Verlust der Staatsangehörigkeit wegen Vaterschaftsanfechtung?

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Die Staatsangehörigkeit eines Kindes hängt mitunter von der Staatsangehörigkeit des Vaters ab. Das kann bei der deutschen Staatsangehörigkeit der Fall sein, wenn die Mutter aus dem Ausland stammt, der Vater deutscher Staatsangehöriger ist.

Was passiert jedoch, wenn in einer solchen Konstellation der Vater seine Vaterschaft erfolgreich anficht? Kann das dazu führen, dass das Kind die Staatsangehörigkeit des Vaters verliert? Darüber entschied 2019 das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Urteil v. 17.07.2019, Az.: 2 BvR 1327/18).

Mutter aus Serbien, Deutscher erkennt Vaterschaft an 

Im Fall vor dem BVerfG klagte – vertreten durch seine Mutter – ein Mädchen. Die Mutter ist serbische Staatsangehörige. Ein deutscher Staatsangehöriger hatte kurz nach der Geburt des Mädchens 2004 die Vaterschaft anerkannt. So erhielt das Mädchen die deutsche Staatsangehörigkeit. Gut zwei Jahre später hatte der Mann dann jedoch die Vaterschaft erfolgreich angefochten. 

In der Folge wollte die Mutter für ihre Tochter festgestellt wissen, dass das Mädchen (noch) deutsche Staatsbürgerin ist. Diese Feststellung lehnten die Behörden aber ab: Die Vaterschaftsanfechtung habe auch dazu geführt, dass das Kind nicht mehr deutsche Staatsbürgerin sei. Denn diese Staatsbürgerschaft hätte das Kind nur wegen der Vaterschaftsanerkennung erhalten. Mit der erfolgreichen Anfechtung der Vaterschaft wäre auch die deutsche Staatsbürgerschaft hinfällig.

Gegen diese Behördenentscheidung klagte die Mutter für ihr Kind vor den Verwaltungsgerichten durch alle Instanzen. Letztlich legte sie gegen die Behördenentscheidung Verfassungsbeschwerde beim BVerfG ein. Die Entscheidung der Behörde verstoße gegen das Grundgesetz (GG). Art. 16 Abs. 1 S. 1 GG würde festlegen, dass die deutsche Staatsangehörigkeit nicht entzogen werden darf.

Vaterschaftsanfechtung: Entziehung der Staatsangehörigkeit? 

Das BVerfG gab dem Mädchen im Ergebnis Recht und verwies die Sache zur endgültigen Entscheidung an das BVerwG zurück. Grundsätzlich sei es – so die Richter – zwar möglich, dass die deutsche Staatsangehörigkeit in Folge einer erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung entzogen wird.

Als Grundlage für den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit in einer solchen Situation käme dann jedoch Art. 16 Abs. 1 S. 2 GG in Betracht. Nach dieser Vorschrift kann jeder die deutsche Staatsangehörigkeit gegen seinen Willen verlieren. Voraussetzung ist jedoch, dass der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit per Gesetz angeordnet ist und nicht in Staatenlosigkeit endet. 

Ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung kann die bloße erfolgreiche Anfechtung der Vaterschaft somit nicht den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit zur Folge haben.

Kind bekommt im Ergebnis Recht 

Im Fall, den das BVerfG zu beurteilen hatte, existierte im Jahr der Vaterschaftsanfechtung (2005) jedoch keine gesetzliche Vorschrift, in der eben das eindeutig geregelt war. Erst seit dem 12.02.2009 regelt § 17 Abs. 3 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) genau diesen Fall. Der Verlust der Staatsangehörigkeit nach dieser Norm setzt aber voraus, dass das Kind noch nicht seinen sechsten Geburtstag hatte.

Aus diesem Grund kamen die Richter zu dem Ergebnis, dass die Entscheidung der Behörde gegen geltendes Recht verstößt. Das BVerfG verwies deshalb die Sache an das letztinstanzliche Verwaltungsgericht – das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) – zurück, um erneut über den Fall zu entscheiden, unter Beachtung der Einschätzung des BVerfG.

Die Folgen des Urteils 

Das BVerfG hat eindeutig geklärt, dass eine erfolgreiche Vaterschaftsanfechtung den Verlust einer Staatsangehörigkeit des Kindes nur zur Folge haben kann, wenn das gesetzlich geregelt ist.

Da in Deutschland eine solche Rechtsvorschrift erst seit dem 12.02.2009 existiert, konnten erfolgreiche Vaterschaftsanfechtungen vor diesem Zeitpunkt nicht automatisch zum Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit führen. Bei Fällen nach dem 12.02.2009 führt die Anfechtung außerdem nur zum Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit, wenn das Kind nicht älter als fünf Jahre ist.

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