Vorsicht bei Erben und Vererben in Spanien

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Vorsicht bei Erben und Vererben in Spanien

Das Erbrecht bei grenzüberschreitenden Nachlassfällen ist, die EU betreffend, durch die Europäische Erbrechtsverordnung (ErbRVO) durcheinander gebracht worden, die auf alle Todesfälle seit dem 15.8.2015 anzuwenden ist. Mit ihr wurde der alte Grundsatz verlassen, dass im Todesfall das Recht des Staates anzuwenden ist, dem die verstorbene Person angehörte, also bei einem deutschen Staatsangehörigen deutsches Erbrecht gilt. Stattdessen gilt nun das Recht des Staates, in dessen Hoheitsgebiet der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen „gewöhnlichen Aufenthalt“ hatte. In Brüssel nahm man an, mit der Erbrechtsverordnung europaweit die Nachlassangelegenheiten zu erleichtern. In meiner Erfahrung ist dies aber leider nicht der Fall. Schon der Begriff des „gewöhnlichen Aufenthaltes“ macht große Schwierigkeiten in der Praxis.

Ich habe den neuen Problemen bereits einige Artikel gewidmet, die in spanischer Presse veröffentlicht wurden. Die neu geschaffene Situation ist vor allem für jene im Ausland lebenden Personen gefährlich, die nicht einmal ein Testament machen, weil sie davon ausgehen, auch so würde alles seinen Gang nehmen, wie sie es aus den deutschen Gesetzen kennen. Aber auch jene, die durchaus ein Testament gemacht haben, können nicht sicher sein, dass dies nun nach Ihrem Tode eins zu eins umgesetzt wird. Dies soll hier anhand eines praktischen Falles erläutert werden.


Der Sachverhalt

Der deutsche Ex-Hoteldirektor A lebte nach 2 gescheiterten Ehen  nun seit Jahren in der Provinz Alicante mit seiner Lebenspartnerin Carmen zusammen, ohne erneut zu heiraten. Im Jahre 2014 hat er seinen Nachlaß geregelt: seine Lebenspartnerin  sollte seine Universalerbin werden.  Er ging sogar zu einem spanischen Notariat, wo er im Herbst 2014 ein enstprechendes Testament aufsetzte.  Er erwähnt dabei seine einzige Tochter Gabriele aus der ersten Ehe, fügt aber hinzu, dass diese bereits abgefunden wurde durch eine Immobilie in den USA, die er ihr überschrieben hatte. Die Notarin fügte im Testament sicherheitshalber dazu, dass sein Wunsch, alles alleine Camen  zu hinterlassen,  die möglichen Pflichtteilsansprüche der Tochter nach deutschem Recht nicht berühre (über die dann im Todesfall zu befinden seien).

A starb ein Jahr später, im Oktober 2015. Die Lebenspartnerin Carmen ging mit dem Testament zu einem spanischen Notar und nahm die Erbschafts als alleinige Erbin an. Danach sollten die Inmobilien entsprechend auf sie umgeschrieben werden, die A ihr hinterlassen hatte, aber da begannen die Schwierigkeiten. Das Grundbuchamt lehnte die Umschreibung ab.  Carmen protestiert -  Ihr Lebenspartner hatte doch alles klar geregelt, oder?


Die rechtliche Bewertung

Nein, leider war nicht alles klar geregelt.  Es fehlte die eindeutige Bestimmung im Testament, welches Recht anwendbar sein sollte.  Und so entschied die übergeordnete Behörde dann ganz anders, als Carmen erwartet hatte:   Sie könne die Immobilien nicht einfach übernehmen und auch die Erbannahme vor dem spanischen Notar sei ungültig.  Die Tochter habe auch Rechte am Nachlass und zwar nach spanischem Recht.  Und nach spanischem Recht sei es auch nicht nur ein Anspruch auf einen bestimmten Geldbetrag, der sich aus dem Wert des Nachlasses. errechne, wie dies beim deutschen „Pflichtteil“  der Fall ist. Deswegen hätte die Tochter notwendigerweise mitwirken müssen bei der Erbannahme, und Lebenspartnerin und Tochter hätten sich dann einigen müssen über die Verteilung der Erbschaft. Die Behörde begründete dies wie folgt: Obwohl bei der Erstellung des Testaments die ErbRVO noch nicht in Kraft getreten war,  war sie doch seit 2012 schon erlassen  und man wußte in 2014 also auch schon, dass sie im Sommer 2015 in Kraft treten würde und bei einem Todesfall danach nicht mehr automatisch das nationale Recht des Verstorbenen gelten würde, sondern im Zweifel das Recht des Landes, in dem er lebte (gewöhnlicher Aufenthalt).  Um das zu vermeiden, hätte der Erblasser vor dem spanischen Notar klar ausdrücken müssen, dass er deutsches Erbrecht angewendet haben wollte. Das habe er aber nicht getan und auch der Sicherheitsinweis der Notarin ändere daran nichts. Also sei spanisches Recht anwendbar.


Die Entscheidung

Die obige Schilderung ist nachgebildet einem Fall, der in der Provinz Alicante spielte und am 10.4.2017 entscheiden wurde von der Gerneraldirektion der Register und Notariate (DIRGRN)

Diese Entscheidung aus 2017 hat eine große praktische Relevanz, denn viele Betroffene mögen glauben, dass sie alles gut geregelt hätten, da sie sogar ein Testament vor einem spanischen Notar gemacht  haben.   Der Fall zeigt aber, dass man sich diese „alten“ Testamente noch einmal gut anschauen oder von einem Anwalt überprüfen lassen  sollte, sonst kommt es nach dem Tode doch ganz anders, als man eigentlich wollte.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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