Verfall und Vererblichkeit von Urlaub und Urlaubsabgeltung?

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Sind Urlaubsansprüche am Ende des Kalenderjahres oder Ende März des kommenden Jahr wirklich verloren, wie es das Bundesurlaubsgesetz sagt? Und sind Urlaubsabgeltungsansprüche eigentlich vererblich?

Mit der letzten Frage beginnend: Sie ist wichtig für alle Erben – warum? Weil normalerweise ein Urlaub, der nicht mehr genommen werden konnte, vom Arbeitgeber abzugelten ist, sich also in einen Geldanspruch wandelt. Diesen Anspruch können auch die Erben geltend machen: Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass dies sogar dann gilt, wenn der Urlaub wegen Versterbens nicht mehr genommen werden konnte: Das gelte jedenfalls für den gesetzlichen Mindesturlaub und zwar immer (vgl. etwa BAG, 02.01.2019, 9 AZR 45/18). Bei dem Urlaub, der über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgeht, können die Parteien abweichende Regelungen vereinbaren. Auch durch einen Tarifvertrag ist das möglich. Aber bei Tarifverträgen wird sich derzeit kaum eine (wirksame) Regelung finden, weil man sich der Notwendigkeit einer differenzierenden Regelung erst seit der Entscheidung durch das Bundesarbeitsgericht bewusst ist.

Wenn man sich nun noch vor Augen hält, dass ein Urlaub auch nicht mehr verfällt, wenn er im Vorjahr nicht genommen wurde und der Arbeitgeber immer auf einen möglichen Verfall hinweisen muss (Mitwirkungspflicht des Arbeitgebers), kann schon ein ganz erheblicher Anspruch zusammenkommen. Dass eine solche Hinweispflicht besteht, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden.

Die Notwendigkeit eines solchen Hinweises besteht streng genommen seit dem Inkrafttreten des Bundesurlaubsgesetzes in 60er-Jahren. Seitdem konnte ein Urlaub also nicht mehr verfallen, wenn der Arbeitgeber auf den drohenden Verfall nicht ausreichend hingewiesen hat. Vertrauensschutz für den Arbeitgeber oder vielleicht Verjährung? Fehlanzeige. Beides greift nämlich nicht, wenn die Anwendung eines nationalen Gesetzes (aufgrund einer Vorlageentscheidung) für unionsrechtswidrig erklärt wurde. Genau das ist aber bei den Verfallsregelungen des Bundesurlaubsgesetzes geschehen. 

Die mögliche Folge: Für manchen Arbeitgeber kann das – auch und gerade in langjährigen laufenden Arbeitsverhältnissen – unter Umständen sehr teuer werden!

Ob das auch bei Langzeiterkrankungen so gilt, bleibt abzuwarten: Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm hat dem zwar in seiner Entscheidung vom 24.07.2019 (Az.: 5 Sa 676/19) eine Absage erteilt, weil ein Hinweis bei erkrankten Arbeitnehmern sinnlos wäre. Es stützt sich dafür auch auf eine gar nicht so alte Rechtsprechung des BAG. Diese Rechtsprechung aber ist ergangen, bevor vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) die unionsrechtliche Mitwirkungspflicht des Arbeitgebers angenommen wurde. Die Folge könnte deshalb sein, dass bei einem Fehlen dieses Mitwirkung des Arbeitgebers ein Urlaubsanspruch auch bei Langzeiterkrankungen wieder nahezu unbegrenzt ansammeln kann. 

Wichtig ist noch zu wissen: Endet ein Arbeitsverhältnis durch Tod oder Beendigung, bevor noch bestehende Urlaubsansprüche genommen wurden, so wandelt sich ein der Urlaubsanspruch zu einem Abgeltungsanspruch. Dieser so gewandelte Geldanspruch unterliegt aber "eigenen Regeln" und v. a. der Verjährung und den regelmäßig sehr viel kürzeren Fristen von sog. Ausschluss-/Verfallklauseln. Solche finden sich insbesondere im Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen. Hier heißt es: Keine Zeit mit der Geltendmachung verlieren!

Eine individuelle Rechtsberatung kann dieser Rechtstipp natürlich nicht ersetzen. Für weitere Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Wir freuen uns auf Sie!


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