Zum Tarifwechsel in der privaten Krankenversicherung

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Private Krankenversicherungsverträge sind ihrer Natur nach langfristig - häufig ein Leben lang - laufende Versicherungsverträge, da der Versicherungsnehmer die aus seinen Beiträgen gebildeten Risikozuschläge nur zu einem geringen Anteil auf seinen neuen Versicherer übertragen kann. Infolgedessen macht der Wechsel wirtschaftlich gesehen oft keinen Sinn, da u.U. der neue Versicherer "jetzt" günstigere Prämien anbieten kann, wegen des Fehlens der Rückstellungen aber im Alter höherer Prämien verlangen muss. Da sich die Lebenssituation des Versicherungsnehmers aber im Laufe des Versicherungsvertrags ändern kann und viele Versicherer im Laufe der Zeit neue - gleichartige - aber günstiger kalkulierte Tarife anbieten, sieht § 204 Versicherungsvertragsgesetz vor, dass der Versicherungsnehmer verlangen kann, in einen anderen, gleichartigen Tarif zu wechseln. Das Gesetz sieht allerdings vor, dass der Versicherer dann, wenn der neue Tarife weitergehende Leistungen bietet, einen Risikozuschlag oder einen Risikoausschluss vereinbaren darf.

Nun hatte sich das LG Wuppertal in seinem Urteil vom 12.04.2012, Az. 7 O 162/11 mit der Frage zu beschäftigen, ob schon die Reduzierung des Selbstbehalts das Recht des Versicherers auslöst, Risikozuschläge zu berechnen. Im Ergebnis hat es dieses Recht bejaht.

Der Kläger hatte für sich und seine Ehefrau Krankenkostenvollversicherungen bei der Beklagten abgeschlossen, die einen jährliche Selbstbehalt von 1.280 EUR und 2.400 EUR vorsahen. Nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben verlangte er den Wechsel in einen niedrigeren Tarif. Nach einer Auseinandersetzung mit dem Versicherer - der hier nicht entscheidend ist - wechselten der Kläger und seine Ehefrau in einen neuen Tarif, der einheitlich einen Selbstbehalt von 520 EUR vorsieht. Die Beklagte fertigte daraufhin einen neuen Versicherungsschein aus und berechnete einen Risikozuschlag i.H.v. 65 EUR bzw. 158,33 EUR. Der Kläger erhob Feststellungsklage, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, den Risikozuschlag zu erheben.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Kammer begründete ihre Entscheidung damit, dass schon durch die Reduzierung des Selbstbehalts eine Mehrleistung i.S.d. § 204 VVG vorliege. Diese genügt, um den Risikozuschlag zu verlangen. Es komme nicht darauf an, dass diese Mehrleistungen unter Umständen durch Minderleistungen in anderen Bereichen kompensiert würden.

Der Entscheidung ist im Ergebnis zuzustimmen. Durch das Wechselrecht sollte nicht die Möglichkeit geschaffen werden, ohne Gesundheitsprüfungen Mehrleistungen - die in den Beiträgen nicht kalkuliert sind - verlangen zu können, sondern es sollte dem Versicherungsnehmer nur ein Recht gegeben werden, zwischen gleichartigen Tarifen zu wechseln, ohne dass der Versicherer dies verhindern kann. In der Praxis kommt es allerdings regelmäßig vor, dass Versicherer auf derartige Verlangen des Versicherungsnehmers nicht oder mit Ablehnung reagieren, so dass schon das Recht zu wechseln erkämpft werden muss. Umso überraschender ist dann für den Versicherungsnehmer, wenn nach dem Wechsel für ihn überraschend Risikozuschläge berechnet werden. Ob dies Vorgehen einiger Versicherer mit der Beratungspflicht im laufenden Versicherungsvertrag in Einklang steht oder ob daraus eigenständige Schadenersatzansprüche erwachsen können, ist sicherlich eine Frage des Einzelfalls und soll hier dahinstehen. Festzuhalten ist jedenfalls, dass ein Versicherungsnehmer, der einen Wechsel seines Tarifs ins Auge fasst, sich zuvor Rechtsrat bei geeigneten Institutionen oder qualifizierten Rechtsanwälten einholt.

RA Heiko Effelsberg, LL.M.

Fachanwalt für Versicherungsrecht


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