Untreue | Strafbarkeit | Anwalt

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Untreue

Untreue ist einer der zentralen Straftatbestände im Wirtschaftsstrafrecht und in § 266 StGB geregelt.

Im Kern begeht eine Untreue, wer das Vermögen eines anderen schädigt, obwohl ihm die Pflicht obliegt, dieses Vermögen zu betreuen. Die Verletzung dieser Vermögensbetreuungspflicht ist Voraussetzung für die Begehung der Untreue. Dem Täter droht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe.

Das Gesetz unterscheidet im Tatbestand der Untreue zwischen dem sog. „Missbrauchstatbestand“ und dem sog. „Treuebruchstatbestand“. In der Praxis wird aber zunehmend offen gelassen, welche der beiden Varianten vom Täter verwirklicht wurde. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass für beide Tatvarianten dieselbe Strafe droht. Sowohl für den Missbrauch, als auch für den Treuebruch wird dem Täter eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe auferlegt. Dem Gericht kommt es lediglich darauf an, dass der Angeklagte eine ihm obliegende Vermögenspflicht verletzt hat.

Dass sich dies in der richterlichen Praxis so etabliert hat, ist für den Angeklagten meist unbefriedigend, da er aus rechtsstaatlichen Gründen einen Anspruch darauf hat, zu erfahren, welche Alternative ihm zur Last gelegt wird.

Die beiden Alternativen unterscheiden sich in erster Linie nach der Art der Vermögenspflichtverletzung. Während für den Missbrauch verlangt wird, dass der Täter das Vermögen durch rechtsgeschäftliches Handeln verletzt, reicht für einen Treuebruch schon rein faktisches Handeln aus.

Vermögensbetreuungspflicht

Voraussetzung ist zunächst einmal, dass der Täter eine Vermögensbetreuungspflicht innehat. Unter einer Vermögensbetreuungspflicht versteht man eine Fürsorgepflicht für fremdes Vermögen von gewisser Bedeutung, deren wesentlicher Inhalt die Besorgung eines fremdnützigen Geschäfts mit eigenem Entscheidungsspielraum ist. Der Vermögensbetreuungspflichtige muss selbstständig handeln können, sodass ihm eine gewisse wirtschaftliche Bewegungsfreiheit zusteht. Als Indizien für die Vermögensbetreuungspflicht zieht die Rechtsprechung auch Dauer und Umfang der Tätigkeit heran. Eine solche Pflicht wird erteilt durch Gesetz (z.B. Eltern) behördlichen Auftrag (z.B. Inkassobeamte) oder durch Rechtsgeschäft (z.B. Rechtsanwalt).

Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht

Durch Missbrauch:

Der Täter missbraucht seine Pflicht, wenn er, die ihm eingeräumte, rechtliche Befugnis gegenüber einem Dritten, ohne Einverständnis des Vermögensinhabers, überschreitet und der Vermögensinhaber dadurch rechtlich verpflichtet wird.

Ein Missbrauch wird allgemein definiert als Überschreiten des rechtlichen Dürfens im Rahmen des rechtlichen Könnens.

Einfach gesagt bedeutet dies: Ich kann, aber ich darf nicht.

Beispiel:

Den Vertragsarzt trifft gegenüber der Krankenkasse eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB. Vergibt ein Vertragsarzt medizinisch nicht indizierte Rezepte, macht er sich wegen Untreue strafbar, wenn ihm bekannt ist, dass diese Leistungen nicht erbracht, aber gegenüber den Krankenkassen abgerechnet werden sollen.

Durch Treubruch:

Die Variante des Treuebruchstatbestandes knüpft nicht an die rechtliche Stellung des Täters zum Vermögen des Vermögeninhabers an und ist somit weiter gefasst als die Missbrauchsalternative. Der Treuebruch setzt voraus, dass der Täter tatsächlich die Möglichkeit hat, auf das fremde Vermögen einzuwirken. Der Treuebruchstäter muss beauftragt sein, die wirtschaftlichen Ziele des Geschäftsherrn durch Verwaltung, Verwendung oder Überwachung des Vermögens zu verfolgen.

Beispiel:

Den Gerichtsvollzieher trifft kraft Gesetzes eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber den Gläubigern. Zwar handelt der Gerichtsvollzieher hoheitlich und wird nicht als Vertreter des Gläubigers tätig. Die Zwangsvollstreckung dient aber den Gläubigerinteressen. Treibt der Gerichtsvollzieher Zahlungen von Schuldnern ein, ohne diese sodann an die Gläubiger weiterzuleiten, macht er sich im Sinne eines Treuebruchs wegen Untreue strafbar. Ein Missbrauch scheidet hier mangels rechtsgeschäftlicher Handlung aus.

Vermögensschaden

Beide Varianten erfordern stets den Eintritt eines Vermögensschadens. Dafür vergleicht man die Vermögenslage vor und nach der Tathandlung. Ein Schaden liegt vor, wenn die Minderung nicht durch ein entsprechendes vermögenswertes Äquivalent ausgeglichen wurde.

Vorsatz

Für die Strafbarkeit ist weiterhin erforderlich, dass der Täter vorsätzlich handelte. Für die Untreue muss er mindestens billigend in Kauf nehmen, seine Vermögensbetreuungspflicht zu verletzen und den Vermögensinhaber dadurch in seinem Vermögen zu schädigen.

Frühzeitige anwaltliche Beratung

Untreue ist ein Straftatbestand, der auf den ersten Blick sehr komplex und für den juristischen Laien nur schwer zu verstehen ist. Vor allem im Wirtschaftsstrafrecht machen sich die Strafverfolgungsbehörden den weiten Wortlaut zunutze und erheben in vielen Fällen recht schnell den Tatvorwurf der Untreue. In der juristischen  Fachliteratur wurde bereits die Frage aufgeworfen, ob es eine „Untreuemode“ geben würde. Beschuldigte, denen der Tatvorwurf der Untreue vorgeworfen wird, sollten sich schnell anwaltlich beraten lassen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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