Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt - aktuelle Problemfälle

  • 2 Minuten Lesezeit

Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Sozialversicherungsbeiträge vorenthält wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft (§ 266a StGB).

Die Vorschrift dient nicht nur dem Schutz einzelner Arbeitnehmer (BGH wistra 2005,458). Der Arbeitnehmer erleidet nämlich durch die Nichtabführung der Beiträge keine Nachteile in seinem Versicherungsschutz (vgl. MK-StGB Radtke § 266 a Rn 4).

Die Aufklärungsquote ist sehr hoch und lag in den vergangenen Jahren bei etwa 99 %. Das Delikt tritt in der Regel als begleitendes Delikt im Vorfeld einer Insolvenz auf.

Wann macht sich ein Vertreter des Arbeitgebers strafbar?

Handelt jemand als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft, so macht sich der Vertreter strafbar, wenn die Merkmale des gesetzlichen Tatbestands auch bei ihm vorliegen (§ 14 Abs. 1 Nr. 2 StGB). Der Bundesgerichtshof stellt hierzu im Beschluss vom 12.09.2012 – 5 StR 363/12 – fest:

„… An ihr Vorliegen sind – wie schon die ansonsten nicht zu rechtfertigende Gleichstellung mit Organen und Betriebsleitern (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 StGB) verdeutlicht – strenge Anforderungen zu stellen (vgl. auch Marxen/Böse in Nomos-Kommentar, StGB, 3. Aufl., § 14 Rn. 7 ff.). Mit der Beauftragung wird eine persönliche Normadressatenstellung des Beauftragten begründet, die ihm (strafbewehrt) die Erfüllung betriebsbezogener Pflichten überbürdet. Die bloße Einräumung von Leitungsbefugnissen reicht hierfür ebenso wenig aus wie die Einbeziehung in eine unternehmerische Mitverantwortung (Perron aaO Rn. 35; Marxen/Böse aaO Rn. 60). Entscheidend ist vielmehr, dass gesetzliche Arbeitgeberpflichten in die eigenverantwortliche Entscheidungsgewalt des Beauftragten übergehen (Bosch in Satzger/Schmitt/Widmaier, StGB, 2009, § 14 Rn. 16). Im Rahmen einer solchen Prüfung kann indiziell auch von Bedeutung sein, ob der Betrieb aufgrund seiner Größe überhaupt eine personelle Aufteilung der Verantwort-lichkeitsbereiche erforderlich macht.“

Kann auch ein lediglich „faktischer Geschäftsführer“ sich strafbar machen?

Liegen die Kriterien des vertretungsberechtigten Gesellschafters nicht vor, kann der der Vertreter wegen Beihilfe zu bestrafen sein. Die Stellung einer fachlich Vorgesetzten, die Ehefrau des Gesellschafters ist, ist hierfür nach Ansicht des 5. Strafsenats wegen Beihilfe strafbar. Der Bundesgerichtshof wendet die Rechtsfigur des „faktischen Geschäftsführers“ nämlich auch auf den Tatbestand des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt nach § 266a StGB an (BGH NStZ 2002, 547, 549).

Wie verhält es sich bei einem „Mini-Jobber“, der mehrere geringfügige Beschäftigungen hat?

Wird die Geringfügigkeitsgrenze insgesamt überschritten, besteht Sozialversicherungspflicht. Die Pflicht beginnt jedoch erst mit Festsetzung durch Bescheid und nicht bereits mit der Überschreitung (§ 8 SGB VI).

Den Arbeitgeber ist verpflichtet, sich beim Mini-Jobber nach anderen Beschäftigungsverhältnissen zu erkundigen (§ 8 Abs. 2 S. 4 SGB IV).

Der Verfasser, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht ist seit 2001 mit Schwerpunkt in der Strafverteidigung tätig. Er ist auch Dozent des Verbands Deutscher Anwälte (VdA) für Fortbildungen von Fachanwälten im Strafrecht.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Christian Steffgen

Beiträge zum Thema