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Tachomanipulation beim Gebrauchtwagenkauf

  • 5 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

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Traue keinem Kilometerstand, den du nicht selbst gefälscht hast. Dieses leicht abgewandelte Sprichwort ist für Gebrauchtwagenkäufer relevanter, als viele glauben. Denn laut Polizei soll der Tacho nahezu jedes dritten Gebrauchtfahrzeugs manipuliert sein, um höhere Verkaufspreise zu erzielen. Was können Käufer, die Opfer einer solchen Tachomanipulation sind, tun und was droht Verkäufern in solchen Fällen?

Manipulation der Laufleistung ist strafbar

Elektronische Kilometerzähler haben ihre mechanischen Vorgänger längst abgelöst. Statt mit Bohrmaschine und Schraubstock erfolgt das Zurückdrehen von Tachos heute mittels Software. Für diesen Service gibt es zahlreiche Anbieter. Dass ihre Dienstleistung dabei schon seit August 2005 eine Straftat darstellt, kümmert sie wenig. Und das obwohl der § 22b Straßenverkehrsgesetz (StVG) bereits die Vorbereitung des sogenannten Missbrauchs von Wegstreckenzählern mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bedroht. Dafür laufen die Geschäfte mit der illegalen Tachojustierung offenbar zu gut. Schließlich sollen durchschnittlich 3000 Euro mehr pro Fahrzeug herausspringen, wenn weniger auf dem Tacho steht. Bei geschätzt zwei Millionen verkauften Gebrauchtfahrzeugen mit gefälschtem Kilometerstand pro Jahr sind das sechs Milliarden Euro, die Käufer zu viel zahlen. Dabei stellt der bewusste Verkauf eines solchen Fahrzeugs meist einen strafbaren Betrug dar.

Technik hilft Käufern nicht beim Nachweis von Veränderungen

Hinzu kommt das geringe Risiko des Entdecktwerdens. Das liege laut einer Studie des ADAC und der Uni Magdeburg auch an den Automobilherstellern. Nicht nur das Verändern des Kilometerstands machten sie Tachofälschern viel zu leicht. Auch das spätere Feststellen einer Tachomanipulation sei kaum möglich. Das erschwert getäuschten Käufern den Nachweis, wenn sie später vom Kaufvertrag zurücktreten wollen und versuchen, vom Verkäufer Schadensersatz zu verlangen. Nicht zuletzt sind Folgeschäden viel wahrscheinlicher. So etwa, weil Käufer den regelmäßig notwendigen Zahnriemenwechsel aufgrund des falschen Kilometerstands nicht erwägen und es so zu einem Motorschaden kommt.

Für den Nachweis einer abweichenden Laufleistung kommt es daher in der Regel auf Zeugenaussagen, Sachverständige und schriftliche Belege an. Als Zeugen kommen dabei insbesondere mögliche Vorbesitzer infrage, die das Fahrzeug bereits mit einer höheren Laufleistung verkauft hatten. Bei ihrem Auffinden hilft ein Blick in den Fahrzeugbrief. Schriftliche Belege sind regelmäßig Scheckhefte, TÜV und AU-Bescheinigungen oder die Reparaturgeschichte des Fahrzeugs, über die eventuell eine Werkstatt verfügt. Außerdem hilft ein Blick auf die Rechtsprechung.

Arglistige Täuschung setzt nicht unbedingt Kenntnis voraus

Ein Verkäufer, der weiß, dass der Tachostand nicht der Realität entspricht, muss das offenbaren. Und das ungefragt. Andernfalls liegt eine arglistige Täuschung vor. Keine Rolle spielt dabei, ob die Abweichung von der tatsächlichen Fahrleistung auf einer Manipulation oder einem notwendigen Tachoaustausch beruht (Oberlandesgericht Köln, Urteil v. 13.03.2007, Az.: 22 U 170/06).

Auch bei Unkenntnis kann eine Täuschung vorliegen. Das ist der Fall, wenn Verkäufer auf Nachfrage einfach ins Blaue hinein behaupten, dass mit dem Kilometerstand alles in Ordnung sei, obwohl es dem Käufer ersichtlich darauf ankommt. Folge einer arglistigen Täuschung ist, dass Käufer den Kaufvertrag anfechten können. Das sollte allerdings mit Vorsicht erfolgen. Durch die Anfechtung entfällt rückwirkend der Kaufvertrag. Das kann sich wiederum auf die Gewährleistungsansprüche auswirken, da diese einen wirksamen Vertrag voraussetzen.

Falsche Kilometerangabe stellt möglichen Mangel dar

Für die Gewährleistung ist es daher von Interesse, wann eine falsche Kilometerangabe einen Mangel darstellt. Denn ein solcher Mangel ist Grundlage für spätere Gewährleistungsansprüche. An erster Stelle steht bei den Gewährleistungsrechten dabei vor Rücktritt und Schadensersatz zwar die Nachbesserung bzw. Nacherfüllung. Eine fehlerhafte Kilometerangabe lässt sich anders als ein kaputter Motor jedoch nicht reparieren. Und anders als bei einem Neuwagen lassen sich Gebrauchtwagen auch nicht einfach durch ein anderes Fahrzeug ersetzen.

Für den BGH kommt es bei der Frage eines Mangels aufgrund abweichender Kilometerangaben darauf an, ob der Verkäufer Händler oder Privatmann ist. Bei einem Gebrauchtwagenhändler könne ein Käufer von richtigen Angaben ausgehen. Dabei reicht die Kilometerangabe in einer Internetanzeige bereits aus, ohne dass sie später noch einmal im Kaufvertrag erscheint (Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss v. 15.11.2012, Az.: I-3 W 228/12). Von der Vermutung richtiger Angaben kann sich ein Autohändler nur befreien, wenn er eine Gewähr dafür offensichtlich ausschließt. So etwa, wenn er klarmacht, dass er die Laufleistung nicht nachprüfen könne.

Privatverkäufern könnten Käufer ohne weitere Zusicherungen hingegen nicht entsprechend vertrauen. Denn ihnen fehlten entsprechende Erfahrungen und Kenntnisse, wie professionelle Händler sie hätten. Ein Beharren darauf, dass mit der Kilometerzahl alles in Ordnung sei, kann aber auch bei Privatleuten Folgen haben. Das zeigt eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz.

Beschaffenheitsgarantie bei felsenfesten Behauptungen

Die Koblenzer Richter gehen bei beharrlichen Behauptungen so weit, dass Verkäufer eine Beschaffenheitsgarantie abgeben. Das ist umso mehr der Fall, als es dem Käufer ersichtlich auf eindeutige Aussagen ankam. Darauf deuten weitere Käuferfragen nach Vorbesitzern, Scheckheft und Unfallfreiheit hin. Verkäufer, die in solchen Fällen steif und fest die Richtigkeit der Kilometerzahl behaupten, übernehmen eine Garantie für den Fahrzeugzustand. Und aus dieser Beschaffenheitsgarantie drohen ihnen Folgeansprüche wie Rücktritt und Schadensersatz. Anders als bei den Gewährleistungsrechten kommt es bei einer Garantie auf ein Verschulden des Verkäufers nicht mehr an (OLG Koblenz, Urteil v. 01.04.2004, Az.: 5 U 1385/05). Auch ein Gewährleistungsausschluss hilft Verkäufern dann nicht mehr.

Gewährleistungsausschluss unter Privaten zulässig

Liegt keine solche Garantieübernahme vor, kann ein Gewährleistungsausschluss jedoch fallentscheidend sein. Anders als beim gewerblichen Verkauf an privat können private Verkäufer einen solchen problemlos vereinbaren. Dafür reicht es aus, wenn ein Kaufvertragsformular den Haftungsausschluss enthält und die entsprechende Klausel den gesetzlichen Vorgaben entspricht, weil sie etwa die Haftung für die Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit nicht gleich komplett mit ausschließt. So wies das OLG Hamm die Klage eines Autokäufers ab, weil der Gewährleistungsausschluss im Kaufvertrag die Worte „soweit dem Verkäufer bekannt" samt des handschriftlichen Zusatzes „Gesamtlaufleistung nicht bekannt" enthielt. Hinzu kam, dass der Käufer des Autos nicht beweisen konnte, dass der beklagte Verkäufer dessen wahren Kilometerstand kannte bzw. er ihn für möglich halten musste.

(GUE)

Foto(s): ©Fotolia.com

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