Was droht bei Verstößen gegen die Corona-Regeln? Ein (grober) Überblick

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Die Corona-Pandemie beschäftigt uns alle. Mit Ausgangsbeschränkungen und Kontaktverboten versucht der Gesetzgeber, der Lage Herr zu werden. Bußgelder und Strafandrohungen sollen ihm bei der Durchsetzung helfen. Der Artikel stellt die drohenden Konsequenzen bei Verstößen zusammen.

Corona kam für viele überraschend, in gesetzgeberisch üblichen Zeiträumen sogar rasant plötzlich

Die Ereignisse haben sich in den letzten Wochen überschlagen und werden das wohl auch noch eine Weile weiterhin tun. Vielerorts wird nachvollziehbar betont, man könne angesichts der erheblichen Risiken und Auswirkungen derzeit allein „auf Sicht“ fahren. Trotzdem führt die dazu unabdingbare Flexibilität zu einer zuweilen hektisch anmutenden Gesetz- und Verordnungsgebung. Im Bußgeld- und insbesondere Strafrecht kann das schnell zum Problem führen. Fragen der Bestimmtheit von Normen drängen sich dem fachkundigen Betrachter ebenso auf, wie solche nach der Verfassungsmäßigkeit und der Einhaltung von Kompetenzen.

Selbst die jüngst eigentlich zur Klarstellung vorgenommenen Änderungen im Infektionsschutzgesetz werfen bzgl. der Straf- und Bußgeldrechtlichen Folgen Fragen auf, deren Beantwortung die Justiz Monate, wenn nicht Jahre beschäftigen wird. Es kann bereits deshalb festgestellt werden, dass schon die erhebliche Anzahl der gesetzlichen Neuregelungen und Änderungen Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Verteidigung eröffnen, sofern es tatsächlich zu einem Straf- oder Bußgeldverfahren kommt.

So wenig sich Justiz und Rechtsprechung schon an die gegenwärtigen Regeln gewöhnt haben, so schwer wird es für den Bürger, den Überblick über die vielen unterschiedlichen Regelungen in den einzelnen Bundesländern zu behalten. Hierzu finden sich im Internet diverse Schaubilder, die jedenfalls die geltenden Verbote veranschaulichen. Allerdings sind auch diese mit einer gewissen Vorsicht zu genießen. Kommunale Allgemeinverfügungen, die über die landesrechtlichen Regelungen hinausgehen bleiben mitunter nämlich aufrechterhalten.

Da auch diese sich derzeit häufig und vor allem schnell ändern, werden diejenigen, die nun wirklich wissen wollen, was konkret erlaubt sein soll und was nicht, sich neben den landesrechtlichen Verordnungen auch die kommunalen Allgemeinverfügungen anschauen müssen.

Bei Verstößen gegen die Schutzmaßnahmen drohen Bußgeld und Strafverfahren

Wer sich an die jeweiligen Verbote nicht hält riskiert nach dem übereinstimmenden Willen der Landesregierungen schnell ein Bußgeld. Nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) kann dieses bis zu 25.000 € betragen. Die Bundesländer sind gerade damit beschäftigt konkrete Bußgeldkataloge zu erlassen. Diese sehen weit überwiegend Bußgelder in der Größenordnung von wenigen 100 €, etwa für Verstöße gegen ein Ansammlungsverbot und mehreren tausend Euro, z. B. für den Betrieb eines untersagten Gewerbes vor. Einen brauchbaren und zuweilen aktualisierten Überblick über die einzelnen landesgesetzlichen Regelungen sowie die Bußgeldkataloge finden Sie zum Beispiel bei auf den Seiten der Bundesrechtsanwaltskammer. Ansonsten haben die einzelnen Landesregierung ihre jeweiligen Verordnungen aber selbstverständlich auch online gestellt.

Auch im Bereich dieser Ordnungswidrigkeiten bleibt dabei manches vage und (noch) interpretationsbedürftig. Bei verschiedenen Verboten, wie z. B. dem geltenden Kontaktverbot/Ansammlungsverbot stellt sich etwa die Frage, ob dieses inzwischen einer bußgeldrechtlichen Sanktionierung durch die Änderung des Infektionsschutzgesetzes sogar vollständig entzogen und in den Bereich der Strafbarkeit verschoben sein könnte, wohingegen Verstöße gegen umfassende Betretungsverbote mitunter jener entzogen worden sein dürften.

Ein Einspruch gegen einen auf Grundlage des IfSG in Verbindung mit einer landesrechtlichen Rechtsverordnung erlassenen Bußgeldbescheid kann sich auch deshalb schon angesichts der hohen Bußgeldandrohungen also durchaus lohnen, zumal die Interpretation der Behörde absehbar häufig von der eines Betroffenen abweichen wird.

Betroffenen, die einen Bußgeldbescheid nicht hinnehmen wollen ist in diesen Fällen anzuraten, sich nicht auf Diskussionen mit dem Mitarbeiter der jeweiligen Behörde oder der Polizei einzulassen. Machen Sie bestenfalls umfassend von Ihrem Schweigerecht Gebrauch. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Vorwurf kann sodann ohne Rechtsverlust nach vollständiger Akteneinsicht erfolgen. Sollte anstelle eines Anhörungsbogens direkt ein Bußgeldbescheid erlassen werden gilt das ebenso. Zu beachten ist hier allerdings noch die Frist für den Einspruch: 2 Wochen ab Zustellung des Bußgeldbescheides. Es bietet sich an, den gelben Briefumschlag, auf dem das Datum der Zustellung vermerkt ist, aufzuheben.

Anstelle eines Bußgeldes droht bei einigen Verstößen direkt ein Strafverfahren

Wer entgegen einem bestehenden Verbot eine Veranstaltung durchführt oder Teil einer untersagten Ansammlung ist (§ 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG) wird gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 1 IfSG mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe bestraft. Sofern der Tatbestand fahrlässig verwirklicht wurde, reduziert sich das Strafmaß auf immer noch Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr.

Kommt es bei einem vorsätzlichen Verstoß in den vorgenannten Fällen tatsächlich zu einer nachgewiesenen Verbreitung der Krankheit, droht nach einigen Ansichten gemäß § 75 Abs. 3 IfSG sogar eine Freiheitsstrafe zwischen 3 Monaten und 5 Jahren, sofern die Handlung nicht anderweitig ohnehin mit härterer Strafe bedroht ist. Letzteres wäre z. B. der Fall, wenn in der Handlung zugleich eine gefährliche Körperverletzung liegt, deren Strafandrohung von mindestens 6 Monaten Freiheitsstrafe schwerer wiegt.

Sofern in einigen Ländern und Kommunen weitergehende Maßnahmen über die Generalklausel bzw. die besonders hervorgehobenen Möglichkeiten des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG getroffen werden, also keine Ansammlungsverbote oder Veranstaltungsverbote betreffen, führen vorsätzliche Verstöße, vorbehaltlich formaler Bedenken, mitunter ebenfalls zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, soweit es zu einer nachgewiesenen Verbreitung der Viren kommt. Der Strafrahmen würde sich dann nach § 74 IfSG von Geldstrafe bis hin zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren erstrecken.

Sofern Sie wegen einer Straftat nach dem Infektionsschutzgesetzt beschuldigt werden, sollten Sie sich schnellstmöglich an einen Strafverteidiger wenden. Wie bereits gesagt sind viele der Vorschriften interpretationsbedürftig und formal ebenfalls zu hinterfragen. Hinzu treten gerade bei den erhöhten Strafandrohungen Beweisprobleme und Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit. Dies kann im Einzelfall durchaus einen Unterschied machen, etwa zwischen einem Eintrag in das Führungszeug nebst Bewährungsauflagen und einer kleineren Geldstrafe oder eine Verfahrenseinstellung.

Auch wenn es diesbezüglich zunächst per se keine Frist zu beachten gibt, sollte der Verteidiger frühzeitig kontaktiert werden, um möglichst schnell die Ermittlungsakte einsehen zu können und die Verteidigung entsprechend – bestenfalls noch vor Anklageerhebung – einzurichten.

Sofern die Staatsanwaltschaft im Interesse einer schnellen Verfahrenserledigung stattdessen einen Strafbefehl erlässt, gilt für den Einspruch eine Frist von zwei Wochen. Weitergehende Informationen zum Umgang mit Strafbefehlen habe ich ebenfalls hier auf der Plattform für Sie bereitgestellt

Abschließend lässt sich festhalten, dass im Bereich der Bußgeldvorschriften und der Straftatbestände des Infektionsschutzgesetzes derzeit einiges unklar und im Fluss ist. Medienberichten zufolge stellen diese Unklarheiten mancherorts selbst die Polizei vor Interpretationsschwierigkeiten. Das mag der Situation geschuldet sein, führt aber gleichwohl zu Fehlern und damit zu schlussendlich nicht haltbaren Vorwürfen. Es gibt durchaus gute Ansatzpunkte, das zu korrigieren. Die sicherste Variante dürfte derzeit gleichwohl sein, es gar nicht erst darauf anzulegen und sich dem Gebot der Stunde folgend weitestgehend zu isolieren. Das ist angesichts einer Pandemie zugleich wohl die sinnvollste Vorgehensweise. Sollte das trotzdem einmal nicht gelungen oder es zu Missverständnissen gekommen sein, wenden Sie sich bitte frühzeitig an den Verteidiger Ihres Vertrauens. Viele Büros sind selbstverständlich auch während der Krise erreichbar und einsatzbereit


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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