Trennungskinder in Corona-Zeiten

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Bei vielen Eltern, die getrennt leben, taucht nun die Frage auf, ob der Umgang in der aktuellen Situation aus Gefahr einer Infektion mit „COVID-19“ eingeschränkt werden kann oder muss.

Eingangs möchte ich hierzu den Appell an alle Eltern in dieser Situation richten, den Kindern trotz allem Sicherheit zu geben. In Zeiten der Corona-Krise ist es aus unserer Sicht umso wichtiger, dass die normalen Kontakte zu den Elternteilen stattfinden. Schließlich müssen die Kinder schon auf die Schule und ihre Freunde verzichten. Auch die Kleineren haben keinen Kontakt mehr zu Gleichaltrigen in ihrem gewohnten Kindergarten.

Die Corona-Krise ändert nichts an den Grundsätzen des Umganges oder zur Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts.

Das Aufenthaltsbestimmungsrecht ist als ein wichtiger Teilbestand des Sorgerechtes der Ausgangspunkt dafür, wer von den Eltern entscheiden darf, wo sich das Kind aufhält. Wenn beide Eltern das Sorgerecht haben, üben sie gemeinsam das Aufenthaltsbestimmungsrecht aus. 

Da es eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung ist, müssen sie hierüber Einverständnis erzielen, § 1687 Abs.1 Satz 1 BGB. Dies trifft auch für getrenntlebende Eltern zu. Ebenso relevant ist es für Eltern, die ihre Kinder im Wechselmodell betreuen und beide das Sorgerecht haben.

Das gemeinsame Sorgerecht entsteht entweder,

  • wenn ein Kind während der Ehe geboren wird (§ 1626 BGB gilt automatisch für Verheiratete), 
  • durch eine gemeinsame Sorgerechtserklärung, § 1626a Abs. 1 Nr.1 BGB,
  • wenn die Eltern eines gemeinsamen Kindes heiraten, § 1626a Abs. 1 Nr.2 BGB,
  • in einem gerichtlichen Verfahren durch eine Gerichtsentscheidung oder gerichtlich gebilligtem Vergleich, § 1626a Abs. 1 Nr.3 BGB.

Das Aufenthaltsbestimmungsrechtes kann als ein Bestandteil des umfassenderen Sorgerechtes einzeln an einen Elternteil allein übertragen werden.

Bestandskraft zur Entscheidung über die Frage bei wem sich das Kind wann aufzuhalten hat, haben auch Entscheidungen eines Gerichtes zum Umgang oder gerichtlich gebilligte Vergleiche zum Umgang.

In all diesen Fällen darf ein Elternteil nicht allein Abweichungen festlegen.

Die Sorge um die Gesundheit ist gerechtfertigt, rechtfertigt aber keine Alleingänge. Das gilt für beide Elternteile. Die Durchführung des Umganges wird durch die Allgemeinverfügung zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit durch das Sächsische Staatsministerium des Innern vom 22.03.2020 nicht eingeschränkt. 

Danach kann der bisherige Umgangs-/bzw. Betreuungsrhythmus, wie gewohnt weitergeführt werden. Ausnahmen der Einschränkung für das Verlassen der häuslichen Unterkunft sind ausdrücklich betreffs Begleitung von Minderjährigen (2.11.) und zur Wahrnehmung des Sorgerechtes (2.10.) aufgeführt.

Jeder Elternteil sollte seinen Beitrag dafür leisten, dass Ansteckungsrisiken minimiert werden. Es gelten die allgemeinen Hinweise, wie gründliches Händewaschen, vermeiden von Sozialkontakten, Abstand halten etc. Zum Schutz von Großeltern, sollten Kinder jeweils nicht in körperlichen Kontakt mit ihnen treten.

Die Beziehung Eltern-Kind(er) ist nur einzuschränken, wenn tatsächlich eine positive Testung vorliegt oder wenn es Kontakt gegeben hat zu einer positiv getesteten Person.

Außerhalb einer solchen konkreten Gefährdung ändert sich nichts an dem bisherigen Umgang oder an einer Betreuung im Wechselmodel.

Sollte ein Elternteil ohne eine gemeinsame Abstimmung entgegen der bisherigen Handhabung oder entgegen einer gerichtlichen Entscheidung bzw. eines gerichtlich gebilligten Vergleiches handeln, sollte zuerst die Vermittlung über das Jugendamt versucht werden.

Wenn Gesprächsbemühungen scheitern, gibt es im Fall von Gerichtsentscheidungen und gerichtlich gebilligten Vergleichen die Möglichkeit gegen den sich nicht konform verhaltenden Elternteil Ordnungsmittel in Form von Geldstrafen zu beantragen.

Existiert keine gerichtliche Regelung, dann muss ein Antrag beim Familiengericht gestellt werden. Wir empfehlen einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu stellen. Die Gerichte haben ihre Arbeit nicht eingestellt, sondern nur reduziert. Eilbedürftige Angelegenheiten werden nach wie vor auch kurzfristig bearbeitet.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist auch ohne eine mündliche Verhandlung möglich. Rechtsanwaltskanzleien gelten als Einrichtungen der Grundversorgung und dürfen daher weiterarbeiten.

Die Corona-Krise darf auf keinen Fall dazu ausgenutzt werden, um einem Elternteil den Umgang mit dem gemeinsamen Kind zu verwehren.

Andreas Gruhne

Fachanwalt für Familienrecht


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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