Verjährung von Ansprüchen - Ist nach drei Jahren alles vorbei?

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Ist nach drei Jahren wirklich die Durchsetzung von Ansprüchen vorbei? Wir geben einen Überblick zur Verjährung und zur Möglichkeit der Verjährungshemmung.

Verjährung - Begriff

Durch die Verjährung verliert der Gläubiger nach Ablauf eines Zeitraums die Möglichkeit, seinen Anspruch gerichtlich durchzusetzen. Der Schuldner hat dann ein Recht, die Leistung zu verweigern, § 214 Abs. 1 BGB. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre, § 195 BGB. Diese beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste, § 199 Abs. 1 BGB.

Im BGB sind aber auch viele weitere Verjährungsfristen geregelt. So gibt es besondere Regelungen für die Verjährung im Kaufrecht (§ 438 BGB), im Werkvertragsrecht (§ 634a BGB) oder auch bei Rechten an Grundstücken (§ 196 BGB).

Verjährungshemmung

Es besteht die Möglichkeit der Verjährungshemmung. Dieser Zeitraum fließt nicht mit in die Verjährungsfrist mit ein. Es wird die Verjährung für einen Zeitraum gestoppt. Damit ist die Durchsetzung von Ansprüchen nicht immer nach drei Jahren im Fall der regelmäßigen Verjährungsfrist vorbei.

Verhandlungen

Gemäß § 203 BGB besteht eine Verjährungshemmung bei Verhandlungen. Das ist z.B. der Fall, wenn Käufer und Verkäufer in Verhandlungen stehen und der Verkäufer daraufhin die Kaufsache überprüft. Bis zur endgültigen Ablehnung des Anspruchs ist die Verjährung gehemmt.

Der Begriff der Verhandlungen ist weit auszulegen. Es genügt schon ein Austausch von Meinungen. Eine Verhandlung liegt auch dann schon vor, wenn einer der Parteien eine Erklärung abgibt, die der anderen Partei die Annahme gestattet, der Erklärende lasse sich auf Untersuchungen über die Berechtigung des Anspruchs ein (BGH, Urt. v.12.5.2011, Az. IX ZR 68/08). Ein einfaches Schreiben, dass Redebedarf besteht, reicht hingehen nicht aus.

Nach dem BGH (Urt. v. 15.12.2016, Az. IX ZR 58/16) führt die Wiederaufnahme abgebrochener Verhandlungen nicht zu einer auf den Beginn der Verhandlungen rückwirkenden Hemmung der Verjährung.

Rechtsverfolgung

Auch besteht die Möglichkeit der Hemmung in den Fällen des § 204 BGB.

  • § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB - Erhebung der Klage auf Leistung oder Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils
    Bei einer Erhebung der Klage tritt Verjährungshemmung hinsichtlich der Ansprüche ein, die ausdrücklich vom Klageantrag erfasst sind. Die Erhebung der negativen Feststellungsklage durch den Schuldner und die Verteidigung des Gläubigers dagegen bewirken keine Verjährungshemmung (BGH, Urt. v. 15.08.2012, Az. XII ZR 86/11).

  • § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB - Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls
    Dabei ist es irrelevant, ob der Kläger zunächst im Mahnverfahren nur den kleinen Schadensersatz geltend macht und später den Antrag ändert (BGH, Urt. v. 05.08.2014, Az. XI ZR 172/13). Eine außergerichtliche Mahnung hingegen begründet keinen Hemmungstatbestand. Legt der Schuldner nach Zustellung des Mahnbescheids Widerspruch ein, so können Sie in das Klageverfahren vor Gericht übergehen.

  • § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB - selbstständiges Beweisverfahren
    Auch besteht eine Verjährungshemmung bei einem selbstständigen Beweisverfahren. Ein solches bestand bei einem Beweisverfahren eines Auftragnehmers, der dieses durchführte, damit er die Abnahmereife und die Voraussetzungen für seinen fälligen Werklohn nachweisen konnte (BGH, Urt. v. 09.02.2012, Az. VII ZR 135/11).

  • § 204 Abs. 2 BGB - Beendigung der Verjährungshemmung
    § 204 Abs. 2 BGB ordnet an, dass die Hemmung sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens endet. Es läuft nun die restliche Verjährungsfrist weiter. Führen die Parteien das Verfahren nicht, so tritt die letzte Verfahrenshandlung an die Stelle der Verfahrensbeendigung.

Leistungsverweigerungsrecht

Weiterhin kann ein Leistungsverweigerungsrecht zu einer Hemmung der Verjährung führen, § 205 BGB. Typisches Beispiel ist der Leasingvertrag. Der BGH (Urt. v. 16.09.2015, Az. VIII ZR 119/14) formulierte dazu „Nach der Rechtsprechung des Senats folgt aus der gebotenen, nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung eines Leasingvertrages, dass der Leasingnehmer, dem der Leasinggeber unter Ausschluss einer mietrechtlichen Sachmängelhaftung die gegen den Lieferanten bestehenden kaufrechtlichen Sachmängelansprüche leasingtypisch abgetreten hat, bei Mängeln des Leasinggegenstands berechtigt ist, die Zahlung der Leasingraten vorläufig einzustellen, wenn er die ihm übertragenen Ansprüche und Rechte gegen den Lieferanten bei dessen Weigerung klageweise geltend macht (Senatsurteile vom 19. Februar 1986 - VIII ZR 91/85, BGHZ 97, 135, 141 ff.; vom 16. Juni 2010 - VIII ZR 317/09, NJW 2010, 2798 Rn. 19 f., 24 ff.; vom 13. November 2013 - VIII ZR 257/12, NJW 2014, 1583 Rn. 16).“ Damit besteht ein Leistungsverweigerungsrecht im Sinne des § 205 BGB.

Weitere Fälle der Verjährungshemmung

Zudem besteht Verjährungshemmung in Folgenden Fällen:

  • Höhere Gewalt, § 206 BGB

    • Bsp.: Schwerer Sturm oder Lawine, sodass eine Kommunikation erschwert möglich ist

  • Familiäre und ähnliche Gründe, § 207 BGB

  • Ansprüche wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung, § 208 BGB

Aktuelle Urteile zur Verjährung

Nach dem BGH (Urt. v. 10.02.2022, Az. VII ZR 365/21) sei im Dieselskandal bei Besitzern von Gebrauchtwagen, die erst im Jahr 2020 Klage einreichten, Verjährung des Anspruchs nach § 826 BGB eingetreten. Allgemeine Kenntnis von einer möglichen Betroffenheit des eigenen Kraftfahrzeugs genüge. Ansprüche nach § 852 S. 1 BGB bestehen nicht. In einem weiteren Urteil (Urteil v. 21.02.2022, Az. VIa ZR 8/21 und VIa ZR 57/21) entschied er, dass bei Käufern eines VW Neuwagen trotz Verjährung einen Entschädigungsanspruch nach § 852 S. 1 BGB haben. Dieser kann zehn Jahre nach dem Kauf des Fahrzeugs geltend gemacht werden.

Am 19.5.2022 urteilte der BGH (Az. VII ZR 149/21) weiterhin, dass Verzugsschadensersatz nach §§ 280, 286 BGB der regelmäßigen dreijährigen Verjährung. Dabei werden von der Verjährung auch solche Schadensfolgen erfasst, die im Entstehungszeitpunkt des Anspruchs voraussehbar waren.

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