Sondernutzungsrechte in der WEG: Wie werden sie begründet? Wie können sie aufgehoben werden?

  • 3 Minuten Lesezeit

Im Wohnungseigentumsrecht wird zwischen den Begrifflichkeiten des Sonder- und Teileigentums sowie des Sondernutzungsrechtes unterschieden.

Während es sich bei dem Sonder- und Teileigentum um das eines jeden Erwerbers/Käufers handelt, ist das Sondernutzungsrecht grundsätzlich Teil des Gemeinschaftseigentums. Bekannte Beispiele sind Terrassen oder Stellplätze. 

Für die Begründung eines Sondernutzungsrechtes wird auf der Fläche des gemeinschaftlichen Eigentums ein Teil einem Sondereigentümer zugeordnet. Dieser darf nach § 15 Abs. 1 WEG diesen Bereich des Gemeinschaftseigentums unter dem Ausschluss der anderen Wohnungseigentümer nutzen. Damit wird die Berechtigung eines jeden Sondereigentümers nach § 13 Abs. 2 WEG, das Gemeinschaftseigentum zu nutzen, eingeschränkt. 

Grundsätzlich hat der Eigentümer in der Nutzung eines Sondernutzungsrechtes keine grenzenlose Berechtigung. Auch wenn dem Sondereigentümer ein Bereich auf dem Gemeinschaftseigentum für eine Terrasse zugesprochen wird, geht damit noch nicht die Berechtigung zur Errichtung einer Terrasse einher. Da die Fläche weiterhin gemeinschaftliches Eigentum bleibt, bedarf es für weitergehende Maßnahmen und Nutzungen eines Beschlusses der Wohnungseigentümer.

Ein Sondernutzungsrecht kann bereits in der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung vorgesehen sein und in das Grundbuch des jeweiligen berechtigten Eigentümers eingetragen werden. Es kann aber auch nachträglich durch eine Vereinbarung aller Eigentümer nach § 10 Abs. 2 S. 2 WEG für einen Sondereigentümer begründet werden. Wichtig dabei ist jedoch, dass es durch eine Vereinbarung aller Eigentümer und nicht durch Beschluss begründet wird.

Bei Stellplätzen für Pkw wird die Begründung meistens bereits in der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung vorgesehen, da die Eigentümer eines errichteten Gebäudes nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften einen Stellplatznachweis gegenüber der Gemeinde erbringen müssen.

Fraglich ist jedoch, ob ein einmal eingeräumtes Sondernutzungsrecht einem Sondereigentümer auch einfach durch eine abweichende Vereinbarung entzogen werden kann. 

Mit dieser Fragestellung musste sich der BGH im Jahr 2018 beschäftigen. Juristische Antwort des BGH: Es kommt drauf an. Und zwar auf sehr viel.

Grundsätzlich bejahte der BGH die Möglichkeit, dass ein Sondernutzungsrecht entzogen werden kann. Dies jedoch nur im Wege einer Vereinbarung aller Wohnungseigentümer. Praktisch bedeutet dies, dass die Teilungserklärung, die ein Sondernutzungsrecht begründet, durch alle Eigentümer geändert werden muss. Einen solchen Anspruch sieht das WEG-Recht sogar vor.

Nach Ansicht des BGH bedeutet dies jedoch nicht, dass jeder Eigentümer wahllos die Änderung der Teilungserklärung und damit die Aufhebung eines Sondernutzungsrechtes verlangen kann. Vielmehr müssen schwerwiegende Gründe vorliegen, die ein Festhalten an der bestehenden Regelung, also dem Sondernutzungsrecht, unbillig erscheinen lassen.

Die Anforderungen, die der BGH an solche Umstände gestellt hat, sind sehr hoch. In dem zu entscheidenden Fall war ein von der Gemeinde geforderter Stellplatznachweis für die Fläche eines Sondernutzungsrechtes über eine Terrasse nicht ausreichend, um die Aufhebung des Sondernutzungsrechtes zu begründen. Der Entzug eines Sondernutzungsrechtes kann, so der BGH, nur eine ultima ratio darstellen. Nur wenn sicher ist, dass die Fläche zwingend benötigt wird und eine ausweichende Entscheidung nicht getroffen werden kann, könnte nach den Umständen des Einzelfalles eine Aufhebung möglich sein.

Damit schränkte der BGH die Möglichkeiten der Aufhebung eines Sondernutzungsrechtes stark ein. Zudem stellte er fest, dass der berechtigte Eigentümer eine Fläche erst dann zur Verfügung stellen muss, wenn eine entsprechende Änderung der Teilungserklärung erfolgt ist. Zuvor steht den übrigen Eigentümern kein Recht an der gemeinschaftlichen Nutzung zu.

Diese Rechtsprechung des BGH vom 23.03.2018, Az.: V ZR 65/17 stärkt die Rechte der Eigentümer gegenüber der Gemeinschaft und schützt sie vor unerwarteten Änderungen ihrer Rechte.

Rechtsanwältin Ninja Lorenz

Kanzlei Schwede, Gewert & Kollegen


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Ninja Lorenz LL.M.

Beiträge zum Thema