Abmahnrisiko durch das Gesetz für faire Verbraucherverträge

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Zum 01.03.2022 wird die 2. Stufe des Gesetzes für faire Verbraucherverträge in Kraft treten. Es beinhaltet auch einige Änderungen im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie bei den fernabsatzrechtlichen Informationspflichten. Unternehmen sollten daher überprüfen, ob sie von diesen Änderungen betroffen sind und ob ggf. eine Anpassung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie eine Anpassung der eigenen Webseiten erforderlich sind. Denn Verstöße hiergegen können nach wie vor abgemahnt werden.

Vorliegend sollen kurz die 3 wichtigsten Änderungen in diesem Bereich vorgestellt werden:

1. Unwirksamkeit von Abtretungsverboten

Nach der bereits zum 01.10.2021 in Kraft getretenen Regelung des § 308 Nr. 9 BGB sind Abtretungsverbote in Allgemeinen Geschäftsbedingungen regelmäßig unwirksam, durch welche die Abtretbarkeit  für einen auf Geld gerichteten Anspruch des Vertragspartners gegen den Verwender ausgeschlossen wird. D.h., Abtretungsverbote, welche auf Geldforderungen gerichtet sind, können zukünftig mit Verbrauchern in AGBs nicht mehr wirksam vereinbart werden. Dies betrifft insbesondere Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche, aber auch etwa Kaufpreisrückzahlungsansprüche aufgrund eines ausgeübten Rücktritts oder Widerrufsrechts. Zweck dieser Regelung soll es nach der Gesetzesbegründung sein, Verbrauchern die Durchsetzung dieser Ansprüche zu erleichtern, indem sie ihre Ansprüche auf sogenannte „Legal-Tech-Unternehmen“ übertragen. Also solche Unternehmen, die mit standardmäßigen Schreiben und standardmäßigen Vorgehensweisen Forderungen gegen Unternehmen durchsetzen.

Ferner sind nach §  308 Nr. 9 lit. b) BGB solche Klauseln unwirksam, durch welches die Abtretbarkeit eines anderen Recht, das der Vertragspartner gegen den Verwender hat, ausgeschlossen wird, wenn

  • beim Verwender ein schützenswertes Interesse an dem Abtretungsausschluss nicht besteht oder
  • berechtigte Belange des Vertragspartners an der Abtretbarkeit des Rechts das schützenswerte Interesse des Verwenders an dem Abtretungsausschluss überwiegen.

Diese Regelung betrifft insbesondere Ansprüche aus Mängelgewährleistung, wie z.B. Nacherfüllungsansprüche.

Sollte daher eine solche Klausel noch in den AGBs enthalten sein, die zumindest auch gegenüber Verbrauchern zum Einsatz kommen, sollten diese schnellst möglich angepasst werden.

Für AGBs, welche ausschließlich zwischen Unternehmen, also im B2B-Bereich eingesetzt werden, findet das „neue Verbot“ des § 308 Nr. 9 BGB keine unmittelbare Anwendung (§ 310 Abs. 1 S. 1 BGB). Allerdings kann die Regelung auch indirekt Wirkung im B2B-Bereich entfalten. Denn eine Klausel, die nach § 308 BGB unwirksam ist, stellt auch ein Indiz für eine unangemessene Benachteiligung des auch zwischen Unternehmern anwendbaren § 307 BGB dar, wobei auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche angemessen Rücksicht zu nehmen ist (vgl. § 310 Abs. 1 S. 2 BGB). D.h. wer solche Klauseln mit Abtretungsverboten verwendet, sollte auch im B2B-Bereich seine AGBs überprüfen und ggf. anpassen.

Für Verträge unter Kaufleuten, bei denen ein Abtretungsverbot vereinbart wird, gilt zudem nach wie vor die Sonderregelung des § 354a HGB.

2. Verbot der automatischen Verlängerung und Laufzeitbeschränkung von Dauerschuldverhältnissen

Die zum 01.03.2022 in Kraft tretende Neuregelung des § 309 Nr. 9 BGB sieht mehrere einschneidende Regelungen für Dauerschuldverhältnisse vor, die über AGB befristet werden, was allerdings der Regelfall sein dürfte.

Die gute Nachricht für Unternehmer zuerst: Es bleibt dabei, dass Verträge, die eine regelmäßige Lieferung von Waren oder eine regelmäßige Erbringung von Dienstleistungen durch den Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen zum Inhalt haben, auch gegenüber Verbrauchern weiterhin auf maximal 2 Jahre befristet werden dürfen. D.h., Dauerschuldverhältnisse mit Verbrauchern können zukünftig nach wie vor für die ersten 2 Jahre auf eine Laufzeit von bis zu 2 Jahren befristet werden. Vor Ablauf der Befristung kann das Vertragsverhältnis also regelmäßig nur durch eine außerordentliche Kündigung (§ 314 BGB) beendet werden.

Neu ist, dass automatische Verlängerungsklauseln zukünftig nicht mehr zulässig sind, also eine Vereinbarung, durch welche sich das Vertragsverhältnis immer wieder um eine feste Vertragslaufzeit von bis zu 2 Jahren verlängert, sofern der Vertrag durch den Verbraucher nicht innerhalb einer bestimmten Frist zum Vertragsende gekündigt wird. Daher kann ein Vertragsverhältnis, welches über AGB zunächst mit einer festen Laufzeit von bis zu 2 Jahren geschlossen wurde, zukünftig nur noch mit Ablauf der Vertragszeit enden oder in einen unbefristeten Vertrag übergehen, der vom Verbraucher allerdings mit einer Frist von höchstens einem Monat  gekündigt werden kann (§ 309 Nr. 9 lit b) BGB).

Zudem sieht die Neuregelung des § 309 Nr. 9 BGB vor, dass Verträge, welche eine feste Laufzeit haben, die über AGB vereinbart wurde, zukünftig nur noch mit einer Frist von maximal einem Monat zum Vertragsende vom Verbraucher gekündigt werden können. Bislang gängige Klauseln, wonach die Kündigungsfrist 3 Monate zum Vertragsende beträgt, sind danach ab dem 01.03.2022 nicht mehr zulässig.

Diese neuen Regelungen finden nach der Übergangsvorschrift (Art. 229 § 60 S. 2 EGBGB) nur auf Schuldverhältnisse Anwendung, die ab dem 01.03.2022 „entstanden“ sind.  Dies ist unproblematisch für ab dem 01.03.2022 geschlossenen Neuverträge. Große Probleme in der Praxis dürfte diese Regelung allerdings dort auslösen, wo Verträge vor dem 01.03.2022 befristet auf eine feste Laufzeit geschlossen wurden, die sich allerdings aufgrund der bislang zulässigen Verlängerungsklauseln nach dem 01.03.2022 automatisch verlängern und nicht durch den Verbraucher gekündigt wurden. Denn aktuell ist noch völlig unklar, ob eine solche automatische Verlängerung zu einem „neu entstehen“ des Vertrags i.S.d Übergangsregelung führt, auf welche die neue Regelung des § 309 Nr. 9 BGB anzuwenden ist oder nur zu einem „fortbestehen“ mit der Folge, dass die alte Regelung weiterhin anwendbar und damit eine automatische Verlängerung des Vertrages weiterhin möglich ist.

Entsteht das Vertragsverhältnis nach Ablauf der vereinbarten Laufzeit neu, wobei die ursprüngliche Verlängerungsklausel dann unwirksam ist, kann dies zur Folge haben, dass ggf. dann das Vertragsverhältnis mit Ablauf der vereinbarten Laufzeit automatisch endet, was ggf. im Interesse keiner Vertragspartei ist. Es empfiehlt sich daher auch hier bestehende Verträge rechtzeitig zu überprüfen und gegebenenfalls vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit anzupassen.

3. „Button-Lösung“ für die Kündigung von Online-Verträgen

Ab dem 01.07.2022 müssen Unternehmer außerdem eine sogenannte „Button-Lösung“ für die Kündigung von Online-Verträgen bereithalten. Die Verpflichtung gilt für jeden, der einem Verbraucher ermöglicht, mit ihm über eine Website im elektronischen Geschäftsverkehr ein  Dauerschuldverhältnis abzuschließen, bei dem der Unternehmer zu einer entgeltlichen Leistung verpflichtet wird (§ 312k Abs. 1 BGB n.F.). D.h.  reine Nutzungsverträge, bei denen dem Verbraucher die Möglichkeit eingeräumt wird, über einen Account einzelne Bestellungen in einem Onlineshop zu tätigen, dürften von dieser Verpflichtung noch nicht umfasst sein.

Der Unternehmer hat hierbei gemäß § 312k Abs. 2 BGB sicherzustellen, dass der Verbraucher seine Erklärung zur außerordentlichen und zur ordentlichen Kündigung des Vertrages über eine jeweils hierfür vorgegebene Schaltfläche abgeben kann. Die Kündigungsschaltfläche muss gut lesbar sein und darf mit nichts anderem als den Wörtern

„Verträge hier kündigen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet sein (§ 312k Abs. 2 S. 2 BGB). Diese Schaltfläche muss den Verbraucher unmittelbar zu einer Bestätigungsseite führen, die den Verbraucher auffordert und ihm ermöglicht Angaben zu machen über:

- die Art der Kündigung sowie im Falle der außerordentlichen Kündigung zum Kündigungsgrund,

- seine eindeutige Identifizierbarkeit,

- die eindeutige Bezeichnung des Vertrags,

-  den Zeitpunkt, zu dem die Kündigung das Vertragsverhältnis beenden soll,

- die Kontaktdaten, über welche eine schnelle elektronische Übermittlung der Kündigungsbestätigung an ihn erfolgen kann.

Die Bestätigungsseite muss außerdem eine Bestätigungsschaltfläche enthalten, über deren Betätigung der Verbraucher die Kündigungserklärung abgeben kann und die gut lesbar mit

nichts anderem als den Wörtern „jetzt kündigen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist.

Die Schaltflächen und die Bestätigungsseite müssen ständig verfügbar sowie unmittelbar und leicht zugänglich sein (§  312k Abs. 2 S. 3 BGB). Hier gilt also das gleiche, wie bei den fernabsatzrechtlichen Informationspflichten.

Macht der Verbraucher von der „Button-Lösung“ Gebrauch, muss ihm vom Unternehmer die Möglichkeit eingeräumt werden, seine durch das Betätigen der Bestätigungsschaltfläche abgegebene Kündigungserklärung mit dem Datum und der Uhrzeit der Abgabe auf einem dauerhaften Datenträger so speichern zu können, dass erkennbar ist, dass die Kündigungserklärung durch das Betätigen der Bestätigungsschaltfläche abgegeben wurde. Zudem muss der Unternehmer dem Verbraucher den Inhalt sowie Datum und Uhrzeit des Zugangs der Kündigungserklärung sowie den Zeitpunkt, zu dem das Vertragsverhältnis durch die Kündigung beendet werden soll, sofort auf elektronischem Wege mittels einer Bestätigung in Textform zur Verfügung stellen (vgl. § 312k Abs. 4 S. 1 BGB).

Kommt der Unternehmer diesen Anforderungen nicht nach, stellt dies einen abmahnfähigen Wettbewerbsverstoß i.S.d. §§ 3, 3a UWG vor. Daneben sieht § 312k Abs. 6 S. 1 BGB vor, dass wenn diese Anforderungen nicht eingehalten werden, der Verbraucher den jeweiligen Vertrag unabhängig von der vereinbarten Laufzeit und unabhängig von einer etwaigen vereinbarten Kündigungsfrist mit sofortiger Wirkung kündigen kann. Hier besteht also ein „Kündigungsjoker“.

Die ab dem 01.07.2022 geltende Button-Lösung gilt nach der Übergangsvorschrift für alle Online-Dauerschuldverhältnisse. D.h., sie gilt auch rückwirkend für alle Verträge, die vor dem 01.07.2022 geschlossen wurden. Die Regelung dürfte ebenfalls einige Probleme in der Umsetzung bereiten. Denn hiervon werden nicht nur „Abo-Verträge“, z.B. mit Streaming-Plattformen oder Verträge über die Bereitstellung von Software erfasst, sondern auch sonstige entgeltpflichtige Dauerschuldverhältnisse, die online abgeschlossen werden, wie z.B. „Spar-Abos“ auf Amazon oder Garantieverträge für Smartphones oder Elektroprodukte.


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