Vorschäden beim Gebrauchtwagen

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Mit Urteil vom 12. März 2008 (VIII ZR 253/05) hat der Bundesgerichtshofs („BGH“) seine Rechtsprechung fortentwickelt und entschieden, dass bei einem Gebrauchtfahrzeug ein Sachmangel darin bestehen kann, dass es sich um einen Unfallwagen handelt (§ 434 BGB).

Der Fall

Der Kläger erwarb von der Beklagten, einer freien Kraftfahrzeug-Händlerin, im Mai 2004 einen etwa drei Jahre alten Gebrauchtwagen mit einer Laufleistung von rund 54.000 km zum Preis von 24.990 €. In dem Formularvertrag wurde die Rubrik "Unfallschäden lt. Vorbesitzer" mit "Nein" ausgefüllt. Die Beklagte hatte den Wagen ihrerseits mit entsprechender Maßgabe angekauft. Als der Kläger das Fahrzeug im August 2004 veräußern wollte, stellte sich heraus, dass es bereits vor dem Erwerb durch ihn einen Unfallschaden erlitten hatte, bei dem die Heckklappe eingebeult worden war. Der Kläger hat den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. Mit der Klage hat er Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs verlangt.

Entscheidung

Der BGH hat entschieden, dass der Unfallschaden an der Heckklappe ein Sachmangel ist, den Fall zur weiteren Entscheidung jedoch zurückverwiesen, da noch Tatsachenfragen der Klärung bedürfen.

Hinsichtlich der Entscheidung über die Sachmangelhaftigkeit haben die Parteien zwar keine positive Beschaffenheitsvereinbarung des Inhalts getroffen, dass das verkaufte Fahrzeug unfallfrei ist. Angesichts der Angabe "Unfallschäden lt. Vorbesitzer: Nein" konnte der Kläger nicht erwarten, dass die Beklagte in vertragsmäßig bindender Weise die Haftung für die Richtigkeit der Angabe übernehmen wollte. Andererseits kommt aber auch eine negative Beschaffenheitsvereinbarung des Inhalts, dass das Fahrzeug möglicherweise nicht unfallfrei ist, nicht in Betracht. Vielmehr ist die Frage eines möglichen Unfallschadens schlicht offen geblieben.

Ein Sachmangel liegt nach Ansicht des BGH allerdings bereits in der Eigenschaft des Fahrzeugs als Unfallwagen. Nach der Rechtsprechung des Senats kann der Käufer auch beim Kauf eines gebrauchten Kraftfahrzeugs, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB erwarten, dass das Fahrzeug keinen Unfall erlitten hat, bei dem es zu mehr als "Bagatellschäden" gekommen ist. "Bagatellschäden" sind bei Personenkraftwagen nur ganz geringfügige, äußere (Lack-)Schäden, nicht dagegen andere (Blech-)Schäden, wie sie hier vorliegen, auch wenn sie keine weitergehenden Folgen haben und der Reparaturaufwand nur gering ist. Ob das Fahrzeug nach dem Unfall fachgerecht repariert worden ist, ist insoweit ohne Bedeutung.

Dem Rücktritt des Klägers steht auch nicht entgegen, dass er die Beklagte nicht unter Fristsetzung zur Nacherfüllung durch Nachbesserung aufgefordert hat, denn der Mangel, der in der Eigenschaft des Fahrzeugs als Unfallwagen liegt, ist nicht behebbar (§ 326 Abs. 5 BGB).

Die Kläger hatte zuvor in der ersten Instanz erfolg, war aber in der zweiten Instanz unterlegen.


Fazit:

Bei einem Kaufvertrag über einen Gebrauchtwagen sollte eine eindeutige Formulierung hinsichtlich der Vorschäden des Fahrzeuges getroffen werden, denn im Falle eines später entdeckten Vorschadens geht eine fehlerhafte bzw. unterbliebene Erklärung nach der BGH-Rechtsprechung eindeutig zu Lasten des Verkäufers. Da eine Nachbesserung des Sachmangels nicht möglich ist kann der Erwerber ohne weiteres zurücktreten. Hierbei ist insbesondere § 475 Abs. 1 Satz 1 BGB zu beachten, wonach sich der Verkäufer bei Verbrauchsgüterkaufverträgen auf einen Ausschluss des Mängelhaftung im Kaufvertrag nicht berufen kann.

Der Käufer ist nach der BGH-Rechtsprechung allerdings nicht zum Rücktritt berechtigt, wenn nach fachgerechter Reparatur des Schadens ein merkantiler Minderwert von weniger als 1% des Kaufpreises verbliebe.


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21. April 2008


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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