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Was ist nach einem Einbruchsdiebstahl zu tun?

  • 4 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

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Verständlicherweise ist der Schock groß, wenn man z. B. aus dem Urlaub nach Hause kommt, die Wohnung verwüstet vorfindet und wertvolle Gegenstände oder Bargeld verschwunden sind. Wer eine Hausratsversicherung hat, muss den Vorfall sowie den entstandenen Schaden unverzüglich mittels einer sog. Stehlgutliste anzeigen. Benötigt man für das Ausfüllen der Liste jedoch etwas mehr Zeit, stellt sich die Frage, ob der Versicherer seine Leistung kürzen darf.

Stehlgutliste zu spät abgegeben?

Eine Familie befand sich gerade im Urlaub, als sie telefonisch darüber unterrichtet wurde, dass unbekannte Täter in ihr Haus eingebrochen waren. Sie machte sich so schnell wie möglich auf den Heimweg und fand das Haus verwüstet und den Haushalt komplett durchwühlt vor. Der Familienvater unterrichtete am nächsten Tag seine Hausratsversicherung über den Vorfall, die ihn gemäß der Versicherungsbedingen aufforderte, ihr und der Polizei unverzüglich ein Verzeichnis der gestohlenen Sachen, sog. Stehlgutliste, zukommen zu lassen.

Der Versicherte ging davon aus, dass er der Liste – zur Bezifferung des Schadens – sämtliche Belege für fehlenden Schmuck etc. beilegen muss, die er teilweise jedoch erst neu ausstellen lassen musste, was wiederum wertvolle Zeit kostete. Davor hatte er ca. eine Woche benötigt, um den Haushalt wieder in Ordnung zu bringen und herauszufinden, welche Gegenstände fehlten. Aus diesen Gründen reichte er die Liste erst über drei Wochen nach seiner Heimkehr bei der Polizei ein, die jedoch die Aufstellung lediglich zur Ermittlungsakte heftete und keine Fahndungsmaßnahmen durchführte.

Die Hausratsversicherung regulierte nur ca. 50 Prozent des Schadens – die Leistungskürzung begründete sie mit einer Obliegenheitsverletzung des Familienvaters. Der habe schließlich die Stehlgutliste nicht unverzüglich an die Polizei weitergeleitet. Für eine polizeiliche Stehlgutliste hätte es keiner Belege bedurft. Stattdessen hätte er die gestohlenen Sachen genauer beschreiben müssen, um der Polizei die Ermittlungen zu erleichtern. Auch hätte er noch früher einen Rückflug buchen oder zumindest aufgrund der Angabe eines befreundeten Polizisten bereits im Urlaub mit der Auflistung der gestohlenen Wertgegenstände beginnen und damit Zeit sparen können. Er habe daher grob fahrlässig gehandelt, sodass er auch nicht den vollen Schaden erstattet bekommen könne. Der Streit der Parteien endete vor Gericht.

Hausratsversicherung muss zahlen

Das Oberlandesgericht (OLG) Celle entschied, dass der Versicherer keine Leistungskürzung hätte vornehmen dürfen, und verpflichtete ihn daher zur Regulierung des vollständigen Schadens.

Unvollständige Angaben gemacht?

Den Versicherungsbedingungen war nicht zu entnehmen, dass der Versicherte neben einer Auflistung der gestohlenen Gegenstände weitere Angaben, wie etwa deren Beschreibung, in der Stehlgutliste machen muss. Dagegen war für das Gericht nachvollziehbar, dass der Familienvater dem Verzeichnis Belege beigefügt hat – schließlich benötigt die Versicherung zur Bezifferung des Schadens gewisse Anhaltspunkte – und die Liste wort- und inhaltsgleich der Polizei übergeben hat. Laut der Versicherungsbedingungen sollte die Stehlgutliste beim Versicherer und der Polizei eingereicht werden. Dass hier Listen unterschiedlichen Inhalts erstellt werden müssten, war für den Versicherten nicht erkennbar. Somit sah das Gericht in der unterlassenen Beschreibung der gestohlenen Gegenstände keine Obliegenheitsverletzung, die zur Leistungskürzung berechtigt hätte.

Stehlgutliste zu spät eingereicht?

Allerdings hatte der Versicherte das Verzeichnis nicht unverzüglich bei der Polizei eingereicht. Das Gericht wies darauf hin, dass man zur Erstellung einer Stehlgutliste – auch wenn man beruflich eingespannt ist – in der Regel nur etwa ein bis zwei Wochen benötigt. Diesen Zeitraum hatte der Familienvater überschritten.

Es durfte ihm jedoch nicht negativ angelastet werden, dass er nicht noch früher aus dem Urlaub zurückgekehrt war – immerhin ist die Aufklärungsrate von Wohnungseinbruchsdiebstählen ohnehin sehr gering, weshalb es außer Verhältnis stehen würde, wenn er wegen einer Obliegenheit gegenüber der Polizei seinen Urlaub (noch) früher beenden müsste. Auch musste er nicht aufgrund der Angaben eines befreundeten Polizeibeamten bereits im Urlaub mit der Erstellung der Liste beginnen.

Im Übrigen hat der Familienvater nicht grob fahrlässig – also besonders leichtsinnig und nachlässig – gehandelt, weshalb eine Leistungskürzung trotz verspäteter Übergabe der Stehlgutliste unzulässig war. Schließlich ging der Versicherte erkennbar davon aus, das Verzeichnis mit Wertangaben versehen zu müssen – um dem Versicherer die korrekte Feststellung der Schadenshöhe zu ermöglichen und spätere Betrugsvorwürfe vonseiten der Versicherung wegen „Aufbauschens des Schadens“ zu vermeiden. Es war daher verständlich, dass er aufgrund der Neuausstellung von Belegen mehr Zeit benötigte, als nur für die Auflistung der entwendeten Gegenstände.

Belehrung über Folgen einer Obliegenheitsverletzung?

Letztendlich durfte der Versicherer die Leistung nicht kürzen, weil er es unterlassen hatte, den Familienvater rechtzeitig über die Folgen einer Obliegenheitsverletzung zu belehren, vgl. § 28 IV Gesetz über den Versicherungsvertrag (VVG). Aufgrund der fehlenden Belehrung wusste der Versicherte nämlich nicht um die rechtlichen Konsequenzen einer verspäteten Übermittlung der Stehlgutliste. Die Belehrung war auch nicht entbehrlich – schließlich hatte der Versicherer nach der Schadensmeldung durch den Familienvater ausreichend Zeit, diesen über die Folgen der Obliegenheitsverletzung aufzuklären. So wäre die Belehrung noch rechtzeitig erfolgt, wenn die Hausratsversicherung sie z. B. zusammen mit dem Schadensformular an den Familienvater geschickt hätte.

(OLG Celle, Urteil v. 11.12.2014, Az.: 8 U 190/14)

(VOI)

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