Verwirkung des Widerrufsrechts

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Da der Gesetzgeber das ewige Widerrufsrecht aufheben will, nutzen zahlreiche Bankkunden aktuell die Möglichkeit, ihr Verbraucherdarlehen zu widerrufen. Meist ist der Grund eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung. Doch die Banken wehren sich: Oftmals erhalten Kunden die Nachricht, sie hätten ihr Widerrufsrecht verwirkt. Doch was hat es mit damit auf sich?

Was „Verwirkung des Widerrufsrecht“ bedeutet

Einer der wichtigsten Grundsätze im BGB ist die Auslegung und Ausübung von Rechten nach „Treu und Glauben“. Dabei handelt es sich um einen unbestimmten Rechtbegriff. Unter diesem ist zu verstehen, dass jeder auf den Vertragspartner Rücksicht nehmen soll und sich nicht rechtsmissbräuchlich verhalten darf. Geschützt wird das Vertrauen der Vertragsparteien untereinander. Aus diesem Grundsatz leitet sich ab, dass auf das Bestehen von Verträgen grds. vertraut werden darf.

Wie hängt das nun mit der Verwirkung von Rechten zusammen? Grundsätzlich ist ein Recht dann verwirkt, wenn der Rechteinhaber über einen längeren Zeitraum hinweg sein Recht nicht geltend gemacht hat, es also nicht in Anspruch nimmt. Dadurch erweckt er bei der Gegenpartei den Eindruck, diese brauche mit der Geltendmachung des Rechts nicht mehr zu rechnen. Die Gegenseite richtet sich also darauf ein, dass das Recht nicht in Anspruch genommen wird. Eine sehr späte Inanspruchnahme soll ihr dann nicht zugemutet werden.

Was für eine Verwirkung spricht

Einige Gerichte und Rechtswissenschaftler argumentieren, dass die beiden wichtigsten Grundsätze des BGB, nämlich „Treu und Glauben“ und „pacta sunt servanda“ nicht einfach umgangen werden dürfen, indem sich jeder beliebig lange von seinem Vertrag löse darf. Für beide Vertragsparteien soll ein ausgewogenes Verhältnis gelten, sodass auch beide gleichermaßen in ihrem Vertrauen auf den Bestand der Verträge schützenswert sind. Nachdem der Verbraucher sein Widerrufsrecht jahrelang nicht in Anspruch genommen hat, erscheint es der Bank gegenüber unverhältnismäßig, plötzlich den Darlehensvertrag zu widerrufen, obgleich diese auf den Fortbestand vertrauen durfte.

Insbesondere wenn der Darlehensvertrag bereits abgegolten ist, soll das Widerrufsrecht verwirkt sein. Der Verbraucher habe mit der jahrelangen Nutzung des Darlehens signalisiert, mit dem Vertrag einverstanden zu sein. Er könne dieses nicht einfach widerrufen, weil er eventuell günstigere Konditionen gefunden hat. Teilweise wird ein solcher Widerruf auch als rechtsmissbräuchlich bezeichnet.

Was gegen eine Verwirkung spricht

Gegen eine Verwirkung spricht, dass der Widerruf auch nach längerer Zeit eine gesetzlich gewollte Folge ist. Relevant wird die Frage nach der Verwirkung dann, wenn der Kunde nach Jahren seinen Vertrag widerrufen will. Das geht aber nur, wenn er eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung erhalten hat. Nur unter diesem Umstand setzt nämlich die Frist zum Widerruf nicht ein. Gegen eine Verjährung spricht deshalb auch, dass die Bank eine Mitschuld daran trägt, dass die Widerrufsfrist nicht eingesetzt hat. Sie hätte schließlich eine Nachbelehrung vornehmen können, die dann zu einer Einsetzung der Frist geführt hätte. Zudem ist der Bank entgegenzuhalten, dass diese die fehlerhafte Widerrufsbelehrung insgesamt zu verschulden hat. Viele Gerichte, vor allem viele der höheren Instanz, gehen deshalb davon aus, dass ein Widerrufsrecht nicht verwirkt ist.

Was wir glauben

Wir sind davon überzeugt, dass ein Widerrufsrecht auch nach Jahren nicht verwirkt sein kann. Ansonsten hätte der Gesetzgeber die Regelungen entsprechend ausgestaltet. Es ist eindeutig, dass eine Verwirkung nicht das angestrebte Ziel der Regelungen zum Widerrufsrecht ist. Gesetzlich normiert ist, dass ein Widerrufsrecht auch nach Jahren noch bestehen kann. Diese Regelung darf nicht mit einer nicht aussagekräftigen Argumentation umgangen werden. Zudem haben es sich die Banken selbst zuzuschreiben, wenn sie es versäumen, eine Nachbelehrung zu stellen. Dafür haben die Banken jederzeit die Möglichkeit und nehmen diese trotzdem nicht wahr. Sie haben es folglich zu verschulden, den Verbraucher nicht ordnungsgemäß aufgeklärt zu haben und müssen somit die gesetzlichen Konsequenzen tragen.

Unserer Auffassung haben sich bereits zahlreiche Gerichte in ihren Entscheidungen angeschlossen. Wenn Sie also Ihr Widerrufsrecht ausüben wollen und von der Bank ein Schreiben erhalten haben, in dem Ihnen vorgehalten wird, das Widerrufsrecht verwirkt zu haben, wenden Sie sich an uns. Wir helfen Ihnen gerne bei einer bestmöglichen Konfliktlösung.

Wer wir sind

Die Rechtsanwaltskanzlei Benedikt- Jansen ist auf Bank-und Kapitalmarktrecht spezialisiert. Herr Rechtsanwalt Benedikt-Jansen ist seit 13 Jahren Vertrauensanwalt der Schutzgemeinschaft für Bankkunden e. V., einem staatlich anerkannten Verbraucherschutzverband zur Bekämpfung unredlicher Finanzdienstleister (z. B. aus dem Bankensektor, Kapitalanlagesektor, Versicherungen, etc.). Die Schutzgemeinschaft für Bankkunden hat seit dem Jahre 2004 zehntausende Fälle rechtsmissbräuchlicher Vertragspraktiken (insbesondere unwirksame Vertragsklauseln) erfolgreich bekämpft. Seit 2010 ist Herr Benedikt Jansen Fachanwalt für Bank-und Kapitalmarktrecht. Er verfügt über einen außergewöhnlich umfangreichen Schatz an Erfahrungen auf dem Gebiet des bankenrechtlichen Verbraucherschutzes.

Für weitere Informationen oder Fragen stehen er und sein Team Ihnen auf seiner Homepage zur Verfügung.


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