Weisheitszahn-OP – Kann doch jeder Zahnarzt!

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Das Oberlandesgericht OLG Dresden hatte sich in einem Verfahren damit zu befassen, ob bei einer Weisheitszahnextraktion über die Möglichkeit der Durchführung des Eingriffs in einer fachärztlichen oralchirurgischen Praxis aufgeklärt werden muss.

In dem Beschluss vom 28.01.2021 (Az.: 4 U 1775/20) wurde klargestellt, dass eine Weisheitszahnextraktion im Wege der Osteotomie zum Behandlungsstandard einer Zahnarztpraxis gehört und es bereits deshalb nicht geboten ist, den Eingriff in einer spezialisierten Praxis durchführen zu lassen.

Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Zahnarzt tatsächlich mit der Durchführung einer Weisheitszahnextraktion unerfahren ist bzw. vergleichbare Eingriffe nur sehr selten ausführt (sog. Anfängereingriff).

In der Praxis würden zwar derartige Eingriffe durch viele zahnärztliche Praxen abgelehnt werden, bereits aus der Weiterbildungsordnung ergebe sich jedoch nicht, dass die operative Zahnentfernung allein durch Fachzahnärzte für Oralchirurgie oder Kieferorthopädie durchgeführt werden müssten.

Das OLG Dresden geht davon aus, dass alle Zahnärzte nach ihrer Ausbildung bzw. entsprechend ihrer jeweiligen Erfahrung und Praxisausstattung über die erforderlichen Kenntnisse und die Routine zur Durchführung eines solchen Eingriffs verfügen. In dem Verfahren wurde durch den Patienten dann auch geltend gemacht, dass die Verletzung des Nervus lingualis ein Indiz für einen Behandlungsfehler im Sinne eines Anscheinsbeweises sei.

Das OLG hat auch hier klargestellt, dass die Läsion des Nervus lingualis bei der Extraktion eines unteren Weisheitszahnes ein geradezu typisches Risiko der Behandlung sei, das auch bei größter operativer Vorsicht und bei Ausnutzung sämtlicher prospektiven Maßnahmen eintreten könne und deshalb nicht vermeidbar sei.

Aus der Verletzung des Nervus lingualis als Folge der Extraktion eines Weisheitszahnes könne nicht auf ein ärztliches Fehlverhalten geschlossen werden. Entgegenstehende Entscheidungen seien veraltet und würden nicht dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechen.

Der Beweis eines fehlerhaften Vorgehens konnte durch den Patienten nicht geführt werden.

Fazit:  Die Besprechung der Entscheidung soll Unsicherheiten darüber vermeiden, ob für die operative Entfernung eines Weisheitszahnes zwingend die Empfehlung an eine oralchirurgische Praxis erfolgen sollte.

Das OLG Dresden hat hier ausdrücklich klargestellt, dass jeder Zahnarzt aufgrund seiner Ausbildung letztlich in der Lage ist, eine solche Operation durchzuführen. Natürlich muss jeder Zahnarzt im Hinblick auf seine Spezialisierung und Erfahrung selbst entscheiden, ob er einen solchen Eingriff auch durchführen möchte. Kommt es zu Komplikationen, kann der Patient jedenfalls nicht einwenden, dass eine Empfehlung zu einer oralchirurgischen Praxis hätte erfolgen müssen.

Wiederholt wurde darüber gestritten, ob die Verletzung des Nervus lingualis einen Behandlungsfehler darstellt. Auch hier sollte nun ausreichend Klarheit bestehen, dass es sich dabei um eine übliche Komplikation des Eingriffs handelt, die sowohl bei der Extraktion durch den „Allgemeinzahnarzt“ eintreten kann, als auch bei dem Fachzahnarzt.


[Detailinformationen: RA Matthias Herberg, Fachanwalt für Medizinrecht, Fachanwalt für Sozialrecht, Telefon 0351 80718-56, herberg@dresdner-fachanwaelte.de]


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