Wie lange kann ein Versicherer eine Berufsunfähigkeitsversicherung anfechten?

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Zur Geltung des § 124 BGB im Versicherungsrecht

Ein wichtiges Urteil zur Arglistanfechtung in der Berufsunfähigkeitsversicherung hat der Bundesgerichtshof gesprochen (25.11.2015 – IV ZR 277/14). Es geht dabei um die Frage, wie lange ein Versicherungsunternehmen von der Möglichkeit einer Arglistanfechtung Gebrauch machen darf. Die Entscheidung ist auf andere Versicherungen übertragbar. Das betrifft insbesondere solche Versicherungen, bei denen ebenfalls typischerweise mit Antragstellung Auskunft über den Gesundheitszustand zu geben ist, also die private Krankenversicherung, die private Unfallversicherung und die Lebensversicherung.

Die Anfechtung des Vertrags ist bei Versicherungsnehmern zu recht gefürchtet. Denn sie führt zum Verlust sämtlicher Ansprüche aus dem Vertrag und ermöglicht es dem Versicherer sogar, bereits erbrachte Leistungen zurückzufordern. In der privaten Krankenversicherung kommt zum Verlust der Altersrückstellungen noch hinzu, dass andere Versicherer die Versicherung dann häufig nur noch im Basistarif anbieten.

Im konkreten Fall hatte der Versicherungsnehmer falsche Angabe zu Vorerkrankungen gemacht. Der Versicherer focht den Vertrag deshalb wegen arglistiger Täuschung an. Da allerdings bereits mehr als 10 Jahre seit dem Antrag verstrichen waren, stellte sich die Frage, ob der Versicherer die Anfechtung noch aussprechen durfte.

Entscheidend war, ob die Regelung des § 21 VVG auch für die Arglistanfechtung gilt. Nach § 21 Absatz 3 VVG darf ein Versicherer wegen einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung nur innerhalb von 5 Jahren den Vertrag beenden oder anpassen. In der privaten Krankenversicherung sind es sogar nur drei Jahre. Nur wenn der Versicherungsfall innerhalb dieser Zeit eingetreten ist, kann der Versicherer diese Rechte auch noch nach Ablauf dieser Fristen ausüben.

Ungeklärt war die Frage, ob das auch für die Arglistanfechtung gilt. Die Arglistanfechtung hat für den Versicherer Vorteile gegenüber einem Rücktritt oder einer Kündigung. Sie kann aber maximal bis 10 Jahre nach Antragstellung erklärt werden. Was aber gilt, wenn innerhalb der 10 Jahre ein Versicherungsfall eingetreten ist? Darf der Versicherer dann – wie beim Rücktritt – auch noch nach Ablauf der Frist anfechten?

Der Bundesgerichtshof hat dies klar verneint. Die 10-jährige Frist des § 124 Abs. 3 BGB gilt absolut und damit auch im Versicherungsrecht. Die Regelung des § 21 Abs. 3 VVG darf nicht auf die Arglistanfechtung angewandt werden.


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