Wechselmodell auch ohne Einigkeit der Eltern

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Gemäß § 1684 Abs. 1 BGB hat ein Kind das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil und ist jeder Elternteil zum Umgang mit seinem Kind verpflichtet und berechtigt.

Entscheidender Maßstab ist grundsätzlich das Kindeswohl. Gemäß § 1626 Abs. 3 S. 1 BGB gehört zum Wohl des Kindes in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen. Das Gericht hat diejenige Entscheidung zu treffen, die – unter Berücksichtigung der Grundrechtspositionen der Eltern – dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

Ob eine gerichtliche Umgangsregelung auch ein Umgangsrecht im Umfang eines strengen oder paritätischen Wechselmodells, also einer etwa hälftigen Aufteilung der Betreuung zwischen den Eltern, zum Inhalt haben kann, war in der Vergangenheit in Rechtsprechung und Literatur umstritten.

Ob im Einzelfall die Anordnung eines Wechselmodells geboten sein kann, ist unter Berücksichtigung der anerkannten Kriterien des Kindeswohls zu beurteilen. Gewichtige Gesichtspunkte des Kindeswohls sind danach die Erziehungseignung der Eltern, die Bindungen des Kindes, die Prinzipien der Förderung und der Kontinuität sowie die Beachtung des Kindeswillens, die bei Regelungen zum Umgangsrecht und damit auch bei Anordnung eines paritätischen Wechselmodells zu wahren sind. Ähnlich wie bei der gemeinsamen Sorge setzt die Kindeswohldienlichkeit des paritätischen Wechselmodells zudem die Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit der Eltern voraus.

Keine Voraussetzung für die gerichtliche Anordnung eines Wechselmodells ist hingegen, dass sich die Eltern über diese Betreuungsform einig sind. Das ergibt sich bereits aus der Erwägung, dass der Wille des Elternteils und das Kindeswohl nicht notwendig übereinstimmen und es auch nicht in der Entscheidungsbefugnis eines Elternteils liegt, ob eine dem Kindeswohl entsprechende gerichtliche Anordnung ergehen kann oder nicht. Würde der entgegengesetzte Wille eines Elternteils gleichsam als Vetorecht stets ausschlaggebend sein, so würde der Elternwille ohne Rücksicht auf die zugrundeliegende jeweilige Motivation des Elternteils in sachwidriger Weise über das Kindeswohl gestellt. 

Das Wechselmodell ist danach anzuordnen, wenn die geteilte Betreuung durch beide Eltern im Vergleich mit anderen Betreuungsmodellen dem Kindeswohl im konkreten Fall am besten entspricht.

Aufseiten des Kindes wird dabei ein Wechselmodell nur in Betracht zu ziehen sein, wenn eine auf sicherer Bindung beruhende tragfähige Beziehung zu beiden Elternteilen besteht. Hierfür kann ggf. auch Bedeutung gewinnen, in welchem Umfang beide Elternteile schon zur Zeit des Zusammenlebens in die Betreuung des Kindes eingebunden waren.

Zwischen den Eltern ergibt sich bei der praktischen Verwirklichung der geteilten Betreuung ein erhöhter Abstimmungs- und Kooperationsbedarf, was geeignete äußere Rahmenbedingungen, so etwa eine gewisse Nähe der elterlichen Haushalte und die Erreichbarkeit von Schule und Betreuungseinrichtungen, aber auch eine entsprechende Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit der Eltern voraussetzt. Dementsprechend sollten beide Eltern hinreichende Erziehungskompetenzen und einen Grundkonsens in wesentlichen Erziehungsfragen aufweisen.

Ein Rechtstipp der NJR Rechtsanwaltskanzlei Stuttgart Referat Familienrecht.


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