Unfallersatztarif bei Mietwagen

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"Unfallersatztarif ist eine umgangssprachliche Bezeichnung für den Tarif, den ein Autovermieter nach einem Verkehrsunfall für einen Mietwagen in Rechnung stellt. Bei einem fremdverschuldeten Unfall werden die Kosten als Schadensersatz von der gegnerischen Haftpflichtversicherung getragen." (wikipedia, Unfallersatztarif)

Diese Mietwagentarife liegen in der Regal bei einem Vielfachen des sogenannten Normaltarifs. Im Einzelfall werden Aufschläge bis zu 500% verlangt. Die Vermietungsunternehmen begründen dies mit der schlechten Planbarkeit des Bedarfs, daraus resultierend erhöhten Personalkosten, Zustellungs- und Abholkosten, eventuellen erheblichen Regulierungsverzögerungen, dem Verzicht auf eine Kaution sowie zusätzlichen Belastungen durch Vorhaltekosten und spezielle Öffnungszeiten. 

Die Argumentation ist nicht gänzlich von der Hand zu weisen, und begründet zumindest einen höheren Tarif als im Normalfall. Um welchen Faktor hier der Unfallersatztarif hingegen über dem Normaltarif liegen darf oder sollte, ist sowohl bei Haftpflichtversicherern als auch Gericht durchaus strittig.

Der BGH dazu in einem Urteil vom 19.04.2005 unter dem Aktenzeichen VI ZR 37/04: "Ein "Unfallersatztarif" ist nur insoweit ein "erforderlicher" Aufwand zur Schadensbeseitigung gemäß § 249 BGB (...) als die Besonderheiten dieses Tarifs gegenüber dem "Normaltarif" höheren Preis aus betriebswirtschaftlicher Sicht rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung erforderlich sind (...)."

Die Sache wird schnell zum Minenfeld für den Unfallgeschädigten zwischen widerstreitenden Interessen von Versicherungswirtschaft und Vermietern. Im Rahmen der Schadenminderungspflicht ist der Anspruchsteller auf Schadenersatz aus einem Unfallereignis gehalten, erhebliche Mühen auf sich zu nehmen um die Kosten für den Mietwagen niedrig zu halten. Es wird als zumutbar empfunden, eine ganze Reihe von Telefonaten zu tätigen um die Tarife von Konkurrenzunternehmen in der lokalen Vermietungsbranche einzuholen. 

Wer im Nachhinein nicht schlüssig eine Eil- oder Notsituation nachweisen kann, wird sich vorhalten lassen müssen, voreilig auf einen überhöhten Tarif eingegangen zu sein. Die Anbieter von Mietwagen sind ausdrücklich angewiesen auf die Höhe ihres Unfallersatztarifes hinzuweisen. Wer hier dennoch, ohne alternative Angebote zu prüfen, zugreift, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auf den Mehrkosten oder mindestens einem Teil davon sitzen bleiben.

Dem Tatrichter ist es gemäß § 287 ZPO gestattet unter Hinzuziehung geeigneter Informationen, bspw. des Schwacke-Mietpreisspiegels, über die Höhe der tatsächliche "erforderlichen" Kosten für die Bereitstellung eines Mietwagens abzuwägen. Man ist also gut beraten, auch unter den ohnehin schon stark erhöhten Unfallersatztarifen nach günstigeren Angeboten zu suchen. Oft reicht aber schon das Vorhandensein einer Kreditkarte als Ausweis zum Abschluss eines weitaus günstigeren Standardmietvertrags. 

Zunehmend wird von Gerichten nach dem Grundsatz "...ob ein vernünftig und wirtschaftlich denkender Geschädigter unter dem Aspekt des Wirtschaftlichkeitsgebots zu einer Nachfrage nach dem günstigeren Tarif gehalten gewesen wäre!“ entschieden. Handelt der Betroffene nicht nach diesem Grundsatz, wird ihm der Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht vorgeworfen.

Die Rechtsanwaltskanzlei schutte.legal ist auf Verkehrsrecht spezialisiert. Jeder Verkehrsteilnehmer sollte bei anstehenden Problemen nichts dem Zufall überlassen und sich rechtlich beraten lassen.



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