Vorschäden im Rahmen der Unfallregulierung

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Trotz kleinerer mit dem Unfall nicht kompatibler Vorschäden kann Ersatz im Rahmen der Unfallschadenregulierung möglich sein.

Im konkreten Fall hatte sich ein Verkehrsunfall zwischen einem VW Transporter und einem VW Golf ereignet. Die Fahrerin des VW Golf hatte Schuld. Der Schaden am VW Transporter war ein Streifschaden auf der rechten Seite, der gutachterlich festgestellt und beziffert worden war. Dann hatte der Haftpflichtversicherer festgestellt, dass am VW Transporter vor dem Unfall schon ein nicht behobener Vorschaden an der rechten Schwellerunterkante vorlag. Diese passte nicht zum Anstoßpunkt mit dem VW Golf. Der gegnerische Haftpflichtversicherer wollte nicht nur nicht zahlen, sondern behauptete überdies, es habe sich um einen manipulierten Unfall gehandelt.

Der Eigentümer des Transporters klagte daraufhin vor dem Landgericht, das ein Gutachten einholte und danach die Klage des Transporter-Eigentümers vollständig abwies. Das Landgericht hatte die Klageabweisung damit begründet, dass nach der Beweisaufnahme feststehe, dass im Schadensbereich ein Vorschaden in Form von zwei Einkerbungen an der Schwellerunterseite vorhanden gewesen sei. Dieser stamme nicht vom Unfall mit dem VW Golf.

Der Transporter-Eigentümer ging in Berufung.

Das OLG Frankfurt am Main gab der Klage schließlich weitgehend statt:

Liegt bei einem älteren, gewerblich genutzten VW-Transporter im Bereich der Kollisionsstelle ein kleiner abgrenzbarer Vorschaden vor, kann unter Umständen dennoch für die kompatiblen Schäden Ersatz verlangt werden. Das ist der Fall, wenn es sich um einen kleineren Schaden handelt, der durch Gebrauch entstehen kann und deshalb nicht zwingend dem Geschädigten vor dem Unfall aufgefallen sein muss, weshalb er diesen Vorschaden nicht angab.

Für den Nachweis eines verabredeten oder provozierten Unfalls fehle es an belastbaren Indizien. In Bezug auf die Frage, ob trotz des unstreitig bestehenden Vorschadens Schadensersatz zu leisten sei, entschied das Oberlandesgericht wie folgt:

Die Auffassung des in erster Instanz mit dem Fall befassten Landgerichts stünde zwar im Einklang mit der vorherrschen Rechtsprechung, wonach es auch für zuzuordnen Schäden keinen Ersatz gebe, wenn feststehe, das nicht sämtliche geltend gemachte Schäden auf das Unfallereignis zurückzuführen seien.

Auf der anderen Seite werde jedoch auch die Ansicht vertreten, dass obwohl inkompatible Schäden vorhanden sind, für kompatible Schäden unter Umständen Ersatz zu leisten sei. Ein solcher Fall sei hier entgegen der Einschätzung des Landgerichts anzunehmen. Die Vorschäden nicht anzugeben, sei nicht einmal fahrlässig.

(OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 10.9.2015 - 22 U 150/14)


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