Influencer | Werbung | BGH-Urteile | Rechtsanwalt erklärt

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Rechtsanwälte Dr. Burkhard Opitz-Bonse und Kian Fathieh

Der Bundesgerichtshof hat am 09.09.2021 gleich drei Fälle zum Thema Werbung auf Instagram entschieden. Geklagt hatte ein Verein, dessen Ziel unter anderem die Bekämpfung von unlauterem Wettbewerb ist, gegen drei Influencerinnen. Diese hatten sogenannte „Tap-Tags“ in ihren Beiträgen auf Instagram positioniert. Nutzer können durch diese Tap-Tags Informationen über ein Produkt erhalten, oder auch auf das Profil des Herstellers weitergeleitet werden. Der Wettbewerbsverein sah hierin eine unzulässige Schleichwerbung und klagte auf Unterlassung.

Der Bundesgerichtshof stellte fest, dass Verweisungen auf Produkte in Instagram-Beiträgen nur unter bestimmten Voraussetzungen als Werbung gekennzeichnet werden müssen.

Die schriftliche Begründung des Urteils steht noch aus (Stand: 21.09.2021), bisher liegt nur eine Pressemitteilung des Bundesgerichtshofes vor. Wir informieren Sie auf unserer Homepage zeitnah über die schriftlichen Urteilsgründe, sobald diese veröffentlicht worden sind.

Bei Gegenleistung muss Werbung kenntlich gemacht werden

Erhält der Beitragsersteller von dem Unternehmen, dessen Produkte im Beitrag behandelt oder getaggt werden, eine Gegenleistung, so muss der Beitrag als Werbung kenntlich gemacht werden. Der Bundesgerichtshof argumentiert hierzu, dass die Nichtkenntlichmachung des kommerziellen Zwecks bei Tap-Tags und Verlinkungen auf externe Websites von Herstellern bei Verbrauchern, die hiermit auf Social Media konfrontiert werden, geeignet sind, beispielsweise zu einer Kaufentscheidung zu bringen, die er ohne den Beitrag nicht getroffen hätte.

Erhält ein Influencer als Beitragserstersteller von einem dritten Unternehmen Gegenleistungen, so kann dies eine kommerzielle Kommunikation beziehungsweise Werbung darstellen, die eindeutig als solche gekennzeichnet werden muss. Da Influencer, die Waren, Dienstleistungen oder ihr eigenes Image auf Social Media vermarkten, nach Auffassung des BGH ein Unternehmen betreiben, finden auf sie auch wettbewerbsrechtliche Vorschriften Anwendung. Dies hat wiederum zur Folge, dass beispielsweise bei Verstößen gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG), von Influencern Beseitigung oder Unterlassung nach §§ 8 Abs. 1 Satz 1, Abs 3 Nr. 2, 3 Abs. 1, 5 a Abs. 6 UWG verlangt oder der Beitragsersteller abgemahnt werden kann. Macht ein Influencer Werbung, für die er eine Gegenleistung eines Dritten erhalten hat, nicht kenntlich, steht neben dem Verstoß gegen § 5 a Abs. 6 UWG noch ein Verstoß gegen § 3 a UWG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG sowie § 58 Abs. 1 Satz 1 RStV bzw. § 22 Abs. 1 Satz 1 MStV im Raum.

Kennzeichnung bei fehlender Gegenleistung

Hat der Beitragsersteller keine Gegenleistung von dem Dritten erhalten, dessen Produkte er bewirbt, kommt es für die Frage, ob der Beitrag als Werbung gekennzeichnet werden muss auf die Gesamtumstände an.

Geschäftliche Handlung

Damit überhaupt das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb zur Anwendung kommt, muss der Beitrag zunächst eine geschäftliche Handlung nach § 2 Abs. 1 UWG darstellen. Eine geschäftliche Handlung ist hiernach jedes Verhalten einer Person, durch das ein eigene oder ein fremdes Unternehmen einen Vorteil erhalten soll, indem der Absatz oder Bezug vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss gefördert wird.

Übertriebene Bewerbung

Eine solche geschäftliche Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens liegt laut Bundesgerichtshof nicht schon bei der bloßen Nutzung von Tap-Tags vor, wenn der Beitragsersteller keine Gegenleistung erhalte. Vielmehr müsse ein übertrieben bewerbender Gesamteindruck entstehen. Dies sei beispielsweise der Fall, wenn auf Unternehmenswebsites weitergeleitet werde oder ein Beitragstext die Vorteile eines Produktes hervorhebe, dass es an einer sachlichen Auseinandersetzung mit dem Produkt fehle. Liegt ein solcher Gesamteindruck vor, muss der Beitrag demnach als Werbung gekennzeichnet werden. Ergibt sich allerdings bereits aus den Gesamtumständen eines Beitrages sein kommerzieller Zweck, so liegt kein Irreführen durch Unterlassen der Kenntlichmachung von Werbung vor. Die Frage, ob sich der kommerzielle Zweck aus der Gesamtschau ergibt, muss jeweils im Einzelfall geklärt werden. Ein Verstoß gegen telemedienrechtliche Vorschriften in Verbindung mit anderen Normen scheidet aus, wenn der Beitragsersteller keine Gegenleistung erhält.

Abmahnung erhalten?

Nicht jede Abmahnung ist gerechtfertigt. Der Bundesgerichtshof hat in seinen Urteilen in vielen Punkten die Position von Influencern gestärkt. Wer wegen nicht kenntlichgemachter Werbung auf Social Media eine Abmahnung erhält, sollte sich daher unbedingt anwaltlich beraten lassen.

Gerade im Hinblick auf die Frage, ob sich aus den Gesamtumständen eines Beitrages bereits sein kommerzieller Zweck ergibt, ist jeweils vom Einzelfall abhängig und bedarf genauer Prüfung. Keinesfalls sollte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben werden, bevor mit einem Rechtsanwalt hierüber Rücksprache gehalten wurde.

Falsch: nach Erhalt einer Abmahnung einfach nichts zu tun

Falsch wäre es nach Erhalt einer Abmahnung nichts zu tun. Oftmals ist es für Betroffene nicht möglich selbst zu eruieren, ob überhaupt ein Unterlassungsanspruch besteht. Die Nichtreaktion auf eine Abmahnung mit der Aufforderung eine Unterlassungserklärung abzugeben, birgt die Gefahr, dass es zu einem gerichtlichen Verfahren kommt, was aus Kostengründen vermieden sollte

Niemals eine vorformulierte Unterlassungserklärung unterschreiben und zurückschicken ohne vorherige anwaltliche Beratung

Je nach Fallkonstellation sollte eine modifizierte strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abgegeben werden. Oftmals ist Betroffenen nicht bewusst, welche Risiken die Abgabe einer Unterlassungserklärung und ein darauf beruhender Unterlassungsvertrag zur Folge haben kann. Ein Unterlassungsvertrag, der infolge der Abgabe einer Unterlassungserklärung zustande kommen kann, bindet nach Ansicht des Bundesgerichthofes grundsätzlich länger als 30 Jahre.  Dieser sogar den Käufer eines Unternehmens als Rechtsnachfolger verpflichten. Die jeweiligen Ansprüche aufgrund von Verstößen gegen den Unterlassungsvertrag verjähren zwar, nicht jedoch der Unterlassungsvertrag.

Auf den folgenden Kanzleiseiten finden Sie weitergehende Informationen zum Thema Wettbewerbsrecht und zur strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung:

https://www.kanzlei-fathieh.de/Wettbewerbsrecht.html

https://www.kanzlei-fathieh.de/Unterlassungserklaerung.html

Zu der Frage was nach Erhalt einer Abmahnung mit der Aufforderung eine Unterlassungserklärung abzugeben zu ist, gibt es das folgende YouTube-Video der Kanzlei Fathieh:


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Rechtsanwalt Kian Fathieh
Foto(s): Kanzlei Fathieh

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