Wilde Ehe: kein Ring, kein Recht? Was Partner regeln können – und sollten.

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Immer größer wird die Zahl der Partner, die ohne Trauschein zusammenleben, also weder heiraten noch eine Lebenspartnerschaft begründen. In rund 10 % der Familien mit Kindern leben die Eltern ohne Trauschein zusammen, Tendenz steigend. Immer weniger Menschen scheinen die oft als tradiert empfundene Ehe als das für sie richtige, passende Lebensmodel zu empfinden und heiraten deswegen nicht. Diese Form des nichtehelichen Zusammenlebens – die „wilde“ Ehe – wird auch als nichteheliche Lebensgemeinschaft bezeichnet. 

Sicher sind das Zusammengehörigkeitsgefühl der nichtverheirateten Partner, der Zusammenhalt und die Übernahme gegenseitiger Verantwortung bei der nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit dem der Ehe zu vergleichen, gerade dann, wenn Kinder aus der Beziehung hervorgehen. Nicht im Ansatz zu vergleichen sind indes die Rechtsfolgen. Denn mit Eingehung der Ehe kommen automatisch eine Vielzahl gesetzlicher Regelungen zum Tragen: Dies sind unter anderem Regelungen zur Trennung und Scheidung, zu verschiedenen Unterhaltsansprüchen unter den Ehegatten nach der Trennung und nach einer Scheidung, zum Versorgungsausgleich (Ausgleich der innerhalb der Ehezeit erworbenen Rentenanrechte), zum Zugewinn beim Güterstand der Zugewinngemeinschaft, zum Erbrecht der Ehegatten untereinander, zum Hausrat, zur gemeinsam bewohnten Wohnung. 

All diese Regelungen existieren nur bezüglich der Ehe, nicht aber für die nichteheliche Lebensgemeinschaft. Spezialgesetzliche Regelungen für die nichteheliche Lebensgemeinschaft existieren nicht. Darüber sollte man sich im Klaren sein. Stattdessen muss auf andere, allgemeine gesetzliche Regelungen zurückgegriffen werden, zum Beispiel die Regelungen zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR).  

Unterhalt

Einen Anspruch auf Unterhalt während der bestehenden, nichtehelichen Lebensgemeinschaft oder nach einer Trennung gibt es für die Partner nicht – mit einer Ausnahme: Betreuungsunterhalt. Dieser ist (mindestens) bis zum dritten Lebensjahr eines Kindes demjenigen Elternteil geschuldet, der das Kind betreut. Weitere gesetzliche Unterhaltsansprüche gibt es nicht. Auch nicht im Falle von Krankheit oder bei der Betreuung mehrerer Kinder, soweit diese älter als drei Jahre alt sind. 

Wollen Partner weitere Unterhaltsansprüche begründen, so müssen diese in Form eines Partnerschaftsvertrages fixiert werden. Hier können zum Beispiel Unterhaltsansprüche für den Fall der Betreuung gemeinsamer Kinder oder auch für den Fall einer Trennung vereinbart werden. 

Einkommensteuer & Lohnsteuer 

Der besondere steuerliche Vorteil der Ehe bei der Einkommensteuer besteht in dem sogenannten Ehegatten-Splitting. Dabei wird das Einkommen auf beide Ehegatten zu gleichen Teilen verteilt und sodann nach der Steuertabelle besteuert. Durch das Ehegatten-Splitting wird auch heute noch die früher weit verbreitete Hausfrauenehe oder Einverdiener-Ehe klar bevorzugt. Denn das Einkommen des verdienenden Ehegatten wird hierdurch deutlich niedriger besteuert. Verdienen beide Ehegatten in etwas das gleiche, fällt dieser Vorteil ersatzlos weg. 

Unverheiratete dagegen haben dieses Steuervorteil nicht. Sie werden in die ungünstigste Steuerklasse I eingestuft. 

Auch können Ehepartner die Verluste eines Ehegatten mit den Einkünften des anderen verrechnen. Ist einer der Ehegatten beispielsweise mit einer Kfz-Werkstatt selbstständig und macht in den ersten Jahren Verluste, der andere Ehepartner hingegen in einem gut bezahlten Anstellungsverhältnis beschäftigt, so wird über den Verlustausgleich die Steuerlast gesenkt. Paare ohne Trauschein kommen nicht in diesen Genuss.       

Mietwohnung  

Ist der Mietvertrag nur von einem der Partner unterschrieben worden, steht der andere Partner in Bezug auf die Wohnung fast rechtlos da. Im Falle der Trennung hat er kein Recht auf die Wohnung und kann mit kurzer Frist gekündigt werden. 

Unterschreiben beide den Mietvertrag, haften Sie beide als Gesamtschuldner für alle Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis. Das gilt auch dann, wenn einer der Partner aus der Wohnung auszieht und der andere das Mietverhältnis alleine fortsetzt. Wird der Mietvertrag nicht von beiden gekündigt oder der ausziehende Partner vom Vermieter mit Zustimmung des anderen Partners aus dem Mietvertrag entlassen, haftet der ausgezogene Partner weiter in voller Höhe als Gesamtschuldner. Wichtig in diesem Zusammenhang: Ein Gesamtschuldner haftet nicht etwa nur für „seinen hälftigen Mietanteil“, wie oft von meinen Mandanten geglaubt wird. Vielmehr haftet jeder Gesamtschuldner voll für sämtliche Verbindlichkeiten, die auch aus dem Mietverhältnis ergeben. An welchen der (beiden) Gesamtschuldner sich der Vermieter hält, ist ganz diesem überlassen. Er wird sich aber sicherlich an den solventeren der beiden Mieter halten. Im Innenverhältnis hat dieser Mieter dann wiederum einen Anspruch gegen den anderen Partner/Gesamtschuldner. Ob dort auch etwas zu holen ist, ist freilich eine andere Frage. 

Stirbt der im Mietvertrag stehende Partner, kann der Mietvertrag aber von dem anderen Partner in der Regel übernommen werden. 

Für den Fall einer Trennung sollte schon im Vorfeld – bei Abschluss des Mietvertrages – mit dem Vermieter eine Regelung getroffen werden, wer das Recht hat, die Wohnung in einem solchen Fall alleine zu übernehmen und wie mit der Kaution zu verfahren ist. 

Kauf einer Immobilie 

Wollen unverheiratete Paare gemeinsam eine Immobilie kaufen, müssen sie besondere Vorsicht walten lassen. Die beiden Partner sollten sich gemäß ihrer finanziellen Beteiligung ins Grundbuch eintragen lassen. Nehmen beide ein gemeinsames Darlehen zur Finanzierung der Immobilie auf, müssen auch beide für diese Schulden als Gesamtschuldner einstehen. Wird gegen einen Partner die Zwangsvollstreckung betrieben, kann es zur Versteigerung der Immobilie kommen - dann müssen beide ausziehen. 

Zieht ein Partner nachträglich ein und hilft womöglich beim Abtragen des Kredits mit, ohne in das Grundbuch als Eigentümer eingetragen zu werden, kann – und sollte! – zu seiner Absicherung ein Wohnrecht im Grundbuch eingetragen werden. Andernfalls gibt es für den Nichteigentümer keinerlei Recht, dort wohnen zu bleiben, wenn der Eigentümer zum Beispiel ins Pflegeheim muss oder verstirbt. 

Wichtig ist auch eine vertraglich geregelte Löschung des Wohnungsrechts für den Fall der Trennung. Mit wechselseitigen Vorkaufsrechten können unverheiratete Paare ihr Zuhause zusätzlich sichern, wenn einer von beiden seinen Anteil vorzeitig verkaufen und sich trennen will. 

Vermögensauseinandersetzung

Am Ende einer Ehe wird der innerhalb der Ehezeit erwirtschaftete Vermögenszuwachs beider Ehegatten durch den Zugewinnausgleich zwischen den Ehegatten ausgeglichen, so diese im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben – so wie die weitaus meisten Ehepaare in Deutschland. Mangels entsprechender Regelungen passiert das nicht bei der nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Hier findet in der Regel überhaupt kein Ausgleich statt. Anders ist das nur, wenn beide zum Beispiel ein gemeinsames Restaurant, eine kleine Firma oder gar ein großes Unternehmen aufgebaut haben. Dann kann ein Ausgleich herbeigeführt werden über die Anwendung der allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), über den Wegfall der Geschäftsgrundlage, ungerechtfertigte Bereicherung sowie den Gesamtschuldnerausgleich. Eine Vertiefung dieses Themas würde hier den Rahmen sprengen. 

Versorgungsausgleich & Witwenrente 

Durch den Versorgungsausgleich werden die innerhalb der Ehezeit erworbenen Rentenanrechte zwischen den Ehegatten ausgeglichen. Damit findet eine absolut gerechte Teilhabe an den während der Ehe erworbenen Ansprüchen auf Altersversorgung beider Ehegatten statt. Das ist freilich besonders bedeutsam bei Beziehungen, in denen sich ein Elternteil über viele Jahre ausschließlich um die Betreuung und Versorgung der Kinder gekümmert hat, keiner sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen ist und dementsprechend keine Rentenanrechte erwerben konnte. Im Falle der Ehe erhält dann ein Ehegatte die Hälfte der durch den anderen Ehegatten erworbenen Rentenanrechte, sodass am Ende beide gleichgestellt sind. 

Eine entsprechende oder vergleichbare Regelung gibt es für die nichteheliche Lebensgemeinschaft nicht. Es gibt gar keine Regelung dazu. Und weil das so ist, gibt es auch keinerlei Anspruch. 

Wer hier also am Ende einer langen Beziehung nicht gänzlich leer ausgehen will, kann und sollte mit seinem Lebenspartner vertragliche Regelungen treffen. Dies ist im Rahmen eines Partnerschaftsvertrages ohne Weiters möglich und sehr anzuraten. Denkbar sind hier verschiedenste Lösungsmöglichkeiten, zum Beispiel der Abschluss einer privaten Rentenversicherung zugunsten desjenigen, der die Betreuung der Kinder übernimmt – auf Kosten desjenigen, der die Kinder nicht betreut. 

Auch Witwenrente gibt es nur im Falle der Ehe. Hier empfiehlt sich zur Absicherung des Partners über den Abschluss einer Risikolebensversicherung nachzudenken.  

Gesetzliches Erbrecht 

Auch in diesem Punkt gibt es keine gesetzlichen Regelungen für die nichteheliche Lebensgemeinschaft. Ein gesetzliches Erbrecht – wie in der Ehe – existiert nicht. Wird kein Testament zugunsten des Lebenspartners gemacht, greift die gesetzliche Erbfolge und geht der Lebenspartner gänzlich leer aus. An seiner Stelle erben die gesetzlichen Erben. Das sind die Kinder des Erblassers. Gibt es keine Kinder, erben die Eltern des Erblassers, die Geschwister, Nichten und Neffen oder weiter entfernte Verwandte. 

Auch die hohen Freibeträge zugunsten der Ehepartner bei der Erbschaftssteuer fehlen bei der nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Für Ehegatten gilt ein Freibetrag in Höhe von derzeit 500.000,00 EUR (in Worten: fünfhunderttausend Euro). Dieser Betrag kann komplett steuerfrei vererbt/geerbt werden. Für Schenkungen gilt der gleiche Freibetrag. Bei der nichtehelichen Lebensgemeinschaft gibt es diesen Freibetrag nicht, hier gilt jener Freibetrag, der auch jedem anderen gegenüber gilt: 20.000,00 EUR (in Worten: zwanzigtausend Euro).Der Freibetrag gegenüber dem eigenen Lebenspartner ist also genauso hoch, wie gegenüber jedem anderen, wildfremden Menschen. 

Dringend ist deshalb zur Errichtung eines Testamentes zu raten. Zudem sollte darüber nachgedacht werden, schon möglichst frühzeitig Übertragungen (Schenkungen) auf den anderen Lebenspartner vorzunehmen, um die Steuerlast im Falle des Erbfalls zu senken. Denn Schenkungen, die länger als 10 Jahre vor dem Erbfall gemacht wurden, werden bei Ermittlung des Erbes/der Steuerlast nicht berücksichtigt. Zudem kann auch durch weitere Gestaltungsmöglichkeiten – insbesondere bei einer gemeinsamen Immobilie – der jeweils andere Lebenspartner für den Todesfall steuergünstig abgesichert werden. 

Versicherungen – Familienversicherung

Ohne die Ehe kommen die nichtehelichen Partner auch nicht in den Genuss der Familienversicherung (beitragsfreie Mitversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung). Beide Partner müssen sich auch dann selbst versichern, wenn einer der beiden wegen Betreuung der gemeinsamen Kinder keiner sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgeht. 

Die Verträge für Hausratversicherung, Haftpflichtversicherung sowie Rechtsschutzversicherung können und sollten zur Kostenersparnis auf beide Lebenspartner laufen. 

Partnerschaftsvertrag

Unverheiratete Paare sollten dringend über den Abschluss eines Partnerschaftsvertrages sowie über die Errichtung eines Testamentes nachdenken. Dies ist ihnen noch mehr zu raten, als verheirateten zum Abschluss eines notariellen Ehevertrages zu raten ist. Denn die Ehe wird – siehe oben – durch weitreichende gesetzliche Regelungen geschützt und bevorzugt. 

Lassen Sie sich in Ihrer ganz speziellen Lebenssituation durch einen Rechtsanwalt beraten, um die eindeutig bestehenden rechtlichen und steuerlichen Nachteile der wilden Ehe zumindest auf ein Minimum zu reduzieren.

Ich berate Sie gerne. 

Ihr Rechtsanwalt Matthias H. Bernds, Köln


Bitte haben Sie Verständnis, dass ich konkrete Anfragen zu einem Rechtsfall nicht kostenlos beantworten kann – und will. Ich unterbreite Ihnen aber gerne einen verbindlichen Kostenvoranschlag über meine Beratungstätigkeit.  


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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