Scheinwerkvertrag - Fiktion eines Arbeitsverhältnisses: Einzelfallentscheidung des LAG Baden Württemberg

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Scheinwerkverträge oder verschleierte Arbeitnehmerüberlassung beschäftigen Gerichte und Anwälte immer wieder. So auch in dem vorliegenden Fall, in dem ein Arbeitnehmer auf Feststellung eines entstandenen Arbeitsverhältnisses bei einem Entleiher geklagt hatte. Generell gilt ja, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Arbeitnehmer nur entstehen kann, wenn der Verleiher nicht über die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung verfügt. Im vorliegenden Fall hatte der Verleiher eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung, dennoch entschied das LAG Baden-Württemberg (3.12.2014, 4 Sa 41/14) zu Gunsten des Arbeitnehmers.

Das LAG sah zwar, dass entsprechend der Rechtsprechung des BAG eine analoge Anwendung der §§ 9, 10 AÜG nicht in Frage kommt. Die gesetzliche Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Entleiher und dem Arbeitnehmer greift dann, wenn der Verleiher die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung nicht hat. Die hatte er aber und eine analoge Anwendung setzt eine planwidrige Regelungslücke im Gesetz voraus. Dies hat das BAG schon mehrfach entschieden. Das LAG kommt trotzdem es dieser Rechtsprechung des BAG folgt zu dem Ergebnis, dass ausnahmsweise ein Arbeitsverhältnis zum Entleiher entstanden ist. Der Entleiher und die jeweiligen Verleihfirmen hatten bewusst verschleiert, dass es sich bei dem Personaleinsatz um Arbeitnehmerüberlassung handelt.

Wie kam es zur Entscheidung des LAG?

Eine Firma wollte Fremdarbeitskräfte einsetzen und nahm dafür Dienstleister in Anspruch. Der spätere Kläger bewarb sich auf die Suchanzeige des Dienstleisters A, wurde eingestellt und zum Entleiher geschickt. Die konkrete Ausgestaltung des Einsatzes des Arbeitnehmers sah in einigen Punkten auch nach Werkvertrag aus: Der Mitarbeiter hatte ein konkrete Aufgabenstellung, sein Schreibtisch war mit dem Schild „Fremdarbeitskräfte“ gekennzeichnet und der Name seines Arbeitgebers (Dienstleister A) stand auch für jeden sichtbar auf dem Tisch.

Andererseits war der Arbeitnehmer im Urlaubsplan des Entleihers eingetragen und hatte eine eigene E-Mail-Adresse. Nach einiger Zeit endete der Vertrag zwischen Entleiher und A – warum auch immer. Der Arbeitnehmer suchte sich einen neuen Dienstleister (B) und machte seinen Job weiter. Es erfolgte noch ein weiterer Wechsel zu Dienstleister C. Für den Mitarbeiter blieb bei jedem seiner Vertragsarbeitgeber A, B oder C hinsichtlich seines Arbeitseinsatzes beim Entleiher alles beim Alten.

Mitte 2014 bestellte der Entleiher den Mitarbeiter ab und C kündigte dem Mitarbeiter. Dieser klagte nun und unterlag zunächst vor dem Arbeitsgericht. Das LAG aber bestätigte, dass es zum Arbeitsverhältnis gekommen war. Das Gericht sah versteckte Arbeitnehmerüberlassung, obwohl Ver- und Entleiher immer vom Werkvertrag gesprochen hatten. Auch der Rahmenvertrag zwischen Verleiher und Entleiher wurde nicht als Arbeitnehmerüberlassungsvertrag bezeichnet sondern als „Einkaufsabschlüsse“. Es war klar, dass die Arbeitskräfte unter die Weisung des Entleihers gestellt werden sollten. Dem Entleiher kam es auf den Arbeitnehmer und nicht auf den Verleiher an. Für den Arbeitnehmer sei aus der Gestaltung seines Arbeitsvertrages und aus dem tatsächlich Gelebten nicht klar erkennbar gewesen, ob er nun im Rahmen einen Werkvertrages oder im Rahmen von Arbeitnehmerüberlassung tätig werde. Damit sei ihm bewusst und gewollt der Schutz des AÜG entzogen worden, so das LAG.

Die Transparenz, die vom AÜG ausgeht, war hier nicht gegeben. Ver- und Entleiher haben gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen. Weil beide Parteien das AÜG verletzt hatten, galt die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung, die der Verleihers ja hatte, in diesem konkreten Vertragsverhältnis nicht und der Weg war frei für die gesetzliche Fiktion nach §§ 9, 10 AÜG.

Revision zum BAG ist zugelassen.


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