Was bedeutet der Begriff „scheckheftgepflegt“ beim Gebrauchtwagenkauf?

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Auf der Suche nach einem Gebrauchtwagen kommt man nicht an den einschlägigen Online-Portalen vorbei. Die Inserate zu den Fahrzeugen sind dort häufig überladen mit Begrifflichkeiten, die das Fahrzeug möglichst detailliert beschreiben sollen. Die meisten von ihnen betreffen konkrete Ausstattungsmerkmale des Fahrzeuges. Einige beschreiben dagegen den Zustand des Fahrzeuges („top gepflegt“, „technisch einwandfrei“, „neuwertig“ etc.). Sehr oft liest man auch, dass das Fahrzeug „scheckheftgepflegt“ sei. Die Frage, welche Erwartung auf Käuferseite damit verbunden werden darf, lässt sich nicht so einfach beantworten, wie eine aktuelle Entscheidung des Landgerichts Rostock zeigt.

1. Im Grundsatz noch Einigkeit
 
Das Scheckheft (auch Service-, Wartungs- oder Inspektionsheft) eines Fahrzeuges soll Auskunft über den Wartungszustand geben. Wann wurde welche Inspektionsmaßnahme von welcher Werkstatt durchgeführt und wann ist die nächste Wartung fällig. Insoweit herrscht Einigkeit. Doch was meint der Verkäufer, wenn er damit wirbt, sein zum Verkauf angebotenes Fahrzeug sei „scheckheftgepflegt“, oder besser: Was darf der Käufer dann erwarten?

Der wohl allgemein anerkannte Grundsatz dürfte lauten: Bei einem „scheckheftgepflegten“ Fahrzeug wurden sämtliche herstellerseitig vorgeschriebenen Inspektionen/Wartungsarbeiten von einer autorisierten Fachwerkstatt durchgeführt und im Scheckheft dokumentiert.

2. Unterschiedliche Rechtsprechung in Detailfragen

Teile der Rechtsprechung modifizieren diesen Grundsatz und differenzieren danach, ob das Fahrzeug von einem Erstbesitzer erworben wurde oder es eine längere Vorbesitzerkette gibt.

Auswirkung hätte dies auf die Frage, ob ein Scheckheft vollständig lückenlos sein muss. In einer etwas betagten Entscheidung des OLG Düsseldorf heißt es beispielsweise, dass die Aussage [scheckheftgepflegt, Anm. d. U.] bei nur einem einzigen Vorbesitzer eher auf eine vollständige und rechtzeitige Durchführung der Inspektionen schließen lässt, als es bei einer Vielzahl von Vorbesitzern der Fall ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.08.2003, Az.: I-1 W 45/03).

Während das OLG Düsseldorf in der zitierten Entscheidung es im Ergebnis offengelassen hat, ob bei einer längeren Vorbesitzerkette ein lückenlos gepflegtes Serviceheft mit dem Begriff „scheckheftgepflegt“ versprochen wird, hat das Landgericht Rostock in einer aktuellen Entscheidung entschieden, dass bei einem 9 Jahre alten Fahrzeug mit 3 Vorbesitzern es für die Erfüllung des Begriffes „scheckheftgepflegt“ ausreichend ist, wenn die Inspektionen im Wesentlichen nach den Herstellervorgaben gemacht wurden (LG Rostock, Urteil vom 28.01.2022, Az.: 3 O 753/21).

Anders sieht es das OLG Hamm. Wird ein Fahrzeug mit dieser Eigenschaft [scheckheftgepflegt, Anm. d. U.] beworben, darf der Käufer berechtigterweise erwarten, dass die herstellerseitig vorgeschriebenen Wartungsintervalle eingehalten und die entsprechenden Wartungsarbeiten in einer autorisierten Fachwerkstatt durchgeführt worden sind (OLG Hamm, 13.11.2014, Az.: I-2 U 58/14). Danach komme es also nicht auf die Anzahl der Vorbesitzer oder das Alter des Fahrzeuges an. Ist das Serviceheft nicht lückenlos, ist das Fahrzeug nicht scheckheftgepflegt.

3. Stellungnahme

Die Ansicht, es komme auf Alter des Fahrzeuges und Anzahl der Vorbesitzer an, kann nicht überzeugen. Etwas anderes könnte ggf. nur gelten, wenn der Verkäufer den Begriff mit einer Einschränkung wie bspw. „soweit bekannt“ versieht. Wer so eine Einschränkung aber nicht vornimmt, der muss sich wie ein Erstbesitzer behandeln lassen, auch wenn es eine längere Vorbesitzerkette gibt. Es erschließt sich auch nicht, wieso das anders sein sollte, denn dem Verkäufer liegen sämtliche Informationen in Form des Serviceheftes vor, um prüfen zu können, ob die Vorbesitzer den Inspektionsintervallen nachgekommen sind. Ein Blick in das Serviceheft reicht.

Die Gegenmeinung dürfte auch übersehen, welch wertbestimmender Faktor ein lückenlos scheckheftgepflegter Zustand ist. Hintergrund ist zum einen, dass Hersteller bei Kulanzentscheidungen und Garantieverlängerung penibel genau prüfen, ob sämtliche Inspektionsintervalle eingehalten und vollständig von autorisierten Fachwerkstätten durchgeführt worden sind. Zum anderen unterliegen einzelne Fahrzeugteile einem alters- und gebrauchsüblichen Verschleiß. Diese Teile sollten nach bestimmten Zeiträumen erneuert werden. Andernfalls drohen kostspielige Schäden oder Folgeschäden. Bei einem lückenlos scheckheftgepflegten Fahrzeug wird dieses Risiko minimiert.

Würde man daher auch ein lückenhaftes Serviceheft als „scheckheftgepflegt“ akzeptieren, würde es sich bei dem Begriff nur noch um eine Worthülse handeln, der keine Relevanz beigemessen werden kann.

4. Fazit

Die uneinheitliche Rechtsprechung trägt leider nicht zur Rechtssicherheit bei. Wer als Käufer auf Nummer sicher gehen möchte, der sollte vor Abschluss des Kaufvertrages entweder durch Einblick in das Serviceheft selbst prüfen, ob dieses tatsächlich lückenlos ist, oder auf die Aufnahme einer „lückenlosen Scheckheftpflege“ in den Kaufvertrag drängen.


[Detailinformationen: RA Lukas Kucklick, Fachanwalt für IT-Recht, Tätigkeitsschwerpunkt Kfz-Recht, Telefon 0351 80718-21, l.kucklick@dresdner-fachanwaelte.de] 

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