Vorladung, Strafbefehl, Anklage Vorwurf Sexuelle Belästigung – Fachanwalt für Strafrecht

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Hier und da eine Berührung, das kann lästig sein – doch ist es auch strafbewehrte sexuelle Belästigung? 

Diese Frage wurde insbesondere nach der Kölner Silvesternacht und dem Beginn der Nein-heißt-nein Kampagne öffentlich diskutiert. 

Den meisten Menschen ist nicht ganz klar, wo und wann die Grenze zwischen einem harmlosen Flirt und sexueller Belästigung überschritten wird.  

Egal, in welcher Situation man sich befindet, der Vorwurf der sexuellen Belästigung kann zu schweren Einschränkungen in der Lebensführung sowie sozialen und auch beruflichen Problemen führen. Insbesondere am Arbeitsplatz werden derartige Vorwürfe immer öfter erhoben. 


Welche Strafe ist für sexuelle Belästigung zu erwarten? 

Wer einen anderen sexuell belästigt, wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn nicht die Tat in anderen Vorschriften des Abschnitts für Sexualstraftaten mit schwererer Strafe bedroht ist.

Demnach ist zunächst immer zu ermitteln, ob schwerwiegende Vorschriften wie u.a. der sexuelle Missbrauch einschlägig sind. 

Darüber hinaus kann sich auch eine Ordnungswidrigkeit gem. § 119 OWiG aus sexuell belästigenden Handlungen ergeben. Eine solche wird mit einem Bußgeld bis zu 10.000,00€ geahndet. 

Auch ist anzumerken, dass bei Verurteilung wegen sexueller Belästigung eine Eintragung im erweiterten Führungszeugnis erfolgt. Ein erweitertes Führungszeugnis wird u.a. bei Berufen im Umgang mit Kindern und Jugendlichen vom Arbeitgeber gefordert. Eine Eintragung im einfachen Führungszeugnis wird nur bei einer Strafe größer 90 Tagessätzen vorgenommen. 


Wann macht man sich wegen sexueller Belästigung strafbar?

„Hör auf, mich zu belästigen!“ Oder „das ist doch Belästigung!“ – hat das nicht jeder schon einmal gedacht? Doch ab wann gilt eine solche als sexuell? Und vor allem: Ab wann ist die sexuelle Belästigung strafbar?

Eine sexuelle Belästigung liegt vor, wenn eine Person eine andere in sexuell bestimmter Weise körperlich berührt und dadurch belästigt

Eine taugliche Tathandlung setzt somit eine Berührung voraus. Was jeder versteht, ist die Bedeutung des Begriffes Berührung. Oft unbekannt ist, dass diese Berührung nicht durch den eigenen Körper erfolgen muss. Auch eine Berührung durch Gegenstände reicht aus. 

Zum Beispiel: Schieben eines Lineals unter die Bluse, ggf. der Klaps mit dem Papierstapel auf den Po

Auch ist unerheblich, ob die Berührung unter oder über der Kleidung erfolgt.


Sexuelle Belästigung durch sexuell bestimmte Berührung einer Person

Die Berührung muss dabei sexuell bestimmt sein. Dabei kommt es darauf an, was eine neben der Situation stehende dritte Person von dem Geschehen halten würde. Hierbei kommt es auf den Gesamtkontext der Situation an. Eine Handlung muss also nach ihrem äußeren Erscheinungsbild objektiv einen Sexualbezug aufweisen. 

Zum Beispiel: 

Sexualbezug ist objektiv anzunehmen bei Berührung der Intimsphäre, der Geschlechtsorgane oder der weiblichen Brust, auch Küsse auf den Mund

Kein Sexualbezug bei nur rein subjektiv sexueller Motivation z.B. grundsätzlich bei Erregung durch Berührung der Füße einer anderen Person, 

Beachte: Nicht jeder Fall kann von Anfang an in schwarz oder weiß eingeteilt werden. So kommt es bei einem Wangenkuss oder dem Streicheln der Hand auf die weiteren Umstände an. 


Wann wird aus einer sexuellen Berührung eine sexuelle Belästigung?

Darüber hinaus muss die sexuell bestimmte Berührung bei der anderen Person zu einer Belästigung führen. 

Die Belästigung muss hierbei unmittelbar durch die Berührung erfolgen. 

            Also z.B. nicht: Eine Belästigung tritt erst durch das Auslachen Dritter ein 

Hierbei ist nicht irgendeine, sondern gerade eine sexuelle Belästigung erforderlich. Es muss sich bei der Berührung folglich um einen unerwünschten und nicht unerheblichen Eingriff in das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung handeln, der bei der berührten Person eine entsprechende negative Gefühlsempfindung von einigem Gewicht hervorruft. 

Zum Beispiel: Schock, Schrecken, Angst, Ekel, Abscheu, Entrüstung, Ärger oder Verletzung des Schamgefühls

Je weniger der Täter die charakteristische Distanz zum Opfer wahrt, desto größer ist das Gewicht dessen. Dies ist u.a. bei fehlender vorheriger Kommunikation oder Handlungen in der Öffentlichkeit gegeben. 

Indiz: Werden solche Handlungen grundsätzlich nur im Rahmen einer Beziehung vorgenommen? 

Wenn natürlich die berührte Person mit der Berührung einverstanden ist, scheidet eine sexuelle Belästigung selbstverständlich aus. Dies kann auch im Rahmen der Anbahnung einer Beziehung erfolgen. Eine Belästigung ist nicht gegeben, wenn die Person über die Berührung erfreut ist, die Berührung einfach nur Interesse, Vergnügen oder Verwunderung auslöst. 

Eine sexuelle Belästigung muss zudem eine gewisse Erheblichkeit aufzeigen. Das heißt, nicht jede körperliche Berührung ist gleich strafbar! 

Gerade um solche Nuancen zu erkennen und argumentativ gegenüber den Ermittlungsbehörden geltend zu machten, empfiehlt es sich, sich an einen spezialisierten und erfahrenen Fachanwalt für Strafrecht zu wenden.


Kann man sich durch Kommentare, bestimmte Aussagen wegen sexueller Belästigung strafbar machen?

Nein. Verhaltensweisen durch Worte oder Gesten, die wir umgangssprachlich als sexuelle Belästigung verstehen mögen zwar mangels körperlicher Berührung nicht unter § 184i StGB fallen. Diese können aber nach anderen Vorschriften trotzdem strafbewehrt sein. 


Wird jede sexuelle Belästigung strafrechtlich verfolgt?

Bei der sexuellen Belästigung handelt es sich gem. § 184i Abs. 3 um ein sogenanntes relatives Antragsdelikt. 

Das bedeutet die Strafverfolgungsbehörden werden eine entsprechende Tat grundsätzlich nur auf Antrag der geschädigten Person oder unter Umständen eines Dienstvorgesetzten verfolgen. Das Opfer (oder auch sein Rechtsanwalt) müssten einen Strafantrag bei der Polizei, der Staatsanwaltschaft oder beim örtlich zuständigen Gericht stellen oder diesen bei der Staatsanwaltschaft oder beim Gericht zur Niederschrift geben. 

Beachte: Ein Strafantrag kann nur innerhalb von drei Monaten gestellt werden, vgl. § 77b StGB

Die selbstständige Aufnahme von Ermittlungen durch die Strafverfolgungsbehörden wird nur erfolgen, wenn die Strafverfolgungsbehörden wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten halten.


Wie verhalte ich mich, wenn ich einer sexuellen Belästigung beschuldigt werde? 

Strafverfahren wegen Sexualdelikten bergen oft viele spezifische Rechtsfragen und auch die Beweislage unterliegt oft erheblichen Schwierigkeiten.

Sollten Sie einer sexuellen Belästigung beschuldigt werden, sollten Sie unverzüglich Hilfe eines erfahrenen Rechtsanwaltes aufsuchen.  

Ein Verfahren kann nicht nur zu einer Verurteilung, sondern auch zu Schmerzensgeldansprüchen führen. 

Es gilt: Machen Sie unverzüglich von ihrem Schweigerecht Gebrauch und kontaktieren Sie einen Anwalt!

Prozesse wegen sexueller Belästigung stellen zumeist eine Aussage gegen Aussage Situation dar. Auch hier bedarf es der Fachkenntnis über die Anforderungen im Umgang mit Aussage gegen Aussage Konstellationen im Sexualstrafrecht. 

Auch der Vorsatz zur Begehung einer sexuellen Belästigung oder das Überschreiten der Erheblichkeitsschwelle zur Strafbarkeit wegen sexueller Belästigung können Ansatzpunkte für eine Verteidigungsstrategie sein. 

Welche Verteidigungsstrategie gerade für Ihren Fall geeignet ist, erarbeitet Ihr Anwalt für Strafrecht für Sie.

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