Schuldner zahlt nicht, was nun? Möglichkeiten der Forderungsdurchsetzung

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Viele Unternehmen und Betriebe in Deutschland beklagen die anhaltend schlechte Zahlungsmoral ihrer Kunden und sonstiger Zahlungsschuldner. Häufig wird selbst auf mehrere Mahnschreiben nicht bezahlt oder es werden lediglich Teilbeträge angewiesen mit der Behauptung, Arbeiten oder Lieferungen seien mangelhaft beziehungsweise Leistungen seien entweder gar nicht oder nur schlecht erbracht worden. Sitzt der Schuldner im Ausland, stellt sich zudem die Frage, ob er in Deutschland verklagt werden kann oder ob er im Ausland verklagt werden muss und welche Rechtsordnung in diesem Fall zur Anwendung kommt.

Die nachfolgenden Beispiele zeigen Möglichkeiten auf, mit denen ein Gläubiger gegen einen Schuldner vorgehen und auf die Begleichung seiner offenen Forderung hinwirken kann. Eine anwaltliche Beratung im Einzelfall kann und soll hierdurch nicht ersetzt werden:

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  • Unterstützung bei gerichtlichen Mahnverfahren (Mahnbescheid), bundesweit und im Ausland,
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1. Mahnschreiben:

Damit der Schuldner wirksam in Verzug gesetzt wird und nach Möglichkeit später einmal ein Anspruch auf Erstattung von anwaltlichen Kosten und Verzugszinsen besteht, empfiehlt es sich, den Schuldner wirksam zu mahnen. Hierbei wird oft übersehen, dass im Streitfall vor Gericht den Kläger die Beweislast trifft, dass dem Schuldner eine entsprechende Mahnung auch zugegangen ist. Daher sollte spätestens die zweite Mahnung per sog. „Einwurf-Einschreiben“ versendet werden und der entsprechende Einschreibebeleg des Postdienstleisters zu Beweiszwecken gut verwahrt werden. Darüber hinaus muss die Mahnung inhaltlich hinreichend bestimmt sein, das heißt es muss eindeutig sein, um welche Forderung in welcher Höhe aufgrund welchen Sachverhalts es geht. Ferner sollte dem Schuldner eine angemessene Frist zur Begleichung der offenen Forderung gesetzt und damit gedroht werden, nach fruchtlosem Fristablauf anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ein solches betriebliches (oder privates) Mahnschreiben des Gläubigers an den Schuldner könnte wie folgt gefasst werden (Beispiel):

Briefkopf Gerd Gläubiger

Einwurf-Einschreiben

Peter Schuldner

Musterstraße 13

40210 Düsseldorf

Vorab per Telefax: Faxnummer einfügen

Mahnung

Düsseldorf, Datum einfügen

Sehr geehrter Herr Schuldner,

unsere Rechnung Nr. Rechnungsnummer einfügen vom Rechnungsdatum einfügen über Rechnungsbetrag einfügen (Anmerkung: bei Rechnungen mit Umsatzsteuer den Bruttobetrag anmahnen), die wir Ihnen nochmals in Kopie beigefügt haben, wurde von Ihnen bislang nicht bezahlt (Anmerkung: alternative Formulierung, falls Teilzahlungen des Schuldners vorliegen: „… wurde von Ihnen bislang nicht vollständig bezahlt“). Hiermit mahnen wir den ausstehenden Betrag in Höhe von XX.XX EUR (Anmerkung: Bitte den ausstehenden Hauptforderungsbetrag aus der Rechnung ohne Verzugszinsen angeben) sowie die bisher angefallenen Verzugszinsen zum Stand Datum einfügen in Höhe von XXX,XX EUR bei Ihnen an und fordern Sie auf, diese Beträge bis spätestens

Datum einfügen

auf unser Konto Kontonummer einfügen bei der Bank einfügen zu überweisen. Wir weisen Sie darauf hin, dass wir nach fruchtlosem Fristablauf anwaltliche und gerichtliche Hilfe zur Durchsetzung unserer Forderungen in Anspruch nehmen und die in diesem Zusammenhang anfallenden Kosten und Gebühren als Schaden bei Ihnen geltend machen werden.

Dieses können Sie vermeiden, indem Sie unsere Forderungen innerhalb der gesetzten Frist vollständig begleichen.

Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Gerd Gläubiger

Anlage

Kopie der Rechnung vom 11. November 2008

Das vorstehende Musterschreiben stellt nur ein denkbares Formulierungsbeispiel für ein Mahnschreiben dar. Im Einzelfall kann es sinnvoll sein, noch andere Inhalte im Mahnschreiben aufzuführen. Ebenfalls gibt es Tatbestände, wonach ein Mahnschreiben als entbehrlich angesehen werden kann. Ein Mahnschreiben per Einwurf-Einschreiben ist jedoch in vielen Fällen bereits zu Beweiszwecken der richtige Weg.

 2. Anwaltliches Mahnschreiben

Ist der Schuldner vom Gläubiger wirksam in Verzug gesetzt worden oder liegen andere Gründe vor, die zu einem Verzug des Schuldners führen, ist der Gläubiger grundsätzlich berechtigt, anwaltliche Hilfe zur Durchsetzung seiner Forderung in Anspruch zu nehmen. Abhängig von den Umständen des Einzelfalls kann es sinnvoll sein, die Forderung zunächst mit einem sogenannten „anwaltlichen Mahnschreiben“ erneut beim Schuldner geltend zu machen:

  • Dem Schuldner wird hierdurch verdeutlicht, dass die Angelegenheit inzwischen „juristische Dimensionen“ angenommen hat und er sich nunmehr einer Rechtsanwaltskanzlei als Gesprächspartner gegenüber sieht.
  • Im anwaltlichen Mahnschreiben kann darüber hinaus dem Schuldner die Sach- und Rechtslage aus Sicht des Gläubigers ausführlich dargelegt und mit entsprechenden Rechtsausführungen begründet werden.
  • Es besteht in diesem Mahnschreiben zudem die Möglichkeit, etwaigen, vom Schuldner vorgebrachten Einwänden, warum er meint, nicht oder weniger zahlen zu müssen, anwaltlich entgegen zu treten.
  • Darüber hinaus macht ein anwaltliches Mahnschreiben auf viele Schuldner mehr Eindruck als das „normale“ Mahnschreiben eines Betriebes oder einer Privatperson, vor dem die meisten Schuldner oftmals keine Angst haben. Es gibt Schuldner, die es sich zur Praxis gemacht haben, erst dann Zahlungen zu leisten, nachdem Anwälte eingeschaltet worden sind.
  • In dem anwaltlichen Mahnschreiben sollten beim Schuldner auch direkt die bislang entstandenen Verzugszinsen sowie die für die anwaltliche Beauftragung entstandenen Gebühren geltend gemacht werden. Dem Schuldner wird damit klar gemacht, dass die Angelegenheit für ihn „immer teurer wird“, je länger er nicht bezahlt.

Spätestens wenn der Schuldner auch auf ein anwaltliches Mahnschreiben nicht bezahlt, sollten die Erfolgsaussichten einer gerichtlichen Klage gegen den Schuldner geprüft werden (siehe unten). Auch hier empfiehlt sich eine anwaltliche Beratung, bevor gerichtliche Schritte eingeleitet werden, wobei auch Informationen über die voraussichtlich entstehenden Kosten und Gebühren eingeholt werden sollten.

 3. Mahnverfahren – gerichtlicher Mahnbescheid

Eine Alternative zum anwaltlichen Mahnschreiben ist das sogenannte gerichtliche Mahnverfahren. Das gerichtliche Mahnverfahren beinhaltet allerdings keine „gerichtliche Prüfung“ dahingehend, ob und in welcher Höhe dem Gläubiger Ansprüche gegenüber dem Schuldner zustehen. Auch können im gerichtlichen Mahnverfahren – im Gegensatz zum anwaltlichen Mahnschreiben – keine „Rechtsausführungen“ in Bezug auf den geltend gemachten Anspruch gemacht werden.

Das gerichtliche Mahnverfahren kann zum Beispiel dann der richtige Weg sein, wenn davon auszugehen ist, dass der Schuldner sich nicht gegen die Forderung wehren wird, weil er den Anspruch dem Grunde und der Höhe nach anerkennt, aber möglicherweise die Forderung im Moment nicht bezahlen kann. In diesem Fall kann – nach Zustellung des Mahnbescheids und Ablauf einer bestimmten Frist – ein sogenannter „Vollstreckungsbescheid“ beantragt werden. Wird hiergegen durch den Schuldner kein Einspruch eingelegt, erhält der Gläubiger schnell und unkompliziert einen Titel.

Hinweise: 

  • Es kommt häufig vor, dass Mahnbescheidanträge falsch ausgefüllt werden. Im Einzelfall können Fehler im Mahnbescheidantrag dazu führen, dass der Gläubiger – wenn der Schuldner gegen den Mahnbescheid Widerspruch oder gegen den Vollstreckungsbescheid Einspruch einlegt – im späteren Klageverfahren ganz oder teilweise unterliegt, weil er bestimmte „Formalien“ nicht beachtet hat.
  • Daher beauftragen immer mehr Unternehmen und Betriebe eine Anwaltskanzlei mit dem Ausfüllen und Versenden von Mahnbescheidanträgen. Dabei ist ferner zu berücksichtigen, dass es Unternehmen auch „Geld kostet“, wenn ein nicht mit dem Ausfüllen von Mahnbescheiden vertrauter Mitarbeiter viel kostbare Zeit benötigt, um den Mahnbescheid auszufüllen und dass es mit Risiken verbunden sein kann, wenn dieser Mitarbeiter hierbei unter Umständen Fehler macht.
  • Häufig kommt es vor, dass – z. B., wenn der Schuldner Widerspruch gegen den Mahnbescheid einlegt – der Gläubiger, wenn er den Antrag für den Mahnbescheid selbst auf den Weg gebracht hat, im Anschluss an den Widerspruch des Schuldners auf Anforderung des Gerichts Gerichtskosten bei Gericht einzahlt, dadurch automatisch das Klageverfahren in Gang setzt und vom Gericht dann innerhalb einer kurzen zur Beibringung einer schriftlichen „Anspruchsbegründung“ aufgefordert wird. Vor dem Hintergrund der bereits laufenden Frist bleibt oft nur sehr wenig Zeit, um einen mit der Materie vertrauten Anwalt zu finden und ihn mit der Abfassung einer Anspruchsbegründung zu beauftragen.

Dies sind nur einige Beispiele. Da insoweit auch im Rahmen des „gerichtlichen Mahnverfahrens“ Fehler gemacht werden können, die zu einem späteren Zeitpunkt im Verfahren unter Umständen nicht mehr „repariert“ werden können, ist es zu empfehlen, das gerichtliche Mahnverfahren durch Anwälte durchführen zu lassen, auch wenn dies mit Gebühren, die beim Anwalt erfragt werden können, verbunden ist.

4. Klageverfahren

Hat der Schuldner bereits Einwendungen wie zum Beispiel Mängel, Schlechterfüllung, Nichterfüllung, Nichterhalt der Ware, etc. vorgebracht und verweigert er auch auf ein betriebliches und/oder ein anwaltliches Mahnschreiben hin die Zahlung, so ist in vielen Fällen der nächste Schritt die Einleitung des Klageverfahrens. Zunächst sollten die Erfolgsaussichten einer gerichtlichen Klage gegen den Schuldner geprüft werden. Auch hier empfiehlt es sich, eine anwaltliche Beratung in Anspruch zu nehmen, bevor gerichtliche Schritte unternommen werden, wobei zuvor auch Informationen über die voraussichtlich entstehenden Kosten und Gebühren eingeholt werden sollten.

Grundsätzlich empfiehlt es sich, ein Klageverfahren durch einen Rechtsanwalt durchführen zu lassen; vor den Landgerichten, die in vielen Fällen zuständig sind, wenn der Streitwert über 5.000,00 EUR liegt (Ausnahme z. B. bei Mietsachen), kann ohnehin die Klage nur durch einen Anwalt eingereicht werden.

Gerichtsverfahren werden von der Klägerpartei oftmals als „langwierig und kompliziert“ wahrgenommen. Genau hierauf bauen auch viele Schuldner und verweigern die Zahlung in der Hoffnung, dass der Kläger entweder gar nicht klagen wird oder dass das gerichtliche Verfahren ergibt, dass der Schuldner weniger bezahlen muss oder dass ein Vergleich geschlossen wird, mit dem der Schuldner besser wegkommt.

Trotz dieser möglichen Widrigkeiten gehört zu einer konsequenten Rechtsverfolgung im Ergebnis auch die Bereitschaft, notfalls ein Klageverfahren gegen den Schuldner einzuleiten, wenn dieses eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

5. Grenzüberschreitendes Mahnverfahren

Im Zuge der Europäisierung des Wirtschaftslebens kommt es immer häufiger vor, dass der Schuldner seinen (Geschäfts)sitz im Ausland hat. Obwohl die prozessuale Geltendmachung von Ansprüchen gegen Schuldner im Ausland regelmäßig mit erheblichen Schwierigkeiten (fremde Rechtsordnung, fremdes Gerichtswesen, fremde Gerichtssprache, räumliche Entfernung, etc.) verbunden ist, haben viele Unternehmen und Betriebe diesen Umstand in ihren Verträgen und Geschäftsbedingungen entweder gar nicht oder nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt. Dabei gibt es durchaus Möglichkeiten der Ausgestaltung von Verträgen und AGB, durch die ein Unternehmen seine Ausgangsposition für einen möglichen Rechtsstreit gegen einen Auslandsschuldner entscheidend verbessern kann.

Unabhängig von der Frage, wie Verträge und Geschäftsbedingungen im Einzelfall ausgestaltet werden sollen, kann die Möglichkeit bestehen, gegen einen Schuldner im Ausland das sogenannte „grenzüberschreitende Mahnverfahren“ durchzuführen. Voraussetzung hierfür ist zunächst, dass Deutschland mit dem anderen Staat, in dem der Schuldner seinen (Geschäfts)sitz hat, vereinbart hat, dass die Zustellung eines deutschen Mahnbescheides in diesem anderen Staat möglich ist. Dies gilt zurzeit für die folgenden Länder:

Belgien, Bulgarien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Island, Israel, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Schweiz, Slowakische Republik, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn, Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland sowie Zypern.

Eine weitere Voraussetzung ist, dass die deutschen Gerichte im vorliegenden Fall in der „Hauptsache“, das heißt in dem normalen Klageverfahren, international zuständig wären. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Schuldner seinen Wohnsitz im Inland hat (dann aber normalerweise inländisches Mahnverfahren, es sei denn, der Gläubiger sitzt im Ausland) oder die Parteien einen deutschen Erfüllungsort oder einen deutschen Gerichtsstand vertraglich vereinbart haben. Obwohl eine passende Gerichtsstandsvereinbarung gerade auch bei grenzüberschreitenden Geschäften erhebliche Bedeutung hat, finden sich in vielen Verträgen und AGB keine oder unwirksame Gerichtsstandsvereinbarungen.

Die Frage, ob die jeweiligen Voraussetzungen im Einzelfall tatsächlich vorliegen, ist oftmals nicht ohne eine juristische Prüfung und Beratung zu beantworten, da die Abgrenzung im Einzelfall schwierig sein kann.

Ist kein deutsches Gericht international zuständig, führt dies regelmäßig dazu, dass der Gläubiger – wenn er klagen möchte – ein Gerichtsverfahren vor einem ihm fremden Gericht im Ausland durchführen muss, welches dann den Fall oftmals nach der eigenen Rechtsordnung entscheidet.

In diesen Fällen muss regelmäßig ein ausländischer Anwalt vor Ort beauftragt werden, wobei es trotzdem sinnvoll sein kann,

  • mit der gezielten Suche nach einem spezialisierten Anwalt im Ausland,
  • mit dem Aushandeln bzw. der Vereinbarung der Höhe des Honorars für die Tätigkeit des ausländischen Anwalts,
  • mit der Führung der die Korrespondenz mit dem ausländischen Anwalt
  • zusätzlich noch einen deutschen Anwalt unterstützend zu beauftragen.

 6. Europäisches Mahnverfahren

Am 30. Oktober 2008 ist in Deutschland ein Gesetz zur besseren Durchsetzung von Forderungen innerhalb der Europäischen Union in Kraft getreten (Gesetz zur Verbesserung der grenzüberschreitenden Forderungsdurchsetzung und Zustellung). Das Gesetz sieht unter anderem ein „europäisches Mahnverfahren“ vor, wenn es sich um eine Geldforderung handelt und Gläubiger und Schuldner in verschiedenen Mitgliedsstaaten ansässig sind.

Darüber hinaus wurde mit diesem Gesetz ein einheitliches europäisches Zivilverfahren eingeführt, welches vor den Gerichten der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union – mit Ausnahme Dänemarks – Anwendung finden soll. Dieses Verfahren betrifft allerdings nur Forderungen bis 2.000,00 EUR und gilt ebenfalls nur für grenzüberschreitende Fälle.

7. Anerkennung von Titeln und Europäischer Vollstreckungstitel

Hat der Vertragspartner/Schuldner seinen Wohn- bzw. Geschäftssitz im europäischen Ausland, ist an die Anerkennung eines deutschen Titels im Ausland und/oder das Erwirken eines europäischen Vollstreckungstitels zu denken.

Nach der EG Verordnung Nr. Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO, sog. Brüssel I-Verordnung, welche am 1. März 2002 in Kraft trat und – mit Ausnahme Dänemarks – in der EU direkt anwendbar ist, erfolgt die Anerkennung einer in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidung über Zivil- und Handelssachen aufgrund dieser Verordnung grundsätzlich automatisch und bedarf im Regelfall keines besonderen Verfahrens. Es gibt bestimmte Gründe und Ausnahmen, bei denen die Anerkennung versagt werden kann, z. B. die Unvereinbarkeit mit einer im Anerkennungsstaat ergangenen Entscheidung oder die Unvereinbarkeit mit der öffentlichen Ordnung (ordre public). Wird die Anerkennung versagt, kann die betroffene Partei normalerweise Rechtsmittel einlegen (z. B. Anfechtung).

Unabhängig davon kann grundsätzlich die in einem Mitgliedstaat ergangene Gerichtsentscheidung auch in einem anderen Mitgliedstaat vollstreckt werden. Hierfür muss der Gläubiger/Berechtigte regelmäßig erwirken, dass die Entscheidung in dem anderen Mitgliedsstaat für vollstreckbar erklärt wird und beim zuständigen Gericht einen entsprechenden Antrag stellen. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, wird die Entscheidung normalerweise in dem anderen Mitgliedsstaat für vollstreckbar erklärt. Es können allerdings Gründe vorliegen, die dazu führen, dass die Vollstreckbarerklärung versagt wird. Die Vollstreckung selbst richtet sich nach dem Recht des Landes, in dem vollstreckt werden soll.

Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Geldforderungen in Zivil- und Handelssachen wurde am 21. Oktober 2005 in den Mitgliedstaaten der EU – mit Ausnahme Dänemarks – eingeführt. Bei einem Europäischen Vollstreckungstitel handelt es sich um einen im Inland erlangten Titel (Gerichtsurteil, Vollstreckungsbescheid, Kostenfestsetzungsbeschluss, etc.), dem eine zusätzliche Bezeichnung als Europäischer Vollstreckungstitel verliehen wird. Voraussetzung ist, dass in einem inländischen Gerichtsverfahren ein Titel gegen den Schuldner erwirkt wird. Damit ein Titel als Europäischer Vollstreckungstitel anerkannt wird, ist bei der zuständigen Stelle ein entsprechender Antrag zu stellen. Hierfür fallen regelmäßig Kosten an. Die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel wird nur beim Vorliegen von unbestrittenen Forderungen vorgenommen. Der Schuldner hat regelmäßig die Möglichkeit, den Widerruf der Bestätigung zu erwirken.

8. Außergerichtliche Einigung mit dem Schuldner

In bestimmten Fällen kann es sinnvoll sein, die Einigung mit dem Schuldner zu suchen, zum Beispiel dann, wenn die rechtliche Prüfung ergibt, dass die Einwendungen, die der Schuldner vorbringt, vor Gericht ganz oder teilweise zum Erfolg führen können oder wenn auf Klägerseite ein Beweisproblem vorliegt. In diesem Fall könnte durch einen außergerichtlichen Vergleich mit dem Schuldner ein für beide Seiten langwieriges und kostenintensives Gerichtsverfahren vermieden werden. Eine außergerichtliche Einigung sollte allerdings ebenfalls nicht ohne anwaltliche Beratung verfasst werden, auch deswegen, um sicherzustellen, dass auch tatsächlich das im Vergleich schriftlich geregelt wird, was die Parteien „gemeint“ haben. Die Erfahrung zeigt, dass selbstgestrickte Vergleichsvereinbarungen oftmals Unklarheiten und/oder Regelungslücken enthalten und nicht das regeln, was die Parteien eigentlich regeln wollten.

Eine weitere Möglichkeit kann darin bestehen, mit dem Schuldner – insbesondere dann, wenn er nicht zahlen kann – eine Ratenzahlung zu vereinbaren. Wird diese mit einem Schuldanerkenntnis verbunden, so kann dies die spätere Prozessführung für den Gläubiger erheblich erleichtern, zum Beispiel dann, wenn sich herausstellt, dass der Schuldner die Raten nicht wie vereinbart bezahlt.

Ganz vermieden werden kann ein gerichtliches Verfahren dann, wenn die Verhandlungen mit dem Schuldner dazu führen, dass er sich der „sofortigen Zwangsvollstreckung“ unterwirft. Hierbei sind allerdings zwingende Formalien einzuhalten, damit eine solche Zwangsvollstreckungsunterwerfung wirksam ist.

Darüber hinaus kann die Möglichkeit bestehen, mit dem Schuldner über Sicherheiten für die Forderung zu verhandeln, wobei hier insbesondere eine Sicherungsübereignung, eine Bürgschaft, eine Hypothek oder eine Grundschuld in Betracht kommen können.

9. Strafanzeige

In bestimmten Fällen kann es sinnvoll sein, zu versuchen, eine strafrechtliche Verurteilung des Schuldners zu erwirken, wenn der Verdacht besteht, dass der Schuldner strafrechtliche Vorschriften verletzt hat. In Betracht kommen hier insbesondere Insolvenz- und Betrugsstraftaten. Ist der Schuldner zum Beispiel eine GmbH, die zahlungsunfähig oder insolvent geworden ist, kann eine strafrechtliche Verurteilung des Geschäftsführers dazu führen, dass der Geschäftsführer mit seinem Privatvermögen für die zunächst (nur) gegen die GmbH bestehende Forderung des Gläubigers einstehen muss.

Die vorstehenden Ausführungen stellen eine einführende Übersicht dar und erheben keinen Anspruch auf Aktualität oder Vollständigkeit. Eine anwaltliche Prüfung und Beratung, auch in Bezug auf den jeweiligen Einzelfall, soll durch diese Ausführungen nicht gegeben werden und kann hierdurch auch nicht ersetzt werden. Für eine Beratung und/oder Vertretung in Bezug auf Ihren Einzelfalls steht Ihnen Herr Rechtanwalt Martin Walzer, LL.M., Fachanwalt für IT-Recht nach Vereinbarung gerne zur Verfügung. Weitere Informationen finden Sie auch auf unserer Homepage.

Rechtsanwalt Martin Walzer, LL.M.
Fachanwalt für IT-Recht



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