Umgang und (Urlaubs-) Reise

  • 4 Minuten Lesezeit

Die Schulferien stehen vor der Tür und damit auch die Reisezeit. Urlaubsreisen können bei Kindern, deren Eltern getrennt leben, schnell zum Problem werden. Nämlich dann, wenn der eine Elternteil, bei dem sich das Kind gewöhnlich aufhält (sog. betreuender Elternteil) mit den Plänen des anderen – aus welchen Gründen auch immer – nicht einverstanden ist. Da stellt sich die Frage, wieviel Mitspracherecht dem jeweils anderen Elternteil zusteht und was passiert, wenn ein Elternteil den Ferienumgang vereitelt.

Leben die Eltern eines Kindes getrennt, hat der Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, ein Umgangsrecht. Dazu gehört auch das Recht, längere, zusammenhängende Zeiten während der Ferien mit dem Kind zu verbringen. Oftmals werden hier beispielsweise die Winter-, Sommer- und Herbstferien geteilt. Oft ist auch die Regelung anzutreffen, dass der Umgangsberechtigte sein Kind mindestens 2 zusammenhängende Wochen in den Sommerferien zu sich nehmen darf. Da ist der Wunsch, mit dem Kind zu verreisen, sehr groß. 

Der Elternteil, bei dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, möchte hier oftmals ein Mitspracherecht haben, in manchen Fällen kommt es sogar dazu, dass er den Umgang unterbinden möchte und dann auch auf seine (Allein-)Sorgeberechtigung verweist. Aber welche Rolle spielt das Sorgerecht für diese Frage? So erstaunlich es vielleicht zunächst klingen mag: in der Regel keine, denn während des Umgangs geht das Recht zur Bestimmung des Aufenthaltes auf den Umgangsberechtigten über. 

Gem. § 1687 BGB hat der Berechtigte während der Zeiten seines Umgangs die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung. Das heißt, der Umgangsberechtigte bestimmt, wohin die Reise geht. Die Befugnis endet bei einer Angelegenheit von erheblicher Bedeutung. In diesem Fall benötigt der Umgangsberechtigte die Zustimmung des anderen Elternteils und muss sich im Streitfall an das zuständige Familiengericht wenden, um einen Antrag auf Übertragung der Entscheidungsbefugnis bezogen auf die streitige Frage stellen, § 1629 BGB. 

Aber wann handelt es sich bezogen auf eine anstehende Urlaubsreise um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung? Von erheblicher Bedeutung ist alles, was nachhaltige, dauerhafte und erhebliche Folgen für das weitere Leben des Kindes hat oder mit erheblicher Wahrscheinlichkeit haben könnte. 

Grundsätzlich kann der Umgangsberechtigte mit seinem Kind verreisen. Bei Reisen innerhalb von Deutschland und in das europäische Ausland handelt es sich um Angelegenheiten des alltäglichen Lebens und dementsprechend bedarf es der Zustimmung des betreuenden Elternteils nicht. 

Das OLG Frankfurt/Main hat in einer Entscheidung vom 30.07.2008 (Az.:2 UF 185/08) darauf hingewiesen, dass wenn ein (umgangsberechtigter) Vater mit seinem vierjährigen Sohn eine Flugreise ins Ausland (hier: Mallorca) unternehmen will, ihm das auch dann erlaubt ist, wenn die Kindesmutter und das Kind die Reise nicht wünschen und der Vater die Reise ohne Wissen der Mutter gebucht hat. 

Dabei führte das Gericht aus: „...In der Regel ist davon auszugehen, dass der umgangsberechtigte Elternteil, den Aufenthaltsort des Kindes während des Umganges bestimmt und dass dies auch nicht eines gerichtlichen Ausspruches bedarf. Denn das Umgangsrecht führt im Ergebnis zu einer Einschränkung der elterlichen Sorge des betreuenden Elternteils, was selbst bei einer alleinigen elterlichen Sorge des betreuenden Elternteils die Annahme rechtfertigt, dass die dem Kindeswohl zuträglichen Ferienkontakte auch mit einer Auslandsreise verknüpft werden können...“ 

Im vorgenannten Fall hat das Gericht dem Umgangsberechtigten sogar die elterliche Sorge für den Teilbereich der Beantragung eines Kinderausweises allein übertragen, damit der Umgangsberechtigte das notwendige Dokument noch vor und für die Urlaubsreise beschaffen konnte. Die Kindesmutter hatte nämlich trotz der Bitte des Kindesvaters nicht an der Beantragung eines solchen Ausweises mitgewirkt.

Bei einer Fernreise ist die Frage, ob es sich nun um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung handelt (und daher der Zustimmung des betreuenden bzw. alleinsorgeberechtigten Elternteils bedarf) nicht ohne weiteres mit „ja“ oder „nein“ zu beantworten. Dabei kommt es unter anderem darauf an, wohin die Reise geht, welcher Kulturkreis betroffen ist, in wie weit das Kind mit der Kultur des bereisten Landes vertraut ist, welche spezifische Gefahren vor Ort anzutreffen sind und wie alt das Kind ist. Soweit es sich um ein bekanntes und oft bereistes Ziel handelt, tendiert die Rechtsprechung immer mehr dazu, von einer alltäglichen Angelegenheit auszugehen. Der betreuende Elternteil muss also nicht zustimmen. Erst am 01.02.2017 hat das Kammergericht (13 UF 163/16) entschieden, dass eine Reise nach Thailand keine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für ein Kind ist. Damit bedurfte es nicht des Einvernehmens der Eltern. 

Anders verhält es sich bei Reisen in Krisen- und Kriegsgebiete. Dabei handelt es sich um Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung. Dies gilt vor allem für Länder und Regionen, für die das Auswärtige Amt eine Reisewarnung herausgegeben hat. Aktuelle Reisewarnungen sind hier zu finden: http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/01-Reisewarnungen-Liste_node.html

Sollte der betreuende Elternteil den Umgang boykottieren, in dem er zum Beispiel zum geplanten Ferienumgang mit dem Kind nicht anzutreffen ist oder den Kinderreisepass nicht herausgibt, macht er sich schadensersatzpflichtig und muss dem Umgangsberechtigten den Reisepreis erstatten. Darüber hinaus kann das Familiengericht ein Ordnungsgeld oder gar Ordnungshaft verhängen. 

Sobald sich im Rahmen einer anstehenden Reise Probleme abzeichnen, sollte ein kompetenter Anwalt konsultiert werden, um zu prüfen, ob die Zustimmung des betreuenden Elternteils notwendig ist und diese sowie die erforderlichen Papiere rechtzeitig, ggfls. gerichtlich, einzufordern. Wenn man sich rechtzeitig kümmert, besteht die Möglichkeit die gemeinsame Reise durch die Einleitung eines gerichtlichen Eilverfahrens (vorläufiger Rechtsschutz = einstweilige Anordnung oder landläufig: einstweilige Verfügung) zu retten. Wenden Sie sich an einen fachkundigen Rechtsanwalt, damit auch die für Ihre Bedürfnisse notwendigen Anträge gestellt werden können.

 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Jacqueline Donath-Franke

Beiträge zum Thema