Vorteile für Vereine durch die Möglichkeit Sonderbeiträge erheben zu dürfen

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Welcher Verein kennt es nicht? Auf einmal ist das Dach des Vereinsheims kaputt, es müssen neue Sportgeräte oder Uniformen beschafft werden, es bahnt sich ein Rechtsstreit mit erheblichen Kostenrisiken an oder ein großes Event musste kurzfristig abgesagt werden und auf einmal kommen hohe Kosten auf den Verein zu. Sofort fängt die Diskussion an … „wie sollen wir das Ganze jetzt auf einmal bezahlen?“ Neben den „klassischen Möglichkeiten“, wie das Beantragen von Fördergeldern, des Bilden zweckgebundener Rückstellungen oder der Aufruf zu Spenden, stehen Vereinen weitere Möglichkeiten zur Verfügung.


Eine Möglichkeit, um relativ kurzfristig zusätzliche Gelder „flüssig machen“ zu können, sind sogenannte Sonderbeiträge, bzw. Umlagen gegenüber den einzelnen Mitgliedern des Vereins. Von einem Sonderbeitrag, bzw. einer Umlage spricht man, wenn die Mitglieder durch den Verein über ihre reguläre Beitragspflicht hinaus, zu einer außerplanmäßigen Zahlung oder Leistung verpflichtet werden. D. h., bestehende Verbindlichkeiten, wird etwa Vereinsschulden aus der Reparatur oder Sanierung eines Daches des Vereinsheims, können diese Kosten durch Sonderbeiträge, bzw. Umlagen auf alle Mitglieder umgelegt werden, wodurch der Verein z.B. keinen Kredit mehr bei einer Bank aufnehmen muss.


Viel interessanter für Vereine dürfte jedoch die bloße Möglichkeit sein, grundsätzlich Sonderbeiträge, bzw. Umlage von ihren Mitgliedern erheben zu können. Denn diese Möglichkeit eröffnet insbesondere bei der Beantragung von Fördermitteln gewisse Spielräume in der Finanzplanung, die einem Verein beim Geld sparen helfen können.


Möchte etwa ein gemeinnütziger Sportverein das Dach seines Vereinsheims erneuern, weil dieses über die Jahre undicht und marode geworden ist, stehen ihm hierfür unterschiedliche Fördertöpfe zur Verfügung. So kann er z.B. einen Zuschuss zu den Baukosten aus Landesmitteln der Sportförderung beantragen, welche über die Landessportbünde oder Kreis-/Stadtsportbünde vergeben werden. Daneben bieten Kommunen und Gebietskörperschaften auch regionale Förderprogramme im Rahmen der Sportförderung an, aus denen gegebenenfalls noch zusätzlich Mittel beantragt werden können. Möchte der Verein das Dach nicht nur instandsetzen, sondern bei dieser Gelegenheit gleich auch noch eine neue Wärmedämmung verbauen oder eine Photovoltaikanlage montieren, kommen möglicherweise auch noch Fördertöpfe für energetische Sanierungen, wie z.B. eine Förderung durch die KfW, in Betracht.


Die jeweiligen Förderbedingungen enthalten jedoch regelmäßig Bestimmungen, dass eine Förderung nur gewährt werden darf, wenn die Finanzierung für die Maßnahme sichergestellt ist und vom jeweiligen Verein ein gewisser Eigenanteil getragen wird. Der zu leistende Eigenanteil und die Sicherstellung der Finanzierung, sind bei der Beantragung der Fördermittel in der Regel durch die Vorlage eines Finanzplans nachzuweisen. Kann der Verein die Baumaßnahme nicht vollständig aus eigenen Mitteln bezahlen und muss hierfür einen Kredit aufnehmen, ist dies im Finanzplan darzustellen. Die Zusicherung des jeweiligen Kreditinstituts über die entsprechende Kreditsumme, muss dann zusammen mit dem Förderantrag vorgelegt werden.


In der Praxis stellt dies Vereine, die Fördermittel aus mehreren Fördertöpfen beantragen wollen, schnell vor große Herausforderungen. Denn auch wenn man Fördermittel beantragen kann, heißt dies noch lange nicht, dass die entsprechenden Fördermittel auch bewilligt werden. D. h., ein Vorstand der seine Sache ernst nimmt, muss von vornherein mit unterschiedliche Kostenkalkulationen arbeiten. So bekommt er etwa im schlechtesten Fall gar keine Förderung und muss die ganze Maßnahme, wie z.B. die Dachsanierung, aus „eigener Tasche“ bezahlen. Verfügt er nicht über die notwendigen Rücklagen muss er dementsprechend einen eher höheren Kredit aufnehmen. Im besten Fall werden dem Verein alle Fördermittel bewilligt und er verfügt noch über so viele eigene finanzielle Mittel, dass er den Eigenanteil vollständig aus eigenen Mitteln erbringen kann, so dass er auf die Aufnahme eines Kredites ganz verzichten kann. Regelmäßig wird der Verein aber nur einen Teil der beantragten Fördermittel bewilligt bekommen, weshalb sich erst nach dem Abschluss der Vergabeverfahren der Fördermittel zeigt, ob und in welcher Höhe ein Kredit benötigt wird.


In diesem Spannungsfeld kann die bloße Möglichkeit eines Vereins gegenüber den eigenen Mitgliedern Sonderbeiträge, bzw. Umlagen erheben zu können, in mehrfacher Hinsicht ein sehr nützliches „Tool“ sein. Denn Sonderbeiträge, bzw. Umlagen können zum einen direkt als eigene Mittel in den Finanzierungsplänen berücksichtigt werden, welche mit den Förderanträgen vorgelegt werden müssen. Sollte sich der tatsächliche Finanzbedarf aufgrund der bewilligten Fördermittel dann als niedriger herausstellen, als im „Worst Case“ kalkuliert, können die Sonderbeiträge, bzw. Umlagen entsprechend niedriger ausfallen, bzw. im besten Fall sogar ganz auf sie verzichtet werden. Sie bieten also nicht nur eine gewisse Flexibilität bei der Kalkulation des eigenen Finanzbedarfs, sondern können auch hier wiederum als für den Verein „günstige“ Finanzierungshilfe verwendet werden. Denn zum einen kann der Verein insofern entlastet werden, dass er gerade keinen Kredit zurückzahlen muss. Zum anderen können Sonderbeiträge, bzw. Umlagen aber auch zur Minderung der finanziellen Lasten eines Vereins durch Kreditzusagen beitragen.  Denn will sich ein Verein ein Darlehen von einer Bank bewilligen lassen, welches er in Zukunft nur vielleicht oder nur in Höhe eines Teils der bewilligten Summe abrufen möchte, werden Banken sich diese Zusagen häufig in Form von Bereitstellungsprovisionen oder Bereitstellungszinsen vergüten lassen, die sich prozentual nach dem Gesamtbetrag der Kreditzusage berechnen. Beantragt der Verein von Anfang an aber nur einen Kredit bei der Bank in einer geringeren Höhe, bzw. in der Höhe in welcher er den Kredit später auch in jedem Fall abrufen möchte, reduzieren sich auch die mit der Kreditzusage verbundenen Kosten.


Zudem kann der Möglichkeit eines Vereins gegenüber seinen Mitgliedern Sonderbeiträge, bzw. Umlagen erheben zu dürfen, auch die nicht zu unterschätzende Funktion eines Kreditsicherungsmittels zukommen. Möchte ein Verein z.B. eine Baumaßnahme über einen Kredit finanzieren, wird die Bank das Kreditausfallrisiko des Vereins bewerten und in die für den Kredit anfallenden Zinsen mit „einpreisen“. D. h., stehen einem Verein im Zweifel nur die eigenen regelmäßigen Mitgliedsbeiträge zur Verfügung, um einen Kredit abzuzahlen, hat er dann auch nur ein gepachtetes Grundstück und keine sonstigen Einnahmen, aus denen er Gewinne erwirtschaftet, wird eine Bank wegen der geringen Sicherheiten eher einen hohen Zinssatz vereinbaren wollen. Hat der Verein aber die Möglichkeit, dass wenn es einmal mit der Rückzahlung des Kredits „eng werden“ sollte, Sonderbeiträge, bzw. Umlagen erheben kann und dadurch den Kredit zu tilgen, kann eine Bank dies evtl. als zusätzliches Sicherungsmittel bewerten. Bewertet die Bank das Ausfallrisiko des Vereins aufgrund der höheren Sicherheiten als geringer, kann dies auch einen positiven Effekt auf den von der Bank für den Kredit geforderten Zinssatz haben. D. h., auch hier kann die reine Möglichkeit des Vereins, Sonderbeiträge, bzw. Umlagen erheben zu dürfen, zu einer Verringerung der Kostenlast des Vereins durch Kreditzinsen beitragen.


Wollen Sie Ihrem Verein ebenfalls die Möglichkeit einräumen, Sonderbeiträge, bzw. Umlagen erheben zu dürfen, gibt es hierbei einige Punkte, die Sie beachten sollten:


1. schaffen Sie hierfür eine Grundlage in Ihrer Vereinssatzung


Bei der Beitragspflicht der Mitglieder handelt es sich um eine originäre Mitgliederpflicht. Mitglieder müssen aber zu ihrem Schutz erkennen können, welche Pflichten mit einer Mitgliedschaft im Verein auf Sie zukommen. Dies gilt auch für die Frage, ob und in welchem Umfang Mitgliedsbeiträge durch die einzelnen Mitglieder geschuldet sind (vgl. § 58 Nr. 2 BGB). Sollten Sie daher zusätzliche Sonderbeiträge oder Umlagen erheben wollen, ist dies in Ihrer Vereinssatzung mit aufzunehmen. Ohne eine entsprechende Bestimmung in Ihrer Vereinssatzung können Sonderbeiträge, bzw. Umlagen nur unter ganz engen Voraussetzungen erhoben werden (siehe hierzu Ausführungen unter Ziff. 4 unten).


Sonderbeiträge, bzw. Umlagen stellen Mitgliedsbeiträge im weiteren Sinne dar. Sie dürfen daher nur zur Erfüllung von Vereinszwecken verwendend werden und nicht allgemein zur Förderung der Interessen des Vereins (z.B. Erhebung einer Umlage von den Mitgliedern, gegen Aushändigung eines Verzehrbons, der in der verpachteten Vereinsgaststätte eingelöst werden kann, um den Pächter der Vereinsgaststätte vor einer Insolvenz zu bewahren). Es empfiehlt sich daher eine Klarstellung in der entsprechenden Satzungsbestimmung, dass Sonderbeiträge, bzw. Umlagen nur zur Förderung von Vereinszwecken verwendet werden dürfen.


2. legen Sie die Höhe der Sonderbeiträge, bzw. Umlagen in der Satzung fest


Sonderbeiträge, bzw. Umlagen müssen nach der Rechtsprechung nicht nur in der Vereinssatzung geregelt werden, sondern ihre Höhe muss sich auch aus der Satzung selbst ergeben. Hintergrund hierfür ist wiederum der Schutz der Mitgliederrechte. Denn im Gegensatz zu den „normalen“ Vereinsbeiträgen, deren Höhe sich nicht unmittelbar aus der Satzung ergeben muss, gebietet es nach Ansicht der Rechtsprechung die Sonderkonstellation von Sonderbeiträgen, bzw. Umlagen, dass es nicht zu einer unkalkulierbaren Belastung der Mitglieder durch diese zusätzlichen Beiträge kommen darf. Vielmehr müssen Mitglieder im Voraus wenigstens ungefähr abschätzen können, welche zusätzlichen Belastungen auf sie zukommen, wenn man dem Verein beitritt und damit auch die Satzung akzeptiert (vgl. etwa BGH, Urteil vom 24.09.2007 - II ZR 91/06 und BGH, Urteil vom 02.06.2008 - II ZR 289/07).


In der praktischen Umsetzung heißt dies, dass in der Satzungsbestimmung entweder ein fixer Betrag (zum Beispiel 500 €) oder eine Beschränkung auf bestimmte Jahres-Mitgliedsbeiträge (z.B.  „Ein Sonderbeitrag ist auf maximal zwei Jahres-Mitgliedsbeiträge beschränkt“) vorgenommen werden sollte.


Achten Sie bei der Höchstbegrenzung der Sonderbeiträge, bzw. Umlagen darauf, dass diese nicht außer Verhältnis zur finanziellen Leistungsfähigkeit der eigenen Mitglieder stehen. Dementsprechend sollte bei einer Beschränkung auf mehr als 3 Jahres-Mitgliedsbeiträgen eher Zurückhaltung geboten sein.


3. legen Sie in der Satzung fest, wer zur Erhebung von Sonderbeiträgen, bzw. Umlagen berechtigt sein soll


Für eine Beschlussfassung über die Erhebung von Sonderbeiträgen, bzw. Umlagen ist grundsätzlich die Mitgliederversammlung zuständig (§ 32 Abs. 1 BGB). Um die Kollision mit anderen Satzungsbestimmungen zu verhindern, bietet es sich jedoch regelmäßig an, eine klarstellende Regelung mit in die Vereinssatzung aufzunehmen.


Daneben ist es möglich, die Befugnis durch eine Satzungsbestimmung auch auf den Vorstand eines Vereines, bzw. auf eine Geschäftsführung des Vereins zu übertragen. Dies dürfte vorwiegend für wirtschaftliche Vereine, Berufsverbände oder Branchenverbände von Interesse sein. Aus Gründen der besseren Akzeptanz bietet es sich allerdings an, die Entscheidung über die Erhebung eines Sonderbeitrages, bzw. einer Umlage, allen Mitgliedern gemeinschaftlich in der Mitgliederversammlung zu überlassen.


In der Vereinspraxis können zudem gewisse „Mischformen“ in Betracht kommen. Dies bietet sich insbesondere dann an, wenn zum Zeitpunkt der Mitgliederversammlung die Entscheidungen über Förderanträge noch ausstehen und noch nicht klar ist, welcher Finanzbedarf tatsächlich in Bezug auf Sonderbeiträge, bzw. Umlagen besteht. Hier kann z.B. die Entscheidung des „ob“ ein Sonderbeitrag, bzw. eine Umlage erhoben wird und welcher Betrag maximal gegenüber den Mitgliedern eingefordert werden darf, durch die Mitgliederversammlung erfolgen. Die Anforderung der konkreten Höhe des Sonderbeitrags kann dann auf den Vorstand übertragen werden, wenn klar ist welcher konkrete Betrag tatsächlich gebraucht wird.



4.  was ist, wenn ein Verein dringend Sonderbeiträge, bzw. Umlagen erheben muss, der Verein bislang aber hierzu keine Regelung in der Satzung hat?


In Ausnahmefällen kann eine Umlage auch ohne Bestimmung in der Satzung ein Sonderbeitrag, bzw. eine Umlage von Vereinsmitgliedern gefordert werden. Begründet wird dies durch die Rechtsprechung, mit einer Folge aus den vereinsrechtlichen Treuepflichten der Mitglieder, wonach Vereinsmitglieder dazu verpflichtet sind, den Vereinszweck und die gemeinsamen Interessen des Vereins zu fördern und dazu mit den übrigen Mitgliedern des Vereins zusammenzuarbeiten (vgl. BGH, Urteil vom 24.09.2007 - II ZR 91/06, Rn. 14).


Allerdings sind an diese Ausnahmefälle strenge Voraussetzungen zu stellen. Ein Sonderbeitrag, bzw. eine Umlage kommt daher von vorneherein nur dann in Betracht, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:


1. Der Sonderbeitrag, bzw. die Umlage sind für den Fortbestand des Vereins zwingend erforderlich


2. Es darf keine anderen Finanzierungsmöglichkeiten als die Erhebung eines Sonderbeitrages, bzw. einer Umlage geben


3. Der Sonderbeitrag, bzw. die Umlage muss den Mitgliedern zumutbar sein. In seiner Entscheidung vom 24.09.2007 (Az. II ZR 91/06) hat der Bundesgerichtshof noch eine Umlage in Höhe des sechsfachen eines üblichen Jahresbeitrages für angemessen erachtet. Diese Obergrenze dürfte allerdings mit Vorsicht zu genießen sein. Denn insbesondere bei kleineren Sportvereinen, bzw. Vereinen mit finanziell weniger stark aufgestellten Mitgliedern, kann schon eine wirtschaftlich finanzielle Überforderung und damit eine Unzumutbarkeit, bei geringeren Beträgen auftreten.


Vorsicht! Liegen diese Voraussetzungen vor und kann der Verein ausnahmsweise einen Sonderbeitrag, bzw. eine Umlage ohne Satzungsbestimmung erheben, steht den Mitgliedern des Vereins ein außerordentliches Kündigungsrecht zu, welches sie zeitnahe zum Beschluss der Mitgliederversammlung ausüben können. Üben Mitglieder ihr außerordentliches Kündigungsrecht zeitnahe zum Beschluss der Mitgliederversammlung über die Erhebung des Sonderbeitrages, bzw. der Umlage aus, sind sie von der Zahlung des Sonderbeitrags, bzw. der Umlage befreit.


Sollten Sie Ihre Vereinssatzung in Bezug auf Sonderbeiträge, bzw. Umlagen ändern wollen, bzw. sollten Sie in die Situation kommen, dass Ihr Verein Sonderbeiträge erheben muss, sollten Sie sich zur Vermeidung von „Fallstricken“ am besten fachkundig beraten lassen.


Gerne helfen wir Ihnen in allen Fragen des Vereinsrechts weiter.


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