Unzulässige Erschwerung des Widerrufsrechts bei Aufrechnungsbeschränkung

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Der BGH bejaht mit dem Urteil vom 20.3.2018 (AZ: XI ZR 309/16) die Unzulässigkeit der AGB-Klausel einer Sparkasse, die besagt, dass der Verbraucher gegenüber der Bank nur insoweit mit unbestrittenen und rechtskräftigen Forderungen aufrechnen darf.

Der Rechtstipp wurde von der Mitarbeiterin der FÜRSTENOW Anwaltskanzlei, Frau Dastan, erstellt.

Sachverhalt der Entscheidung: unzulässige Aufrechnungsklausel in den AGB

Der Kläger, ein Verbraucherschutzverband, wendet gegen die in den AGB einer Sparkasse verwendeten Klausel:

„Nr. 11 Aufrechnung und Verrechnung

(1) Aufrechnung durch den Kunden

Der Kunde darf Forderungen gegen die Sparkasse nur insoweit aufrechnen, als seine Forderungen unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sind.“

Die Entscheidung des BGH: Aufrechnungsbeschränkung ist unangemessene Benachteiligung für Kunden

Mit dem Urteil wurde entschieden, dass die o. g. Klausel Gegenstand der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB sei, dem jedoch nicht standhält und folglich unwirksam sei. Somit ist der BGH von seiner vergangenen Rechtsprechung abgewichen, bei der Aufrechnungsbeschränkungen der Inhaltskontrolle nach § 309 Nr. 3 BGB standhielten. Zwar kann die Klausel dem Maßstab des § 309 Nr. 3 BGB standhalten, weil sie der Norm inhaltlich entspricht, aber die Unwirksamkeit erschließt sich weiterhin nach § 307 BGB. Die Klausel kann unter dem Anwendungsbereich der §§ 308, 309 BGB fallen, die Anwendbarkeit des § 307 BGB stehe dem aber nicht entgegen.

Das BGH begründet seine Entscheidung ferner damit, dass nach § 361 Abs. 2 BGB nicht von den gesetzlichen Regelungen über die Rechtsfolgen des Widerrufs nach den Vorschriften der §§ 355 ff. BGB (insbesondere § 355 Abs. 3 S. 1 BGB), soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden. Bei diesen gesetzlichen Vorgaben für das Widerrufsrecht spricht man vom halbzwingenden Recht zugunsten des Verbrauchers. Verstößt eine AGB zum Nachteil des Verbrauchers gegen (halb-)zwingendes Recht, so benachteiligt sie mit der Folge ihrer Unzulässigkeit unangemessen laut § 307 BGB.

Laut dem Urteil führt die Sparkassen-Klausel zu einer unangemessenen Benachteiligung der Verbraucher, da sie infolge der offenen Formulierung auch Forderungen beinhaltet, die dem Verbraucher im Rahmen des Rückabwicklungsverhältnisses entstehen und mit denen er gegen Ansprüche der Bank aufrechnen kann. Dies führt zu einer unangemessenen Erschwerung des Widerrufsrechts, die sich nicht rechtfertigen lässt.

Was bedeutet dies für Darlehensnehmer und Verbraucherdarlehensverträge?

Das Urteil des BGH ist für Verbraucher und Darlehensnehmer bedeutsam, weil die unzulässige Abweichung von § 361 BGB, welcher besagt, dass von den gesetzlichen Vorschriften zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden darf, eine unangemessene Benachteiligung für den Kunden darstellt (Erschwerung der Ausübung des Widerrufsrechts).

Da der Darlehensnehmer aufgrund einer solchen Formulierung durch die Bank eine solche Erschwerung seines Widerrufsrechts bzw. von seinem Widerrufsrecht abgehalten werden kann, sieht das BGH die Widerrufsbelehrung insgesamt als unzureichend. Eine unzureichende Widerrufsbelehrung hat zur Folge, dass die Widerrufsfrist nicht anfängt und das Widerrufsrecht fortbesteht.

Für die neuen Verbraucherdarlehensverträge ab dem 21.3.2016 gelten grundsätzlich Höchstfristen für das Widerrufsrecht sowie geänderte Voraussetzungen. Diese Regelung ist unter § 356b BGB zu finden, wobei zwischen Immobiliar- und Allgemein-Verbraucherdarlehen unterschieden wird. Demnach erlischt das Widerrufsrecht bei Immobiliar-Verbraucherdarlehen, die nach dem 20.3.2016 geschlossen wurden, spätestens 12 Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss bzw. nachdem der Verbraucher die Vertragsurkunde, den schriftlichen Antrag, erhalten hat. Danach erlischt das Widerrufsrecht nach Ablauf der o. g. Frist automatisch, auch wenn die Belehrung fehlerhaft war. Für Allgemein-Verbraucherdarlehen, die also weder durch Grundpfandrechte gesichert sind noch dem Erwerb einer Immobilie/eines Grundstücks dienen, gilt diese Frist jedoch nicht.

Wurden Verträge zwischen dem 11.6.2010 und dem 20.3.2016 abgeschlossen, so können diese bei unzureichender Widerrufsbelehrung oder aber bei Fehlen gesetzlich vorgeschriebener Pflichtangaben in einigen Fällen heute noch widerrufen werden. Ein Widerruf von Immobiliendarlehensverträgen, die bis zum 10.6.2010 abgeschlossen wurden, war nur bis zum 21.6.2016 möglich.

Anwendung auch bei Autokrediten

Von dem Widerrufsrecht sind auch Autokredite betroffen, wenn ein Autokauf über eine Bank finanziert wurde. Hier kann der Verbraucher den Autokauf rückgängig machen und das Fahrzeug zurückgeben. Betroffen können sowohl Diesel- als auch Benzinfahrzeuge sein. Bei dem Widerruf eines Autokredits handelt es sich um ein verbundenes Geschäft, da es sich auch auf den Kaufvertrag erstreckt. Hierbei muss das Auto an die Bank zurückgegeben werden. Es ist jedoch umstritten, ob bzw. in welcher Höhe die Bank einen Wertersatz für das Auto verlangen darf.

Einen Wertersatz konnte die Bank für Verträge noch vor dem 13.6.2014 verlangen. Berechnet wurde der Wertersatz so: Bruttokaufpreis mal Anzahl der gefahrenen Kilometer geteilt durch die übliche Gesamtlaufleistung in Kilometern ergibt den Nutzungsersatz bis zur Rückgabe.

Nach dem 13.6.2014 sollen die Banken nicht mehr die Berechtigung haben, einen Geldbetrag für die Nutzung des Fahrzeugs bei fehlerhafter Belehrung zu verlangen. Die Regelung bezüglich des Wertersatzes ist bis heute zwischen den Gerichten jedoch umstritten.

Bei der Rückabwicklung des Autokredits steht dem Käufer eine Rückzahlung etwaiger Anzahlung zu. Zudem muss die Bank sämtliche Zins- und Tilgungsleistungen zurückerstatten.

Obwohl einige Sparkassen und AGB-Banken die fehlerhafte Klausel nicht mehr verwenden, gibt es weiterhin zahlreiche Verträge mit unzulässigen Klauseln in der Widerrufsbelehrung. Ob ein Vertrag widerrufen werden kann, hängt somit von dem Zeitpunkt ab, wann der Vertrag abgeschlossen wurde. Gerne prüft Herr Fürstenow von der FÜRSTENOW Anwaltskanzlei, ob Ihr Vertrag von diesen unzulässigen Aufrechnungsklauseln betroffen ist und berät Sie gerne über Ihr Widerrufsrecht.



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