Vermögensschutz bei Übertragung von Immobilien

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Von Rechtsanwältin, Steuerberaterin und Fachberaterin für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.) Elisa Roggendorff (roggendorff@lfr-law.de)


Bei der Übertragung von Immobilien auf den Ehepartner oder die Kinder sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen. Je nach Lebenssituation können steuerliche, insolvenzrechtlich und sozialrechtliche Aspekte und Motive bei der Übertragung im Vordergrund stehen. Der nachfolgende Beitrag vermittelt einen grundsätzlichen Überblick:


1.         Aspekte des Steuerrechts

1.1 Übertragung des sogenannten Familienheim

Die Übertragung des sogenannten Familienheims ist steuerlich privilegiert. Soweit die Übertragung an den Ehepartner erfolgt, fällt unabhängig von der Größe der Immobilie weder Erb- noch Schenkungsteuer an. Im Todesfall gilt jedoch eine Frist zur Selbstnutzung von 10 Jahren. Die Zuwendung an die Kinder kann nur im Todesfall steuerfrei erfolgen. Begünstigt ist lediglich die Wohnfläche bis 200 m². Auch hier ist die 10 jährige Selbstnutzung Voraussetzung der Steuerfreiheit.

1.2 Steuerbefreiung bei Vermietungsobjekten

Die Übertragung von vermieteten Wohnimmobilien ist grundsätzlich in Höhe von 10 % schenkungsteuerlich begünstigt.

1.3 Übertragung gegen Nießbrauchvorbehalt

Nießbrauch gewährt ein lebenslanges, unveräußerliches Recht, die Früchte aus einem Wirtschaftsgut zu ziehen.

Zur Minderung der steuerpflichtigen Bemessungsgrundlage kommt die Nießbrauchbestellung sowie die Einräumung eines lebenslangen Wohnrechts in Betracht. Der Kapitalwert von lebenslänglichen Nutzungen und Leistungen nach § 14 Abs. 1 BewG wird mittels der vom BMF veröffentlichten Vervielfältiger auf Basis der Sterbetafel des Statistischen Bundesamtes errechnet. Verstirbt die Person, von deren Lebenszeit die Dauer der Nutzung / Leistung abhängt, innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach dem Besteuerungszeitpunkt (bis zu 10 Jahre, abhängig von deren Lebensalter), ist nach § 14 Abs. 2 BewG bei Lasten die Festsetzung der Steuer zu berichtigen und der Kapitalwert auf Basis der wirklichen Dauer der Nutzung / Leistung wie eine Zeitrente zu ermitteln. § 14 Abs. 2 BewG findet allerdings keine Anwendung soweit der gemeine Wert des Nießbrauchs über ein Sachverständigengutachten nach-gewiesen wird.

           

1.4 Übertragung unter Vorbehalt des lebenslangen Wohnungsrechts

Das dingliche Wohnungsrecht als Unterfall der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit bietet dem Übertragenden das Recht zur Nutzung eines Gebäudes oder eines Teils eines Gebäudes zu Wohnzwecken unter Ausschluss des Eigentümers, vgl. § 1093 Abs. 1 S. 1 BGB.

Die steuerliche Berücksichtigung eines Wohnungsrechts weist keine Abweichungen zu einer Nießbrauchsbestellung aus.


2.         Aspekte des Insolvenzrechts

2.1       

Insbesondere bei Unternehmern besteht das Bedürfnis das Vermögen vor dem grundsätzlichen Risiko der Privathaftung des Unternehmers zu schützen.

Grundsätzlich bietet das Recht der Gläubiger- und Insolvenzanfechtung dem Gläubiger den Zugriff auf die Gegenstände, die ursprünglich zum Schuldnervermögen gehörten.

Durch die erfolgreiche Anfechtung bleibt die Übertragung des Vermögens zunächst unberührt, die gläubigerbenachteiligende Wirkung wird jedoch rückgängig gemacht. In der Folge hat der Gläubiger einen Anspruch auf Rückführung des erlangten Gegenstandes zur Insolvenzmasse bzw. auf Gewährung von Befriedigung in den Anfechtungsgegenstand.

2.2       

Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte, § 3 Abs. 1 S. 1 AnfG, § 133 Abs. 1 S. 1 InsO. Bei der sog. Vorsatz- oder Absichtsanfechtung genügt jede den Gläubiger auch nur mittelbar benachteiligende Rechtshandlung. Erforderlich ist, dass der Schuldner mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehandelt hat. Auch zusätzliche, möglicherweise überwiegende andere Beweggründe, wie die Alterssicherung einer nahestehenden Person, schließen den Benachteiligungsvorsatz nicht aus.


2.3       

Anfechtbar ist nach § 3 Abs. 4 AnfG, § 133 Abs. 4 InsO auch ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (vgl. § 138 InsO) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den seine Gläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Bei der sog. Entgeltlichkeitsanfechtung wird nach der gesetzlichen Beweislastverteilung der Benachteiligungsvorsatz des Schuldners und die Kenntnis der nahestehenden Person vermutet, vgl. § 3 Abs. 4 S. 2 Var. 2 AnfG, § 133 Abs. 3 S. 2 Var. 2 InsO. Ein entgeltlicher Vertrag liegt grundsätzlich vor, wenn der Leistung des Schuldners eine wirtschaftlich ausgleichende Gegenleistung gegenübersteht. Verträge im Sinne des § 3 Abs. 4 AnfG, § 133 Abs. 4 InsO sind auch dingliche Verträge sowie Verträge aus den Bereichen des Familien-, Erb- und Gesellschaftsrechts. Die Entgeltlichkeitsanfechtung setzt stets eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung voraus und sieht eine Frist von zwei Jahren vor.


2.4       

Nach § 4 AnfG, § 134 InsO ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners innerhalb von vier Jahren anfechtbar, sofern es sich nicht um ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk von einem geringen Werts handelt. Die sog. Unentgeltlichkeitsanfechtung erfasst jede Rechtshandlung des Schuldners, die dazu dient, einen Gegenstand aus dem haftenden Vermögen des Schuldners zugunsten eines anderen – sei es auch nicht mit unmittelbar dinglicher Wirkung – zu entfernen. Dabei liegt Unentgeltlichkeit vor, wenn der Schuldner für seine Leistung keine wirtschaftlich ausgleichende Gegenleistung erhält. Objektiv geldwerte Gegenleistungen schließen die Unentgeltlichkeit aus. Entgeltlich ist ebenso die Erfüllung einer (vertraglichen oder gesetzlichen) Verbindlichkeit, selbst wenn die Schuld tatsächlich nicht besteht. Irrelevant ist grundsätzlich, ob die Beteiligten sich über die Unentgeltlichkeit geeinigt haben, so dass auch unbenannte oder ehebedingte Zuwendungen als Rechtshandlung erfasst werden. Es wird weder eine Benachteiligungsabsicht des Schuldners noch die Kenntnis des Anfechtungsgegners von der Zahlungsunfähigkeit vorausgesetzt. Bei gemischten Schenkungen ist das gesamte Rechtsgeschäft anfechtbar, gerichtet auf Rückgewähr der Leistung Zug um Zug gegen Erstattung der aus dem Vermögen des Beschenkten erbrachten Gegenleistung, es sei denn, der Anfechtungsgegner wendet die Rückgewähr durch anteiligen Wertersatz in Geld ab.


2.5       

Die Vereinbarung eines Nießbrauchs begründet grundsätzlich keine Entgeltlichkeit im Sinne der §§ 3 Abs. 4 AnfG, § 133 Abs. 4 InsO. Ein Nießbrauch ist pfändbar. Damit kann der Pfändungsgläubiger grundsätzlich ein leerstehendes Haus selber in Besitz nehmen, die Immobilie vermieten oder bei Vermietung die Erlöse vereinnahmen.


2.6       

Ein lebenslanges dingliches Wohnungsrecht hingegen ist als beschränkte persönliche Dienstbarkeit nicht übertragbar, belastbar und jedenfalls dann unpfändbar, wenn die Überlassung an Dritte nicht gestattet wurde, § 857 Abs. 3 ZPO iVm § 1092 Abs. 1 S. 2 BGB.


3.         Aspekte des Sozialrechts im Hinblick auf Pflegebedürftigkeit

3.1       

Grundsätzlich deckt das Pflegegeld die Kosten der Pflege. Kosten einer Wohnunterbringung werden nicht durch das Pflegegeld (bis zu max. EUR 901,00) abgedeckt. Abhängig von der Pflegestufe werden Pflegesachleistungen gewährt:

  •         Pflegegrad 1   EUR 125,00
  •         Pflegegrad 2   EUR 770,00
  •         Pflegegrad 3   EUR 1.262,00
  •         Pflegegrad 4   EUR 1.775,00
  •         Pflegegrad 5   EUR 2.005,00


Darüber hinaus hat der Pflegebedürftige das eigene Einkommen für die Pflege aufzuwenden. Soweit dies nicht ausreicht, um ein Unterbringung zu finanzieren, ist das eigene Vermögen zu verwerten. Ausweislich § 90 SGB XII ist zunächst

• festzustellen, ob verwertbares Vermögen vorhanden ist,

• danach, ob Ausschlussgründe vorliegt, weil sog. Schonvermögen besteht

• oder ob ein Fall besonderer Härte gegeben sein könnte.

Zu dem verwertbaren Vermögen zählen grundsätzlich neben Bargeld und Immobilien auch eigene Rechte mit Kapitalwert wie beispielsweise Nießbrauch- und Wohnrechte.


3.2        

Von der Verwertung sind solche Vermögenswerte, die § 90 Abs. 2 SGB XII ausdrücklich ausnimmt. Dazu gehören

  • Angemessener Hausrat
  • Erbstücke
  • Gegenstände die geistiger, insbesondere wissenschaftlichen und künstlerischen Bedürfnissen dienen
  • Ein angemessenes Hausgrundstück, welches zusammen mit einem Angehörigen bewohnt wird
  • Kleiner Barbeträge


3.3       Vermögensbegriff im Sozialrecht

Zum Vermögen des Pflegebedürftigen zählen grundsätzlich auch Wohnungsrechte und Nießbrauchs rechte. Grundsätzlich kann die Sozialkasse nur den Zahlungsanspruch nicht aber das Recht auf sich überleiten. Bei einem Vorbehaltsnießbrauch folglich die Erlöse aus der Vermietung, die als eigenes Vermögen zur Pflege eingesetzt werden müssen.

Im Falle eines Wohnungsrechts ohne Ausübungserweiterung besteht grundsätzlich kein Zahlungsanspruch.


3.4       Rückforderungsrecht wegen Verarmung

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass Schenkungen aus dem Rechtsgrund der Verarmung 10 Jahre zurückgefordert werden können. Jedoch kann das Sozialamt nur Ersatz bis zur Höhe des Wertes der Schenkung verlangen. Bei einem Vorbehaltsnießbrauch besteht keine gesicherte Rechtsprechung dazu, dass die 10 Jahres Frist bereits mit der Schenkung zu laufen beginnt.


Bei der Übertragung von Immobilien sind abhängig von den Bedürfnisses der Beteiligten und der jeweiligen Lebenssituation verschiedenste Aspekte zu beachten. Zu den dargestellten treten noch erbrechtliche Aspekte. Im Hinblick auf die Komplexität der verschiedenen Bereiche empfiehlt sich daher zunächst auf Basis einer Bewertung des zu übertragenen Vermögens eine sorgfältige Analyse der Ausgangslage und der Interessen der beteiligten Personen.

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