Was ist ein Aufhebungsvertrag und wie kann ich mich von einem Aufhebungsvertrag wieder lösen?

  • 3 Minuten Lesezeit

Aufhebungsvertrag / Abwicklungsvereinbarung

1. Abgrenzung

Aufhebungsvertrag:

Wechselseitiger Vertrag, der die Beendigung des Vertragsverhältnisses zum Gegenstand hat.

Abwicklungsvertrag:

Wechselseitiger Vertrag, der im Zusammenhang mit der Beendigung auftretenden Abwicklungsfragen regeln soll.

BAG behandelt Abwicklungsvertrag, der im zeitlichen Zusammenhang mit Kündigung abgeschlossen wird und der (auch) einen Klageverzicht beinhaltet, als Aufhebungsvertrag.

 Formerfordernis des § 623 BGB (beide eigenhändige Unterschriften auf Dokument)!

2. Inhalt

  • Aufhebungsvertrag (wie jedes andere einseitig gestelltes Vertragsdokument) ist eine AGB, § 310 III BGB.

→ Abstrakte Wirksamkeitskontrolle

  • Transparenz (Klausel klar, eindeutig und unmissverständlich hinsichtlich Voraussetzungen und Rechtsfolge)
  • Unangemessene Benachteiligung (insbesondere keine Abweichung von gesetzlichen Leitbildern und nicht Ausnutzen der einseitigen Machtposition)
  • So kurz und so klar wie möglich, Untergliederung mit Überschriften (Transparenz!)
  • Wenn Verzicht auf Klage – dann Gegenleistung (Zeugnis, Freistellung, Abfindung, Verlängerung Kündigungsfrist – aber jedenfalls etwas mit einem nicht unerheblichen Gegengewicht)!
  • Vorsicht bei „Erledigungsklauseln“
  • Vorsicht bei Freistellung / Urlaub (exakte Festlegung des Zeitraumes des Urlaubes; Konkurrenz Freistellung wegen Überstunden – Arbeitsunfähigkeit)

3. Anfechtung

Anfechtung erfolgreich, wenn vor Willenserklärung widerrechtlich gedroht.

  • Drohung jedes in Aussichtstellen eines empfindlichen Übels
  • Widerrechtlichkeit dann, wenn ein ruhig und besonnen urteilender redlicher AG nicht an den Erfolg des Angedrohtenglauben konnte (viel weniger als sozial gerechtfertigte Kündigung!)

Wichtig: Reihenfolge des Vorgehens

- Erst ggf. Anhörung (Vorbereitung Verdachtskündigung, Vermeidung von Irrtümern), keine Ankündigung von Rechtsfolgen!

- Danach kurze Unterbrechung (Willensbildung)

- Übergabe Kündigung

- Dann Angebot / Verhandlung über Aufhebungsvertrag

- Wenn möglich Bedenkzeit einräumen, jedenfalls Widerrufsrecht berücksichtigen (ggf. aus TV)

- Anfechtung nur, wenn widerrechtlich „bedroht“ oder getäuscht, § 123 BGB

- Genaue Dokumentation des Gesprächsablaufes, Zeugen

4. Beispiele aus der Rechtsprechung

Verzicht AN auf Klage in Ausgleichsquittung – Inhaltskontrolle

Durch eine innerhalb von 3 Wochen nach Zugang einer Kündigung eingegangene Verpflichtung, auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage zu verzichten, wird von den gesetzlichen Regelungen in § 4 Satz 1 KSchG abgewichen, wonach dem Arbeitnehmer drei Wochen für die Überlegung zur Verfügung stehen, ob er Kündigungsschutzklage erheben will.

Der formularmäßige Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage ohne jede Arbeitgeberseitige Kompensation – etwa in Bezug auf den Beendigungszeit-punkt, die Beendigungsart, die Zahlung einer Entlassungsentschädigung oder den Verzicht auf eigene Ersatzansprüche – stellt eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar.

Die Vereinbarung über einen Klageverzicht im unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Kündigung kann ein Auflösungsvertrag sein und damit dem Schriftformerfordernis des § 623 unterliegen. Der erforderliche Zusammenhang muss die Annahme rechtfertigen, Kündigung und Klageverzicht seien gemeinsam nur ein anderes Mittel, um das Arbeitsverhältnis in Wirklichkeit im gegenseitigen Einvernehmen zu lösen. Fehlt es daran, wird das Arbeitsverhältnis nicht durch Vertrag aufgelöst, sondern durch Kündigung.

Daher: Immer beide Unterschriften auf Dokument, egal welches!

BAG | 25.09.2014 | 2 AZR 788/13

Klageverzicht in einem Formular Aufhebungsvertrag

Klauseln eines Aufhebungsvertrages, der nicht im Synallagma stehen, sondern die übrigen, im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnis regelungs-bedürftigen Fragen betreffen, unterliegen als Nebenabreden in vollem Umfang der Inhaltskontrolle des AGB Rechts.

Ein formularmäßiger Verzicht auf eine Klage gegen einen Aufhebungsvertrag, der zur Vermeidung einer vom Arbeitgeber angedrohten außerordentlichen Kündigung geschlossen wird, ist mit dem gesetzlichen Leitbild nur zu vereinbaren, wenn ein verständiger Arbeitgeber eine solche Kündigung ernsthaft in Erwägung ziehen durfte und die Drohung deshalb nicht widerrechtlich ist.

BAG | 12.03.2013 | 6 AZR 82/14

Ausgleichsquittung – deklaratorisches Schuldanerkenntnis

Unterzeichnet ein Arbeitnehmer eine vom Arbeitgeber außerhalb eines Aufhebungsvertrages oder eines Prozessvergleiches vorformulierte Ausgleichsquittung, kommt seiner etwaigen Willenserklärung allenfalls die Bedeutung eines deklaratorischen negativen Schuldanerkenntnisses zu.

Vorsicht: Hier ist genauere Formulierung angezeigt (ausdrücklicher wechselseitiger Verzicht)!

BAG | 23.10.2013 | 5 AZR 135/12


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Karsten Zobel

Beiträge zum Thema