Scheidungen zu Zeiten von Corona

  • 6 Minuten Lesezeit

Glaubt man den Statistiken, führt die Quarantäne wegen des Coronavirus vermehrt zu Trennungen und Scheidungen. Gründe dafür liegen auf der Hand. Wer gezwungen ist, auf unabsehbare Zeit auf engem Raum zusammenzuleben, vermisst schnell Freiräume und Privatsphäre und stellt fest, dass der Partner oder die Partnerin vielleicht doch nicht der- oder diejenige ist, die man früher vorgefunden hat, als man abends nach getaner Arbeit nach Hause gekommen ist. Wir sprechen darüber, was Scheidungen zu Zeiten von Corona mit sich bringen.

Vor der Scheidung erst das Trennungsjahr vollziehen

Sind Quarantäne und Ausgangsbeschränkungen der Grund, dass Sie sich von Ihrem Ehepartner trennen, können Sie den Scheidungsantrag erst bei Gericht einreichen, wenn Sie das Trennungsjahr vollzogen haben. Der Vollzug des Trennungsjahres ist unabdingbare Voraussetzung für Ihre Scheidung. Solange Sie noch nicht ein Jahr lang getrennt voneinander gelebt haben, kann ein Rechtsanwalt keinen Scheidungsantrag einreichen. In Betracht kommt allenfalls, dass Ihr Rechtsanwalt aus organisatorischen Gründen wenige Wochen vor Ablauf des Trennungsjahres bereits den Scheidungsantrag stellt. Dann ist das Trennungsjahr meist abgelaufen, wenn der Richter den Antrag bearbeitet.

Problem der besonderen Art: Trennung bei Quarantäne

Wenn Sie sich jetzt trennen, haben Sie sicherlich einen menschlich triftigen Grund, Ihre eheliche Wohnung zu verlassen. Ob dieser Grund aber ausreicht, eine Ausnahme von den bestehenden Ausgangsbeschränkungen zu rechtfertigen, ist sicherlich ein Problem der besonderen Art. Erst recht dürfte dies der Fall sein, wenn Sie unter Quarantäne stehen und Ihre Wohnung überhaupt nicht verlassen dürfen.

Auf jeden Fall ist zu berücksichtigen, dass es schwierig sein dürfte, Ihre gemeinsame Wohnung zu verlassen oder Ihren Partner zu motivieren, aus der ehelichen Wohnung auszuziehen. Die Schwierigkeit besteht schlicht darin, dass ein Umzug organisatorisch angesichts der Gegebenheiten kaum zu bewältigen ist.

Eine Lösung könnte darin bestehen, dass Sie sich auch innerhalb Ihrer ehelichen Wohnung trennen und das Trennungsjahr vollziehen können. Voraussetzung ist natürlich, dass Ihre Räumlichkeiten die Trennung ermöglichen. Jeder Ehepartner muss wenigstens einen Raum für sich allein nutzen können. Lediglich Gemeinschaftsräume, wie Küche oder Bad, dürfen Sie in Absprache noch gemeinsam nutzen. Gelingt es, die Trennung innerhalb der ehelichen Wohnung zu vollziehen, können Sie nach Ablauf des Trennungsjahres die Scheidung einreichen. Da die Trennung innerhalb der ehelichen Wohnung auf Dauer keine Lösung darstellt, werden Sie früher oder später eine andere Regelung finden müssen.

Macht es überhaupt Sinn, derzeit die Scheidung zu beantragen?

Vielfach ist vom „Stillstand der Rechtspflege“ die Rede. Viele zeitnah anstehende Termine im Gericht werden verlegt. Die Verlegung erfolgt meist von Amts wegen durch den Richter oder wenn ein Verfahrensbeteiligter die Verlegung ausdrücklich beantragt.

Tatsächlich ist es so, dass lediglich der Sitzungsbetrieb eingestellt ist und mündliche Verhandlungen im Gericht nur noch in Ausnahmefällen in Betracht kommen. Gerichtsgebäude sind für den Publikumsverkehr gesperrt. Richter und Rechtsträger arbeiten aber weiterhin in ihren Büros oder erledigen ihr Arbeitspensum aus dem Homeoffice heraus. Die Justiz hält also den Gerichtsbetrieb auf jeden Fall aufrecht.

Möchten Sie Ihre Scheidung beantragen, dürfen Sie davon ausgehen, dass Ihr Scheidungsantrag sehr wohl bearbeitet wird. Bis es zur mündlichen Scheidungstermin kommt, vergeht ohnehin einige Zeit.

Ihr Scheidungsantrag setzt die ausführliche Kommunikation mit Ihrem Rechtsanwalt oder Ihrer Rechtsanwältin voraus, mit dem Ziel, nach Maßgabe der gesetzlichen Voraussetzungen Ihren Scheidungsantrag zu formulieren. Ihr Scheidungsantrag ist mit den für die Scheidung notwendigen Unterlagen zu versehen. Allein dafür braucht es etwas Zeit und einige Vorarbeit. Erst dann kann Ihr Rechtsanwalt den Scheidungsantrag beim Familiengericht einreichen.

In einem ersten Verfahrensgang fordert Sie das Familiengericht auf, die notwendige Gerichtsgebühr an die Gerichtskasse zu überweisen. Ihr Ehepartner erhält Ihren Scheidungsantrag zur Stellungnahme zugeleitet. Das Gericht fordert Sie und Ihren Ehepartner auf, die Formulare zum Versorgungsausgleich mit Ihren persönlichen Daten und Ihren Rentenanwartschaften zu versehen und an das Gericht zurückzuschicken. Erst dann, wenn die Sache „ausgeschrieben“ ist, wird sich der Richter damit beschäftigen, wann er Ihren mündlichen Scheidungstermin anberaumt. Dabei wird der Richter sicherlich berücksichtigen, dass es derzeit schwierig bis unmöglich sein dürfte, in zumutbarer Art und Weise einen mündlichen Verhandlungstermin im Gerichtsgebäude abzuhalten.

Empfiehlt es sich, den Scheidungsantrag online in die Wege zu leiten?

Scheuen Sie angesichts des Infektionsrisikos den persönlichen Gang zum Rechtsanwalt, können Sie Ihren Scheidungsantrag auch online in die Wege leiten und Ihre Scheidung zunächst als Online-Scheidung beantragen. Damit ersparen Sie sich den Aufwand, einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin zu recherchieren und im Büro persönlich aufsuchen zu müssen. Bei der Online-Scheidung kontaktieren Sie Ihren Rechtsanwalt online und können durch die vielfältigen elektronischen Kommunikationsmöglichkeiten alles besprechen, was Sie besprechen möchten.

Nehmen Sie zudem die Dienstleistung eines kompetenten Scheidungsservice in Anspruch, können Sie sich problemlos zu einem im Familienrecht erfahrenen Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin vermitteln lassen, der/die mit dem Scheidungsservice kompetent und vertrauensvoll zusammenarbeitet.

Was ist, wenn mein Scheidungstermin feststeht?

Sofern Sie Ihren Scheidungsantrag bei Gericht eingereicht haben und das Familiengericht Ihren Scheidungstermin bereits festgesetzt hat, müssen Sie zunächst davon ausgehen, dass der Termin auch stattfindet, zumindest so lange, als das Gericht den Termin nicht abgesagt hat. Sofern Sie eine persönliche Ladung erhalten haben und darin aufgefordert wurden, zum mündlichen Scheidungstermin bei Gericht zu erscheinen, müssen Sie davon ausgehen, dass der Termin stattfindet.

Ihre Befürchtung, Sie könnten sich auf dem Weg zum Gericht oder im Gerichtsgebäude infizieren, ist allein noch kein Grund, dass Sie den Termin nicht wahrnehmen. Sollten Sie allerdings wegen einer Infektion mit dem Coronavirus unter Quarantäne stehen und Ihre Wohnung nicht verlassen dürfen, müssen Sie das Gericht umgehend informieren. Stehen Sie zu Hause unter Quarantäne, können Sie mit der behördlichen Quarantäneanordnung nachweisen, dass Sie den Termin nicht wahrnehmen können. Gleiches ist anzunehmen, wenn Sie gerade aus einem Risikogebiet nach Deutschland eingereist sind und die begründete Befürchtung besteht, dass Sie mit dem Coronavirus infiziert sein könnten.

Sind Sie sonst wie erkrankt, sollten Sie mit einem ärztlichen Attest dokumentieren, dass Sie an der Teilnahme am Scheidungstermin verhindert sind. Auf jeden Fall brauchen Sie einen nachvollziehbaren Grund, um Ihre Nichtteilnahme am Scheidungstermin zu entschuldigen.

Sind Sie anwaltlich vertreten, informieren Sie umgehend Ihren Rechtsanwalt. In diesem Fall wird das Gericht den Termin vertagen. Haben Sie sonstige Gründe, dass Sie den Termin nicht wahrnehmen können, sollten Sie das Gericht gleichfalls informieren oder Ihren Rechtsanwalt bitten, eine Vertagung mit dem Richter abzusprechen. Keinesfalls dürfen Sie stillschweigend davon ausgehen, dass das Gericht den mündlichen Termin allein wegen der Problematik mit dem Coronavirus aufheben wird.

Könnte man den Scheidungstermin nicht im Wege einer Videokonferenz abhalten?

Theoretisch könnte man den Scheidungstermin auch auf wegen einer Videokonferenz abhandeln. Das Gesetz sieht diese Möglichkeit ausdrücklich vor. Damit sind allerdings eine Reihe von Hürden verbunden.

Zunächst ist es so, dass der Familienrichter im Scheidungsverfahren beide Ehepartner persönlich anhören und befragen muss, ob beide wirklich die Scheidung wünschen. Dazu werden Sie beide persönlich geladen und müssen vor dem Richter erscheinen.

Das Gesetz sieht im Ausnahmefall von einer persönlichen Anhörung ab, wenn Sie aus begründetem Anlass am Erscheinen verhindert sind oder sich in so großer Entfernung vom Gerichtssitz aufhalten, dass Ihnen die persönliche Teilnahme am Termin nicht zuzumuten ist. Allerdings muss im Scheidungsverfahren die Anhörung dann immer noch durch einen ersuchten Richter erfolgen.

Das eigentliche Problem besteht aber darin, dass die Gerichte so gut wie überall nicht die technischen Möglichkeiten haben, eine Videokonferenz durchzuführen. Problematisch könnte auch sein, dass die problemlose Kommunikation im Termin nicht unbedingt gewährleistet ist und technisch bedingte Unterbrechungen der Übertragung den Scheidungstermin ins Leere laufen lassen könnten.

Alles in allem

Scheidungen lassen sich nicht mal eben so nebenbei bewerkstelligen. Das Coronavirus macht alles zwar noch schwieriger, sollte aber kein Grund sein, dass Sie Ihre Scheidung aus den Augen verlieren.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Oliver Worms

Beiträge zum Thema