Virtuelle Hauptversammlung

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Virtuelle Hauptversammlung in 2022 - Rechtslage

Der Bundestag hat angesichts der ungewissen Fortentwicklung der Corona-Pandemie und daraus resultierender Versammlungsbeschränkungen auch im Jahr 2022 die Möglichkeit eröffnet, Gesellschafterversammlungen virtuell abzuhalten. In der Gesetzesbegründung führt der Gesetzgeber jedoch aus, dass von der virtuellen Hauptversammlung im Einzelfall nur dann Gebrauch gemacht werden sollte, wenn dies unter Berücksichtigung des konkreten Pandemiegeschehens und im Hinblick auf die Teilnehmerzahl der jeweiligen Versammlung erforderlich erscheint. Die Entscheidung, ob die Hauptversammlung in Präsenz oder virtuell abgehalten wird, liegt grundsätzlich im Ermessen des Vorstands. Einerseits sind die Interessen der Aktionäre an einer möglichst effizienten Wahrnehmung ihrer Rechte (Teilnahme-, Frage-, Auskunfts- und Rederechte) zu berücksichtigen. Andererseits sind die Risiken für die Gesundheit der Teilnehmer an der Hauptversammlung dagegen abzuwägen. Maßgebende Kriterien für die Entscheidungsfindung sind:

  • Die zwingend zu beachtenden öffentlich-rechtlichen Restriktionen (z. B. Versammlungsbeschränkungen, Hygienevorschriften, Abstandsregelungen, etc.);
  • Das konkrete Pandemiegeschehen und das daraus resultierende Gesundheitsrisiko. Dafür werden die einschlägigen Kennzahlen (wie z. B. die 7-Tage-Inzidenz, die Hospitalisierungsrate und die Impfquote) die wichtigsten Indikatoren sein.
  • Die erwartete Anzahl der teilnehmenden Aktionäre, die räumlichen Gegebenheiten des vorgesehenen Versammlungsraums, seine Be- und Entlüftungssituation und die Möglichkeit zur Nutzung von Ausweich- und Warteflächen im Außenbereich.
  • Die Möglichkeit teilnahmebegrenzender Maßnahmen, wie 2G- oder 3G-Teilnahmebedingungen;
  • Die formatbedingten Kosten der Durchführung sowie – je nach Zeitpunkt der Entscheidung und Stand der Vorbereitungsmaßnahmen – ggf. anfallende Stornobeträge.

Insbesondere mit Blick auf schleppende Impfquoten und derzeit steigende Inzidenzen erscheint es angebracht, konservativ zu planen. Die Ermessungsentscheidung ist zwar grundsätzlich auf den Tag der Einberufung auszurichten, jedoch dürfte für die Beurteilung, ob die Entscheidung zur Einberufung und Durchführung einer virtuellen Hauptversammlung ermessensfehlerfrei getroffen wurde, nicht der Zeitpunkt der Einberufung maßgeblich sein, sondern ein Zeitpunkt, der teils weit vor dem Tag der Einberufung liegt. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Anmietung eines möglichen geeigneten Versammlungsorts. Eine zusätzliche Herausforderung könnten die Zugangskontrollen darstellen. Eine reine 2G-Beschränkung könnte schwer durchsetzbar sein, sodass die Eingangskontrolle neben Impfausweisen auch Tests erfassen und/oder solche ggf. anbieten müsste. Durch eine Einbindung von Videobeiträgen, das Verlesen der Fragen durch einen Dritten, durch die Zulassung von Fragen während der Versammlung oder zumindest von Nachfragen auf vorab eingereichte Fragen könnten auch die durch eine virtuelle Abhaltung grundsätzlich eingeschränkten Aktionärsrechte ausreichend berücksichtigt werden.

Unerheblich ist jedenfalls, ob die zum Zeitpunkt der Entscheidungsfindung prognostizierten Verhältnisse am Tag der Einberufung oder am Tag der Hauptversammlung auch tatsächlich eingetreten sind. Eine bereits einberufene virtuelle Hauptversammlung muss nicht wieder abberufen und stattdessen als physische Versammlung neu einberufen werden, nur weil das Pandemiegeschehen dies nunmehr zulässt, etwa wenn auch in Deutschland ein sog. „Freedom Day“ ausgerufen würde, an dem sämtliche Corona-Beschränkungen enden.



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