigt sein soll.

Anmerkung:

Die Klärung der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung aus Anlass der Trennung, aber spätestens bei Scheidung sollte stets sorgfältig erfolgen, um spätere Streitigkeiten um Kaution, Instandsetzungs- und ggf. Rückbaupflichten, Betriebskostenabrechnungen zu vermeiden. Auch die Beendigung eines Mietverhältnisses kann nur durch übereinstimmende Kündigung beider Mieter erfolgen, was sich unter Umständen als sehr schwierig erweist, wenn der Kontakt Jahre nach der Scheidung nicht mehr besteht und der gesch. Ehegatte nicht auffindbar ist.

OLG Hamburg, Beschluss vom 03.12.2020 - 12 UF 131/20


Stephanie-Réka Weidemann

Fachanwältin für Erbrecht

Fachanwältin für Familienrecht


Foto(s): LINDEMANN Rechtsanwälte

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