Zum streitigen Ausscheiden eines GmbH-Gesellschafters

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Einvernehmliches Ausscheiden eines Gesellschafters muss ausdrücklich vereinbart werden

Streitigkeiten zwischen den Gesellschaftern einer GmbH enden häufig vor Gericht. Und die dort im Endeffekt gefällten Urteile überraschen nicht selten die Gesellschafter selbst. Sachlicher Grund hierfür dürfte sein, dass das GmbHG für die Frage des freiwilligen oder erzwungenen Ausscheidens nur rudimentäre Regelungen enthält und die in der Satzung verankerten Regelungen oftmals die Problematik nicht abschließend abdecken oder widersprüchlich regeln. Hinzu kommt, dass in personalistisch strukturierten Gesellschaften häufig noch eine emotionale Komponente im Streit zu berücksichtigen ist, so dass das doch sehr objektive Gesellschaftsrecht von den Gesellschaftern nicht beachtet wird.

Ein gutes Beispiel hierfür ist das Urteil des BGH vom 18.02.2014, II ZR 174/11 (GWR 2014, 215).

Sachverhalt

Der Kläger des Verfahrens war in der Vergangenheit Gesellschafter der beklagten GmbH. Am 20.10.2006 kündigte er das Gesellschaftsverhältnis außerordentlich und fristlos aus wichtigem Grund, weil er am Vortrag aus der Gesellschaft ausgeschlossen worden sei. In ihrem Antwortschreiben vom 22.12.2006 erklärte die Beklagte, dass ein solcher Beschluss nicht gefasst wurde und nahm im Übrigen „die fristlose Kündigung zur Kenntnis“. Diese sei jedoch mangels wichtigen Grundes unwirksam. Im Februar 2007 beschloss die Beklagte die Einziehung des Geschäftsanteils des Klägers. Im Jahre 2010 erhob der Kläger Klage mit dem Ziel, feststellen zu lassen, dass der Einziehungsbeschluss nichtig war und verlangte darüber hinaus die Zahlung einer Abfindung. Die Beklagte verteidigte sich dagegen, dass der Zahlungsanspruch verjährt sei, weil sie mit Schreiben vom Dezember 2006 die fristlose Kündigung ja angenommen habe und der Zahlungsanspruch damit zum 31.12.2009 verjährt sei.

Entscheidung

Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Es hat dabei festgestellt, dass eine Verjährung nicht vorliege. Das Schreiben vom Dezember sei nicht als Annahme der Kündigung zu werten, da darin lediglich  festgehalten sei, dass man die Kündigung zur Kenntnis nehme. Eine Annahme, mit der die Gesellschaft das Ausscheidungsangebot annimmt, hätte aber ausdrücklich erfolgen müssen. Ob die Kündigung aus 2006 wirksam war, sei  auch nicht feststellbar, da die erstinstanzlichen Gerichte hierzu keine Feststellung getroffen hätten. Jedenfalls sei aber der Beklagten ein Berufen auf die Kündigung aus Treu und Glauben verboten, da sie selbst sie zurückgewiesen hat. Da somit ein Ausscheiden frühestens mit dem Einzugsbeschluss 2007 vorliegen könne, stehe ihm ein nicht verjährter Abfindungsanspruch zu. Zu dessen Berechnung wurde die Sache zurückverwiesen.

Anmerkung

Der Sachverhalt dürfte typisch für Auseinandersetzungen in GmbHs sein. Es gab nur drei Gesellschafter, die alle für die Gesellschaft tätig waren, sowie keine ausreichenden Regelungen zu Kündigung und Ausscheiden eines Gesellschafters in der Satzung. Folglich waren alle Akte, die die Gesellschafter in ihrem Streit ausführten, von einer gewissen Rechtsunsicherheit geprägt, ob sie im Endeffekt vom Gericht akzeptiert werden würden.

Bezeichnenderweise hat dabei der BGH seinen Hinweis an das Berufungsgericht, dass eine Verjährung wegen einer Wirksamkeit der Kündigung im Jahre 2006 ausscheidet, ausdrücklich aufgenommen und auf Treu und Glauben gestützt. Denn hierbei handelt es sich um eine Wertungsentscheidung, die definitiv nicht vorhergesagt werden kann.

Offen gelassen hat der BGH in seiner Entscheidung auch die Frage, ob eine Annahme eines Ausscheidungsbegehrens mittels fristloser Kündigung durch den Geschäftsführer – wie hier geschehen – erfolgen kann, oder ob es hierfür eines Gesellschafterbeschlusses bedarf. Auch für letzteres könnte einiges sprechen, was in der Praxis die Problematik mit sich bringt, dass der Auszuschließende ebenfalls zu laden ist, da ansonsten der Beschluss nichtig ist. Etwas, was in der Praxis regelmäßig vergessen bzw. bewusst unterlassen wird.

Jedenfalls zeigt sich, dass zu kurz gefasste Satzungen das Risiko mit sich bringen, dass im Streitfall eine Rechtsunsicherheit verbleiben kann, die zu langwierigen Prozessen führt, die aber u.U. zu verhindern gewesen wären.

RA Heiko Effelsberg, LL.M.

Fachanwalt für Versicherungsrecht


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