Stichtag für das Erlöschen des Widerrufsrechts in Altfällen war der 21.06.2016

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Nachdem viele Darlehensnehmer sich sprichwörtlich auf den letzten Drücker entschieden hatten, ihre Vertragserklärungen noch am 21.06.2016 zu widerrufen, kam kurze Zeit später der Schock. Einige Banken (so u. a. Sparkassen oder die BW Bank bzw. die LBBW) werteten diesen Widerruf unabhängig von der Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung als verspätet, da nach ihrer Auffassung der 20.06.2016 der letzte mögliche Tag zum Widerruf gewesen sein soll. 

Dies wurde sodann auch noch in einer Veröffentlichung des Professors Omlor in einer juristischen Fachzeitung bestätigt (NJW 2016, 1267 f.) und dankbar vom Landgericht Stuttgart übernommen (LG Stuttgart, Urteil vom 12.01.2017 – 25 O 259/16)

In dem gegen diese Entscheidung des LG Stuttgart laufenden Berufungsverfahren hat das Oberlandesgericht Stuttgart sich in einem Hinweisbeschluss klar positioniert (OLG Stuttgart, Beschluss vom 24. Februar 2017 – 6 U 35/17)

Es hat klargestellt, dass nach seiner vorläufigen Auffassung nicht mit Ablauf des 20.06.2016 ein etwaiges Widerrufsrecht erlischt, sondern erst mit Ablauf des 21.06.2016 und dass ein solcher Widerruf auch nicht innerhalb der jeweiligen Geschäftszeiten des Widerrufsempfängers, also der jeweiligen Bank, zugehen musste. 

Diese – unseres Erachtens richtige – Auffassung begründet das Oberlandesgericht wie folgt:

  • Der Wortlaut des Art. 229 § 38 Abs. 3 S. 1 EGBGB weist bereits auf den 21.06.2016 als Stichtag hin, da hiernach das Widerrufsrecht „spätestens drei Monate nach dem 21. März 2016“ erlöschen soll. Die dreimonatige Frist beginnt also „nach“ dem 21. März, also mit Beginn des 22. März und würde somit denknotwendig unter Zugrundelegung der §§ 187 Abs. 2 S. 1, 188 Abs. 2 BGB mit dem Ablauf des 21. März 2016 enden.
  • Überdies ist auch die Begründung des Rechtsausschusses (BT-Drucks. 18/7584, S. 146) insoweit eindeutig, wo es ausdrücklich heißt, die Frist ende „mit Ablauf des 21. Juni 2016“.
  • Schließlich spricht dafür Art. 229 § 38 Abs. 3 S. 2 EGBGB, aus dem in Zusammenschau mit der Begründung des Rechtsausschusses (BT-Drucks. 18/7584, S. 146) folgt, dass das Widerrufsrecht jedenfalls bei Haustürgeschäften erst mit dem Ablauf des 21.06.2016 erlischt. Denn es ist nach Auffassung des OLG nicht anzunehmen, dass nach dem Willen des Gesetzgebers für die verschiedenen Fälle des Art. 229 § 38 Abs. 3 EGBGB verschiedene Fristen gelten sollten (vgl. auch Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., Art. 229 § 38 EGBGB, Rn. 5).

Nicht vom OLG Stuttgart ins Feld geführt, für uns aber ein weiteres starkes Argument für die Annahme des 21.06. als Stichtag, ist ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16.06.2016 (1 BvR 873/15), in welchem auch dieses selbstverständlich von einer Widerrufbarkeit bis eben zu diesem Tag ausgeht. 

Für die Frage, ob der Widerruf am 21.06.2016 der Bank zugegangen sein muss, also ob diese hiervon unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hatte, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen und somit die üblichen Geschäftszeiten relevant werden, wird vom Oberlandesgericht schließlich unter Verweis auf § 355 Abs. 1 S. 5 BGB zu Recht verneint. 

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist für die Frage der Rechtzeitigkeit des Widerrufs auf die Ausübung des Rechts abzustellen. Ist das Recht also vor seinem Erlöschen ausgeübt, ist es auch wirksam ausgeübt. Gemäß § 355 Abs. 1 S. 5 BGB wird der Widerruf bereits mit Absendung der Widerrufserklärung ausgeübt, sodass dies auch bei Erlöschen des Rechts gelten muss (so auch Palandt/Grüneberg, a. a. O., Art. 229 § 38 EGBGB, Rn. 5 a. E.). 

Vorläufig heißt es somit aufatmen bei allen Verbrauchern, die sich mit entsprechenden Argumenten der Banken auseinandersetzen müssen. Ob es in dem zitierten Verfahren zu einer Entscheidung kommt und ob diese Frage tatsächlich dem Bundesgerichtshof vorgelegt wird, bleibt abzuwarten. Aber die Argumente des Oberlandesgerichts lassen sich im Gegensatz zu den Gegenargumenten sehr gut hören und vertreten. 

Rechtsanwalt Loschelder von der Kanzlei Loschelder-Leisenberg vertritt Mandanten bei der Durchsetzung ihrer Rechte aus Darlehenswiderrufen und steht Verbrauchern bei etwaigen Fragen und zur Durchsetzung ihrer Rechte zur Verfügung.



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