Urteil SG Wiesbaden:KdU-Konzept d. Jobcenter Limburg-Weilburg vom 01.01.2016-30.06.2017 rechtswidrig

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Häufig bewilligten die Jobcenter nur einen Teil der Kosten für Unterkunft und Heizung. Die vollständige Übernahme der KdU wird in diesen Fällen nach meiner Erfahrung meistens mit der Begründung abgelehnt, dass die Wohnung bzw. die Kosten für Unterkunft und Heizung nicht angemessen seien. Diesen Einwand der „Unangemessenheit“ stützen die Jobcenter in der Regel auf ein sogenanntes „schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen KdU“. 

Nach dem Urteil des Sozialgerichtes Wiesbaden vom 24.11.2017, Az. S 16 AS 1131/15, ist das von dem Jobcenter Limburg-Weilburg in der Zeit vom 01.01.2016 bis zum 30.06.2017 angewandte sogenannte „schlüssige Konzept zur Ermittlung der angemessenen KdU“ jedoch rechtswidrig, da es nicht den Anforderungen des Bundessozialgerichtes entspricht.

Das Sozialgericht Wiesbaden führt in diesem Urteil vom 24.11.2017, Az. S 16 AS 1131/15, weiter aus: 

„Steht wie vorliegend nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten zur Überzeugung des Gerichts fest, dass es nicht möglich ist, nachträglich ein schlüssiges Konzept zu erstellen, so sind nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die tatsächlichen Aufwendungen des Leistungsberechtigten bis zur Höhe der sich aus § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) ergebenden Tabellenwerte zu übernehmen (BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 18/09 R, Ran. 26 f.), wobei diese um einen abstrakt-generellen Sicherheitszuschlag von 10 % zu erhöhen sind (Urteil vom 22. März 2012 – B 4 AS 16/11 R, Rn. 22; Urteil vom 16. Juni 2015 – B 4 AS 44/14 R, Rn. 30).“

Dieses Urteil ist zwar noch nicht rechtskräftig, aber nach meiner Einschätzung dürfte schwerlich vollstellbar sein, dass das Landessozialgericht dieses sehr fundierte und in jeglicher Hinsicht äußerst überzeugende Urteil des Sozialgerichtes Wiesbaden wieder aufhebt. 

Seit dem 01.07.2017 gilt im Landkreis Limburg-Weilburg zwar ein neues „schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen KdU“, aber die darin als Angemessenheitsgrenzen angegebenen Werte entsprechen nach hiesiger Einschätzung noch nicht einmal ansatzweise den tatsächlichen Mietpreisen auf dem allgemeinen Wohnungsmarkt.

Die Rechtmäßigkeit des derzeit angewandten Konzepts dürfte daher aus meiner Sicht auch aufgrund der dynamischen Entwicklung der Mietpreise ebenfalls zweifelhaft sein.

Da es nicht selten vorkommt, dass über vorläufig bewilligte Leistungen erst nach 2 Jahren endgültig entschieden wird, könnte der abschließende Leistungsbescheid unter Umständen jetzt noch die Möglichkeit eröffnen, eine womöglich rechtswidrige KdU-Berechnung in einem Widerspruchsverfahren geltend zu machen. 

Ansonsten besteht die Möglichkeit, mit entsprechender Begründung für die Bewilligungszeiträume 2017 einen Überprüfungsantrag gemäß § 44 SGB X zu stellen. Ein solcher Antrag sollte jedoch noch vor Ablauf des Jahres 2018 gestellt werden, sofern die Bewilligungszeiträume 2017 überprüft werden sollen.


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