Strafbarkeit von Fitnessstudiobetreibern bei der Beschäftigung sog. „freier Trainer“

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Betreiber von Fitnessstudios rücken seit einem Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg aus dem Jahr 2016 vermehrt in den Fokus von Zoll und Staatsanwaltschaft.

Hintergrund ist eine mögliche Strafbarkeit wegen Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen von sog. „freien bzw. selbstständigen Trainern“ (§ 266a Abs. 1 StGB). Folge können horrende Geldstrafen oder gar Bewährungsstrafen sein, womit auch eine Versagung der weiteren Geschäftsführertätigkeit gemäß § 6 GmbHG einhergehen kann.

Wie beginnen die Ermittlungen?

Es beginnt häufig mit einer Personalprüfung – etwa im Rahmen einer Betriebsprüfung. Die Betriebsprüfer wollen zumeist bereits zu diesem Zeitpunkt den Status der „freien Trainer“ klären. Bei der Personalprüfung ist im Rahmen der sog. „Statusfeststellung“ ein Fragebogen zum sozialversicherungsrechtlichen Status auszufüllen. (Fragebogen V027 der Deutschen Rentenversicherung). Darauf folgt der Fragebogen V020, in welchem der Trainer seine Arbeit genauer beschreiben muss.

Die Fragebogen dienen der Abklärung, ob eine Scheinselbstständigkeit vorliegt.

Wann liegt eine Scheinselbstständigkeit vor?

Diese Frage kann immer nur für den jeweiligen Einzelfall beantwortet werden. Grundsätzlich besteht keine abhängige Beschäftigung, wenn der Auftragnehmer nicht weisungsgebunden ist, ein eigenes unternehmerisches Risiko vorliegt und er nicht in die betriebliche Organisation eingebunden ist.

Fallen sämtliche im Fitnessstudio tätigen Trainer unter die Renten- bzw. Sozialversicherungspflicht?

Die Deutsche Rentenversicherung stuft unter Umständen selbstständige Trainer als Lehrer im Sinne des § 2 S. 1 Nr. 1 SGB VI ein. Damit entsteht eine Rentenversicherungspflicht für diese Personen.

Jedoch gilt es hier genau zu differenzieren:

Trainer, die in mehreren Fitnessstudios Kurse anbieten, nicht weisungsgebunden sind, in der Betriebsstruktur des Fitnessstudios nicht eingebunden sind und in ihrer Organisation frei sind, fallen nicht unter die Versicherungspflicht.

Etwas Anderes gilt für sogenannte „Flächentrainer“. Diese sind häufig in die Betriebsorganisation eingebunden und sowohl in Einteilung ihrer Zeit und Tätigkeit weisungsgebunden. Anhaltspunkte, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen, sind etwa das Tragen von Dienstkleidung (Trainershirt), die Arbeiten zu vorgegebenen Zeiten sowie die Teilnahme an Teambesprechungen. Weiterhin spricht gegen eine selbstständige Tätigkeit der Umstand, dass der Trainer kein eigenes unternehmerisches Risiko trägt (fixer Stundenlohn, kein Auftragsrisiko, etc). Übernehmen Flächentrainer Aufgaben wie etwa die Schlüsselausgabe, Thekendienst oder Putzdienste, wird ebenfalls nicht mehr von einer selbstständigen Tätigkeit ausgegangen.

Was kann im Voraus getan werden, um ein Ermittlungsverfahren zu vermeiden?

  • Es sollte rechtzeitig der Status geklärt werden, nicht erst, wenn sich der Betriebsprüfer ankündigt.
  • Die Unterschiede zwischen selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung sollten sich auch in den verwendeten Verträgen widerspiegeln.
  • Werden für ein und dieselbe Tätigkeit sowohl Arbeitnehmer als auch Freie Mitarbeiter beschäftigt, muss darauf geachtet werden, dass diese nicht gleichbehandelt werden.
  • Bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung kann eine Statusfeststellung beantragt werden. Das schafft bereits von vornherein Klarheit.

Was tun, wenn ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde?

Sobald ein Ermittlungsverfahren gegen die oder den Geschäftsführer eines Fitnessstudios eingeleitet wurde, ist damit zu rechnen, dass sämtliche für das Studio tätigen Personen genau geprüft werden. Zuständige Ermittlungsbehörden sind Zoll und Staatsanwaltschaft. Es werden sämtliche Sozialversicherungsbeiträge beziffert, die ebenfalls an die Deutsche Rentenversicherung abzuführen sind. Hier ist genau zu prüfen, ob diese Ansprüche dem Grunde nach und auch in der Höhe korrekt sind. Häufig werden auch für offensichtlich freie Trainer, welche in mehreren Fitnessstudios Kurse anbieten, Beiträge erhoben, obwohl diese nicht unter die Versicherungspflicht fallen.

Damit ist das Verfahren jedoch nicht beendet. Im Strafverfahren wird zwar die Nachzahlung berücksichtigt, jedoch lässt diese nicht die Strafbarkeit des § 266a StGB entfallen. Folge können unter Umständen hohe Geldstrafen oder Freiheitsstrafen (meist Bewährungsstrafen) sein.

Außerstrafrechtliche Folgen

Neben dem gesetzlichen Strafrahmen, der Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vorsieht, drohen etliche weitere Konsequenzen.

Bei einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung können Verstöße gegen § 266a StGB zu einer Eintragung ein sog. Korruptionsregister führen. Über dieses Register können Vergabestellen Informationen über die Zuverlässigkeit von Bewerbern einholen und Auftrags- oder Vergabesperren aussprechen.

Bei einer Verurteilung nach § 266a StGB kann gemäß § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SchwarzArbG der Ausschluss von öffentlichen Aufträgen für die Dauer von bis zu drei Jahren erfolgen, wenn das Gericht eine Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten oder eine Geldbuße von mehr als 90 Tagessätzen verhängt.

Eine rechtskräftige Verurteilung wird – sofern das Strafmaß 90 Tagessätze bzw. drei Monate Freiheitsstrafe übersteigt – nicht nur ins BZR aufgenommen werden, sondern auch ins Gewerbezentralregister (§ 149 Abs. 2 Nr. 4 GewO). Zudem kann das Gericht ein Berufsverbot nach § 70 StGB anordnen.

Eine weitere schwere Folge liegt darin, dass bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ein Ausschlussgrund gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG vorliegt, welcher für die Dauer von fünf Jahren eine Tätigkeit des Verurteilten als Geschäftsführer ausschließt.

Fazit

Betreibern von Fitnessstudios ist zu raten, bereits im Vorfeld abzuklären, ob bei dem jeweiligen Mitarbeiter ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt oder eine Selbstständigkeit. Bereits die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ist für den oder die Betroffenen strapaziös. Die Folgen einer Verurteilung können massiv sein und führen nicht selten zu einem wirtschaftlichen Ruin der jeweilig Betroffenen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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