Unmittelbare Krankmeldung nach eigener Kündigung erschüttert den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

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Das Bundesarbeitsgericht hat sich erneut mit dem Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung befasst. Nicht selten gibt es zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Streit darüber, ob der Arbeitnehmer tatsächlich krank ist, obwohl dieser eine Krankmeldung vorgelegt hat.

Grundsätzlich hat eine solche ärztliche Krankmeldung einen hohen Beweiswert. Wird darin eine Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers bescheinigt, dann wird zunächst zugunsten des Arbeitnehmers vermutet, dass dieser auch tatsächlich krank ist. Dasselbe gilt, wenn der Arzt das Vorliegen einer neuen Krankheit (sogenannte Erstbescheinigung) attestiert. In diesem Fall musste der Arbeitgeber Indizien vortragen, welche den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttern.

Bereits durch eine Entscheidung vom 11.12.2019 (Az 5 AZR 505/18) hat das BAG diesem Grundsatz entscheidend eingeschränkt. Legt der Arbeitnehmer nämlich direkt im Anschluss eines attestierten Krankheitszeitraum erneut eine Erstbescheinigung vor, dann soll zukünftig vielmehr davon ausgegangen werden, dass die vorherige Krankheit immer noch nicht ganz ausgeheilt war und damit ein sogenannter einheitlicher Verhinderungsfall vorliegt. Dieser würde dann nicht dazu führen, dass die Entgeltfortzahlung für den Arbeitnehmer für einen Zeitraum von maximal 6 Wochen erneut auflebt. Ein solcher Fall liegt dann vor, wenn zwischen einer „ersten“ krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit und einer dem Arbeitnehmer im Wege der „Erstbescheinigung“ attestierten weiteren Arbeitsunfähigkeit ein enger zeitlicher Zusammenhang besteht. Hiervon ist auszugehen, wenn die bescheinigten Arbeitsverhinderungen zeitlich entweder unmittelbar aufeinanderfolgen oder zwischen ihnen lediglich ein für den erkrankten Arbeitnehmer arbeitsfreier Tag oder ein arbeitsfreies Wochenende liegt.  In diesem Fall hat dann der Arbeitnehmer den Nachweis zu erbringen, dass die vorherige Krankheit tatsächlich komplett ausgeheilt war und es sich bei der weiteren Erkrankung um eine neue Erkrankung handelt, welche mit der vorherigen Erkrankung nichts zu tun hat. 

Nunmehr hat das BAG diese Rechtsprechung in einer weiteren Entscheidung vom 08.09.2021 (Az. 5 AZR 149/21) fortgeführt. der Entscheidung lag ein Fall zugrunde, bei welchem eine Arbeitnehmerin  innerhalb der Probezeit selbst mit Schreiben vom 08.02.2019 zum 22.02.2019 gekündigt hatte und gleichzeitig eine Krankmeldung vom 08.02.2019 bis zum 22.02.2019 vorgelegt. Der Arbeitgeber verweigerte die Entgeltfortzahlung, weil er ernsthafte Zweifel an der tatsächlichen Arbeitsunfähigkeit der Arbeitnehmerin hatte. Zu Recht, entschied das BAG, nachdem die Vorinstanzen der Klage zunächst stattgegeben hatten.  Denn nach der Auffassung des BAG begründet die gleichzeitige Einreichung einer Kündigung zusammen mit einer Krankmeldung ernsthafte Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit. Dies gelte insbesondere dann, wenn der Krankheitszeitraum genau mit der Kündigungsfrist übereinstimmt. Die Arbeitnehmerin hätte dann weiter darlegen müssen, dass sie tatsächlich krank war, was ihr offenbar nicht gelungen ist.

Damit führt das BAG die Tendenz seiner Rechtsprechung, dem Beweiswert von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bei besonderen Konstellationen einzuschränken, konsequent fort.



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