Schmerzensgeld bei unzulässiger Weitergabe von Gesundheitsdaten

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Die unzulässige Weitergabe von Gesundheitsdaten kann einen Anspruch auf Schmerzensgeld begründen. Das entschied kürzlich das Landgericht Meiningen (Urteil vom 23. Dezember 2020, Aktenzeichen 3 O 363/20).

Unfallversicherer gab Daten seines Versicherten an anderen Versicherer weiter

In dem dort entschiedenen Fall hatte der Kläger als Motorradfahrer einen Verkehrsunfall erlitten und Ansprüche gegen seinen Unfallversicherer und den Haftpflichtversicherer eines anderen Unfallbeteiligten geltend gemacht. Beide Versicherer wurden von derselben Anwaltskanzlei vertreten. Sie zitierte in dem Verfahren gegen den Haftpflichtversicherer wörtlich aus einem Gutachten, das der Unfallversicherer zum Gesundheitszustand des Klägers eingeholt hatte. In die Verwertung hatte der Unfallversicherer eingewilligt, nicht jedoch der Kläger.

Versicherter wehrte sich – und erhielt Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 €

Dieser beanspruchte daraufhin von dem Unfallversicherer Zahlung von Schmerzensgeld und Unterlassung der Weitergabe seiner Gesundheitsdaten an Dritte. Das Landgericht Meiningen gab seiner Klage insoweit statt und verurteilte den Unfallversicherer unter anderem zu einem Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 €.

Versicherer ist zur Vertraulichkeit verpflichtet

In seiner Entscheidung führt das Gericht zur Begründung aus, dass der Versicherer zur Verschwiegenheit auch dann verpflichtet sei, wenn dies weder spezialgesetzlich noch in den Vertragsbedingungen ausdrücklich geregelt sei. Bei Gesundheitsdaten handele es sich um sensible Daten, die besonders geschützt seien. Ihre Weitergabe berühre das Recht auf informationelle Selbstbestimmung in besonderem Maße.

Der Unfallversicherer habe gegen seine Verschwiegenheitspflicht verstoßen, indem er sich zumindest schlüssig mit der Verwertung seines Gutachtens in dem Verfahren gegen den Haftpflichtversicherer einverstanden erklärt habe. Eine Rechtfertigung für die Weitergabe der darin enthaltenen Daten (etwa aufgrund von Vorschriften der DSGVO) liege nicht vor. Da sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht hierdurch schwerwiegend verletzt worden sei, stehe dem Kläger ein vertraglicher Schmerzensgeldanspruch zu.

Versicherer müssen Datenschutz ernst nehmen

Mit seiner Entscheidung hat das Landgericht Meiningen einen bislang beispiellosen und erfreulichen Vorstoß gewagt und maßgeblich zu einer Stärkung der informationellen Selbstbestimmung von Versicherten beigetragen.

Verwertbarkeit unzulässig erhobener Gesundheitsdaten sollte geprüft werden

Nicht Gegenstand der Entscheidung war die Frage, ob die in den Prozess gegen den Haftpflichtversicherer eingeführten Gesundheitsdaten verwertet werden dürfen. Unzulässig erhobene Gesundheitsdaten sind nicht zwangsläufig unverwertbar. Ihre Verwertbarkeit muss immer im Einzelfall und anhand einer sorgfältigen Abwägung der widerstreitenden Interessen von Versicherer und Versicherten geprüft werden. Das sollte der Anwalt vor allem dann im Blick haben, wenn der Versicherer sich auf Gesundheitsdaten beruft, die für den Versicherten nachteilig sind.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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