Wie Sie einen Strafbefehl einordnen und sich zielführend dagegen wehren können. Ein Leitfaden.

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Anstatt Anklage zu erheben, kann die Staatsanwaltschaft am Ende des Ermittlungsverfahrens bei hinreichendem Tatverdacht den Erlass eines Strafbefehls beantragen. Wird dieser daraufhin vom Gericht erlassen, steht er einem normalen Urteil gleich. Das kann für den Beschuldigten durchaus vorteilhaft sein, wird ihm in dem schriftlichen Strafbefehlsverfahren immerhin die häufig als unangenehm und belastende Ungewissheit einer öffentlichen Hauptverhandlung erspart. Andererseits verbleiben oftmals Unklarheiten. Es kann der Eindruck entstehen, dass Staatsanwaltschaft und Gericht nicht hinreichend sorgfältig ermittelt haben. 

Mit diesem Beitrag möchte ich Ihnen einen Leitfaden an die Hand geben, mit dem Sie anhand weniger Fragestellungen Ihre Optionen im Strafbefehlsverfahren besser einschätzen und Ihr weiteres Vorgehen daran ausrichten zu können. 

Wenn der Vorwurf nicht zutrifft, legen Sie fristgerecht Einspruch ein 

Als erstes sollten Sie den Strafbefehl sorgfältig und vor allem vollständig lesen. Neben dem schlagwortartigen Vorwurf und einer konkreten Strafe enthält er eine meist eher knappe Schilderung des Sachverhalts, die allerdings später in Rechtskraft erwächst. 

Sofern Sie dabei feststellen, dass der Vorwurf unzutreffend erhoben wurde, sollten Sie innerhalb einer Frist von 2 Wochen Einspruch einlegen. Dazu reicht die Angabe des gerichtlichen Aktenzeichens und der schmale Satz, dass gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt wird. Eine nähere Begründung des Einspruchs ist möglich, aber nicht erforderlich. Die Frist beginnt mit der Zustellung des Strafbefehls, deren Datum auf dem gelben Briefumschlag vermerkt und auch dem Gericht bekannt gegeben wird. Achten Sie also auf jeden Fall darauf, dass Ihr Einspruch das Gericht rechtzeitig vor Fristablauf erreicht. 

Aufgrund Ihres Einspruchs wird sodann ein Hauptverhandlungstermin anberaumt, in dem die Angelegenheit, wie nach einer Anklageschrift auch, verhandelt wird. Beachten Sie hierzu unbedingt, dass das Gericht in der Verhandlung im Falle einer Verurteilung nicht mehr an die im Strafbefehl enthaltene Strafe gebunden ist und das Urteil sogar härter ausfallen kann. 

Auch bei zutreffendem Vorwurf lohnt eine weitere Überprüfung hinsichtlich der Sanktion

Soweit der Vorwurf zutrifft, kann sich gleichwohl eine nähere Überprüfung der Rechtsfolgen, also der im Strafbefehl enthaltenen Strafe lohnen. So Sie keinen Verteidiger haben, kann in dem Strafbefehl nur eine Geldstrafe verhängt werden. Freiheitsstrafen sind gegen unverteidigte Beschuldigte im Strafbefehlsverfahren nicht möglich. Die Geldstrafe wird ihrerseits in Tagessätzen bemessen, wobei jeder Tagessatz im Falle der Nichtzahlung einem Tag Ersatzfreiheitsstrafe entspricht.

Wie viele Tagessätze tat- und schuldangemessen sind, lässt sich nur schwer pauschal beantworten 

Ob die Anzahl der Tagessätze richtig bemessen ist, ist allerdings zugegebenermaßen schwer zu beurteilen. Die Strafzumessung ist sehr facettenreich und dem Gericht, bzw. der beantragenden Staatsanwaltschaft steht hier erheblicher Spielraum zur Verfügung. Insoweit ist ein Einspruch allein wegen der Anzahl der Tagessätze oftmals nicht sinnvoll. Steht allerdings unangenehme Weiterungen, wie etwa ein Fahrverbot oder ein Eintrag im polizeilichen Führungszeugnis im Raum, mag das anders sein. Sofern Sie bislang noch nie zuvor verurteilt worden sind, erfolgt letztere Eintragung übrigens erst ab einer Verurteilung zu mehr als 90 Tagessätzen.

Beachten Sie in diesem Zusammenhang aber bitte, dass ein Eintrag in das vom Führungszeugnis zu unterscheidende Bundeszentralregister auch bei geringeren Verurteilungen erfolgt. Wenngleich das Führungszeugnis also sauber wäre, könnte eine Verurteilung zu maximal 90 Tagessätzen, etwa bezüglich waffenrechtlicher Erlaubnisse oder Arbeitsplätzen in Sicherheitsbereichen, gleichwohl zu Problemen führen. 

Die Höhe eines Tagessatzes kann konkret bemessen werden und ist überprüfbar

Die Höhe des einzelnen Tagessatzes lässt sich dagegen sehr genau überprüfen. Sie richtet sich im Wesentlichen nach dem Nettoeinkommen, welches dem Betroffenen pro Tag zur Verfügung steht. Als Faustformel reicht es zunächst also aus, das verfügbare Einkommen durch 30 zu teilen. Haben Sie sich im Verfahren nicht zu Ihren Einkommensverhältnissen geäußert wird hier fehleranfällig zu Ihren Gunsten und Lasten geschätzt. 

Wenn es nur um die Höhe geht, denken Sie über eine Beschränkung des Einspruchs nach

Sofern Sie nach Durchsicht des Strafbefehls zu der Einschätzung gelangen, dass der Sachverhalt zwar korrekt festgestellt, die Sanktion allerdings unangemessen hoch oder der Tagessatz falsch berechnet wurde, legen Sie wiederum Einspruch ein. Der Gefahr einer drohenden Verschlechterung begegne Sie in dem Fall am besten, indem Sie den Einspruch nunmehr ausdrücklich auf die Punkte, gegen die Sie sich verteidigen wollen, beschränken.

Sofern Sie diese Beschränkung allein auf die konkrete Höhe des Tagessatzes beziehen und in der Lage sind, Ihr tatsächliches Einkommen allein durch Dokumente plausibel zu machen, kann das Gericht unter Umständen sogar durch Beschluss entscheiden, sodass auch in diesen Fällen, trotz Einspruchs, eine Hauptverhandlung entbehrlich würde. 

Sie benötigen noch Bedenkzeit? Legen Sie Einspruch ein und entscheiden Sie später

Natürlich ist eine abschließende Einschätzung des Strafbefehls ohne vorherige Akteneinsicht und anschließende individuelle Erörterung des Sachverhalts seriös nicht möglich. Anhand der genannten Punkte haben Sie aber zumindest die Möglichkeit, Ihren Strafbefehl und Ihre Optionen grob einzuordnen. Sofern Sie danach noch weitere Bedenkzeit zur Entscheidung brauchen, wie und ob Sie sich gegen den Strafbefehl wehren wollen, legen Sie bitte unbedingt noch in der Frist umfassend Einspruch ein. Der Einspruch kann problemlos jedenfalls noch bis zum Beginn der Hauptverhandlung zurückgenommen oder beschränkt werden. 

Sollten Sie in Erwägung ziehen einen Strafverteidiger zu beauftragen, wird der das in aller Regel für Sie übernehmen, sodass ausreichend Zeit für eine ausführliche und individuelle Beratung anhand des konkreten Ermittlungsergebnisses verbleibt. Teilen Sie Ihrem Verteidiger bestenfalls schon bei der ersten Kontaktaufnahme mit, dass bereits einen Strafbefehl in der Welt ist und wann dieser zugestellt wurde. So können Sie das Risiko von Missverständnissen und rechtlichen Nachteilen, etwa aufgrund der laufenden 2-Wochen-Frist minimieren. 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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