Scheinselbständigkeit: selbständige Tätigkeit eines landwirtschaftlichen Fahrers

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Das Landessozialgericht Bayern hat sich im Urteil vom 23.11.2015 (gerichtliches Aktenzeichen: L 7 R 387/14) damit auseinandergesetzt, ob ein landwirtschaftlicher Fahrer, der den Transport von Kartoffeln mit einem Spezial-Lkw des Auftraggebers vornahm, abhängig beschäftigt im Sinne des § 7 SGB IV oder aber selbständig tätig war.

Vorliegend wurde dem Fahrer bei Verhinderung der Festangestellten des Auftraggebers (z. B. durch Krankheit oder Urlaub) angeboten, einzelne Transporte zu übernehmen.

Dabei ging der Fahrer hauptberuflich einer eigenen selbständigen landwirtschaftlichen Tätigkeit im Rahmen seines „Landwirtschaftlichen Lohnunternehmens“ nach. Nur zusätzlich fuhr er für unterschiedliche Auftraggeber in der Region landwirtschaftliche Fuhren.

Das LSG nahm hier keine abhängige Beschäftigung im Sinne des § 7 SGB IV an.

Im Rahmen der maßgeblichen Gesamtabwägung war ausschlaggebend, dass die Fuhren im Rahmen des jeweiligen Einzelauftrags mündlich besprochen und anschließend vom landwirtschaftlichen Lohnunternehmen des Fahrers die Rechnungen an den Auftraggeber gestellt wurden. Demnach war für den sozialversicherungsrechtlichen Status des Fahrers auf den jeweiligen Einzelauftrag abzustellen und festzustellen, dass es sich jeweils um einen Auftrag an das landwirtschaftliche Lohnunternehmen gehandelt hat.

Ferner führte auch die Tatsache, dass der Fahrer kein eigenes Fahrzeug für die Transporte einsetzte hier nicht dazu, dass von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen war.

Für eine selbständige Tätigkeit sprach im vorliegenden Fall vielmehr, dass der Fahrer ein landwirtschaftliches Transportunternehmen betreibt und er Zeiten, in denen er saisonbedingt weniger verdienen kann, dadurch überbrückt, dass er auch zahlreichen weiteren Auftraggebern die Übernahme landwirtschaftlicher Transportfahrten anbietet. Dabei war insbesondere zu berücksichtigen, dass er Aufträge ausschließlich im Rahmen landwirtschaftlicher Spezialtransporte angenommen hat, diese Aufträge einen regionalen Bezug hatten und sich in seine Haupttätigkeiten zeitlich einpassen lassen mussten. Auch rechnete er wie in der Landwirtschaft üblich „Fuhren“ ab, unabhängig von der dafür benötigten Zeit. Dass er nur bei unvorhergesehen länger dauernden Fuhren dann Stunden abrechnete, sprach zusätzlich für eine selbstständige Tätigkeit. Hierdurch wurde es dem Fahrer möglich, wirtschaftlich zu arbeiten.

Insbesondere trug der Fahrer ein Unternehmensrisiko in Bezug auf sein landwirtschaftliches Lohnunternehmen, für das er in vier Mähdrescher investiert hatte. Es war eine Gesamtbetrachtung der selbstständigen Tätigkeit des Fahrers im Rahmen seines Unternehmens, in das er investiert hat, anzustellen und nicht lediglich darauf abzustellen, dass er nicht speziell im Hinblick auf den jeweiligen Auftrag Investitionen vorgenommen hatte.

Fazit:

Diese Entscheidung zeigt, dass im Einzelfall auch Fahrer ohne eigenes Fahrzeug selbständig tätig sein können.

Bitte beachten Sie, dass dieser Beitrag – für den wir keine Haftung übernehmen – eine Beratung im Einzelfall nicht ersetzen kann.

Alexander Seltmann

Rechtsanwalt und

Fachanwalt für Sozialrecht

Fachanwalt für Verwaltungsrecht

Anwaltskanzlei Gaßmann & Seidel, Stuttgart


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