Widerruf Lebensversicherung: Interessant wegen der gezogenen Nutzungen von ca. 7 % p.a.

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Bei Lebensversicherungsverträgen, die bis zum 31.12.2007 abgeschlossen wurden und noch laufen oder liefen, ist ein „ewiger Widerruf“ möglich, BGH-Urteil vom 7. 5. 2014 - IV ZR 76/11. Nach der BGH-Entscheidung IV ZR 52/12 vom 16. Oktober 2013 kann der Widerruf eines Lebensversicherungsvertrages trotz ausgezahlten Rückkaufswertes vorgenommen werden. Bei einem Widerruf erfolgt die Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht.

Ein Zinssatz von 7 % p.a. für den Zeitraum der Versicherungsdauer soll in der Regel als gezogene Nutzung anzunehmen sein (OLG Celle, Urteil v. 27.02.2014, 8 U 192/13, mündliche Verlautbarung OLG Hamburg). Die Versicherung muss – nach einem klägerischen Plausibilitätsvortrag – grundsätzlich versicherungsmathematische Darlegungen zu den gezogenen Nutzungen vortragen. Zu verlangen sind klägerseits die gezahlten Prämien und die Zinsen (gezogene Nutzungen). Im Wege der Entreicherung könnten die Abschlusskosten, die Verwaltungskosten und die Risikoaufwendungen zu prüfen sein.

Der ausgezahlte Rückkaufswert ist abzuziehen, wenn er ausgezahlt wurde.

Mit den Abschlusskosten sind die Provisionen gemeint. Die Abschlusskosten können nur abgezogen werden von der Versicherung in dem Umfange, in dem sie noch als aktuelle Verbindlichkeiten bestehen, also häufig nicht mehr. Das OLG Köln geht weiter und führte in dem Urteil vom 15. August 2014 – 20 U 39/17 aus, dass die Abschlusskosten nicht abgezogen werden dürfen. Denn der Vertrag sei nicht zustande gekommen.

Die Verwaltungskosten können nicht abgezogen werden, denn es sind Sowieso-Kosten. Diese fallen ohnehin an und sind daher nicht anrechenbar.

Den Versicherungsschutz (Risikoanteil) muss sich der Versicherungsnehmer vom Versicherer allerdings anrechnen lassen. Der Risikoanteil ist allerdings sehr klein und liegt deutlich unter einmaligen 7 %.

Interessant ist der Widerruf wegen der gezogenen Nutzungen von ca. 7 % pro Jahr der Versicherungsdauer und abzüglich eines einmaligen Risikoanteils von 7 % oder weniger. Je länger die Versicherungsdauer, umso höher ist die Forderung aus Rückabwicklung nach dem Widerruf. Wer seinen eigenen Anspruch mit ca. 5.000,-- Euro Nachforderungen aus Rückabwicklung wegen Widerrufes einschätzt, dürfte sich im Durchschnitt der Ansprüche bewegen.

Die Widerrufsbelehrung ist häufig unzureichend. Denn der Versicherungsnehmer weiß nicht, dass man für die Schriftform die Unterschrift benötigt. Es darf ferner der Hinweis nicht fehlen, dass der Widerruf ohne Begründung erfolgen muss. Die Angaben der Rechtsfolgen müssen dargestellt werden in der Widerrufsbelehrung. Erforderlich ist ebenfalls die Nennung der beizufügenden Unterlagen. Ebenfalls muss deutlich gemacht werden, an wen der Widerruf gerichtet werden muss. Häufig hat man es mit unklaren Klagegegnern zu tun. Die Gestaltung der Belehrung muss deutlich hervorgehoben sein (Fettdruck, eingerückter Text).

Zur Verjährung: Wegen der unübersichtlichen Rechtslage zur Frage des Widerrufs bei Lebensversicherungen begann die Regelverjährungsfrist nicht vor dem 7. 5. 2014 zu laufen (BGH-Urteil vom 7. 5. 2014 – IV ZR 76/11). Bei unübersichtlicher und unsicherer Rechtslage kann der Verjährungsbeginn bis zur Klärung der noch offenen Frage hinausgeschoben sein (BGH-Urteil v. 23.09.2008 – XI ZR 262/07, später Verjährungsbeginn positiv bejaht in BGH-Urteil vom 28.10.2014, XI ZR 348/13). Zu beachten könnte aber die Verwirkung sein.


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