Warum sollte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Abfindung zahlen?

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Der Klageantrag der Kündigungsschutzklage lautet auf Weiterbeschäftigung.

Weil das Kündigungsschutzgesetz von seiner gesetzgeberischen Intention auf den Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses abzielt, sind dort Abfindungzahlungen für den Regelfall nicht vorgesehen.

Das Kündigungsschutzgesetz ist ein Bestandsschutzgesetz und kein Abfindungsschutzgesetz.

Würde der Arbeitgeber den Kündigungsschutzprozess verlieren, wäre sein Versuch, sich von dem Arbeitnehmer zu trennen, fehlgeschlagen.

Der Arbeitgeber müsste den Arbeitnehmer weiterbeschäftigen.

Das ist jedoch nur in der Theorie beziehungsweise nach dem Gesetz so. In der Praxis werden die meisten Kündigungsschutzprozesse – und entsprechende Bestandsschutzstreitigkeiten – spätestens in der zweiten Instanz verglichen.

Das Risiko für den Arbeitgeber, den Arbeitnehmer weiterbeschäftigen zu müssen, ist für den Arbeitgeber in der Regel höchst unerwünscht.

Aus diesem Grunde ist der Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht im Kündigungsschutzverfahren oft bereit, dem Arbeitnehmer eine Abfindung zu zahlen, um ihn loszuwerden.

Das hat Gründe, die beim Arbeitgeber und solche, die beim Arbeitnehmer liegen.

Mit dem Kündigungsschutzprozess ist für den Arbeitgeber das Risiko verbunden, die Vergütung nach Auslaufen der Kündigungsfrist nachzahlen zu müssen, sogenannter Annahmeverzugslohn, also der ganze Lohn während des Kündigungsschutzverfahrens, den der Arbeitnehmer erhält, obwohl er nicht gearbeitet hat.

Deshalb werden sehr häufig nach Ausspruch der Kündigung im Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht Abfindungsvergleiche geschlossen, in denen die Wirksamkeit der Kündigung akzeptiert wird und der Arbeitgeber im Gegenzug eine Abfindungszahlung verspricht.

Die Abfindungszahlung ist dann das Ergebnis typischer Verhandlungsrationalität eines Gebens und Nehmens zwischen den Beteiligten.

Grundsätzlich kann der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber eine Abfindung erhalten, wenn folgende zwei Punkte vom Arbeitnehmer berücksichtigt werden:

  1. Der Arbeitnehmer muss gegen den Arbeitgeber wegen des Ausspruchs der Kündigung innerhalb von 3 Wochen vor dem Arbeitsgericht eine Kündigungsschutzklage erheben. Macht der Arbeitnehmer dies nicht, ist die Kündigung wirksam und der Arbeitnehmer kann nichts mehr machen. Der Arbeitgeber wird dem Arbeitnehmer dann auch keine Abfindung bezahlen, weil es dafür schlicht keinen Grund mehr gibt. Die Klagefrist von 3 Wochen beginnt ab dem Tag des Zugangs der Kündigung beim Arbeitnehmer.
  2. Der Arbeitgeber muss einem Risiko unterliegen, dass seine an den Arbeitnehmer ausgesprochene Kündigung unwirksam ist; das kann sein, weil dem Arbeitgeber kein (ausreichender) Kündigungsgrund zur Seite steht, er den Betriebsrat nicht angehört hat, der Arbeitnehmer nicht zuvor abgemahnt wurde etc. Wenn der Arbeitgeber das Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht verliert, wird ihn das teuer zu stehen kommen, denn er muss den gekündigten Arbeitnehmer wieder beschäftigen und hat vielleicht schon einen neuen Arbeitnehmer eingestellt; außerdem muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Annahmeverzugslohn nachzahlen, also den Lohn während des ganzen Kündigungsverfahrens, obwohl der gekündigte Arbeitnehmer gar nicht gearbeitet hat und auch nicht zu vernachlässigen ist der Imageverlust, denn Verhandlungen vor dem Arbeitsgericht sind öffentlich und es kommt oft vor, dass Publikum und Presse im Arbeitsgericht anwesend sind; der Arbeitgeber muss so befürchten, einen schlechten Ruf zu bekommen, den Kunden, Geschäftspartner und Arbeitnehmer abschreckt, sich mit diesem Unternehmen einzulassen. Außerdem muss der Arbeitgeber im Falle des Verlustes des Kündigungsschutzverfahrens auch die Gerichtskosten des Arbeitsgerichts bezahlen. Wenn der Arbeitgeber für sich sein ganzes Risiko zusammenrechnet, dann kann es für ihn oft sinnvoll sein, dem Ganzen ein schnelles Ende durch Zahlung einer Abfindung und damit Beendigung des Rechtsstreits zu begegnen.

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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