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Zwangsversteigerung, Verkauf des Objektes

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Die Zwangsversteigerung, also die Vollstreckungsversteigerung wirft in der Praxis immer wieder eine Frage auf:

Kann ich als Eigentümer das Objekt trotz des laufenden Verfahrens noch verkaufen?

Ein freihändiger Verkauf des Objektes wird häufig für nicht mehr möglich gehalten. Dieses wird unter anderem mit der Eintragung des sogenannten Zwangsversteigerungsvermerkes begründet. Diese Auffassung ist nicht korrekt.


Die Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks in Abt. II des Grundbuches ist die Auswirkung der Regelung des § 23 Abs. 1 S. 1 ZVG. § 23 ZVG lautet:

§ 23

(1) Die Beschlagnahme hat die Wirkung eines Veräußerungsverbots. Der Schuldner kann jedoch, wenn sich die Beschlagnahme auf bewegliche Sachen erstreckt, über einzelne Stücke innerhalb der Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirtschaft auch dem Gläubiger gegenüber wirksam verfügen.

…..

Der Bundesgerichtshof hat zu dem Veräußerungsverbot in einer Entscheidung vom 09.05.2014 zum Akz. V ZB 123/13 bereits ausgeführt:

„Der auf dem vorgemerkten Anspruch beruhende Eigentumserwerb ist aufgrund der Beschlagnahme gegenüber der aus einem besseren Recht betreibenden Wohnungseigentümergemeinschaft relativ unwirksam (§ 23 Abs. 1 Satz 1 ZVG i.V.m. §§ 135, 136 BGB) …“

Rdn. 23

Die relative Unwirksamkeit beschreibt die Unwirksamkeit gegenüber bestimmten Personen, nicht dagegen gegenüber allen Personen. Für das Zwangsversteigerungsverfahren kommt dabei § 135 BGB zur Anwendung. Dort heißt es, dass bei einem Verstoß einer Verfügung (hier der Grundstücksverkauf) gegen ein gesetzliches Veräußerungsverbot (§ 23 Abs. 1 S. 1 ZVG), welches zum Schutz bestimmter Personen (hier der betreibenden Gläubiger) dient, diese Verfügung auch nur diesem Gläubigern gegenüber unwirksam ist.

In der Praxis bedeutet dieses nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 13.10.2022 zum Akz. V ZR 10/22 (Rn. 9):

„Die - wie hier - nach der Beschlagnahme bewirkte Veräußerung des Grundstücks hat auf den Fortgang des Verfahrens gegen den Schuldner keinen Einfluss, weil sie gegenüber dem Gläubiger nach § 23 Abs. 1 Satz 1 ZVG i.V.m. §§ 135, 136 BGB relativ unwirksam ist (vgl. Senat, Beschluss vom 9. Mai 2014 - V ZB 123/13, BGHZ 201, 157 Rn. 23; Beschluss vom 5. Juni 2014 - V ZB 16/14, NJW-RR 2014, 1279 Rn. 13). Deshalb wird das Verfahren - anders als das Beschwerdegericht möglicherweise gemeint hat - gegen den bisherigen Eigentümer bzw. dessen Erben fortgesetzt;“

Dies bedeutet allerdings nicht, dass ein Verkauf grundsätzlich ohne Wirkung ist. Wenn durch den Kaufpreis die Forderung der die Zwangsversteigerung betreibende Gläubigern vollständig beglichen wird, ist diese verpflichtet, das Verfahren aufzuheben. In diesem Fall hat die Gläubigerin kein Recht (mehr) zur Verwertung der Grundschuld oder einer Sicherungshypothek. Der Antrag auf Anordnung auf Zwangsversteigerung ist zurückzunehmen und der Zwangsversteigerungsvermerk zu löschen.

Tatsächlich kann ein beurkundeter Kaufvertrag auch noch im Zwangsversteigerungstermin vorgelegt werden, um den Zwangsversteigerungstermin zur Aufhebung gelangen zu lassen, zumindest aber die Entscheidung über den Zuschlag bei einem wirksamen Gebot verschieben zu lassen. Die Voraussetzung ist lediglich, dass der Kaufvertrag durchführbar ist und die Kaufpreiszahlung in einer für den betreibenden Gläubiger akzeptablen Zeit gesichert ist.

Sofern Sie also beabsichtigen, nach Einleitung der Zwangsversteigerung das Objekt doch noch freihändig zu verkaufen, sollten Sie wie folgt vorgehen:

  • Stellen sie zunächst den benötigten Kaufpreis fest.Befragen sie alle im Grundbuch eingetragenen Gläubiger, welche Forderung diese noch geltend machen (einschließlich Zinsen und Kosten).Fragen sie gesondert nach den im Zwangsversteigerungsverfahren entstandenen Kosten. Diese können Sie selbstverständlich auch bei dem Zwangsversteigerungsgericht erfragen.
  • Der Kaufvertrag sollte beurkundet sein.
  • Von dem Käufer sollte eine unwiderrufliche Finanzierungsbestätigung einer deutschen Bank vorgelegt werden.

Sofern die Forderungen der eingetragenen und/oder  betreibenden Gläubiger deutlich höher sind, als der zu erzielende Kaufpreis, muss vorab mit allen Gläubigern abgestimmt werden, wer in welcher Höhe verzichtet. Dieses ist regelmäßig der rangletzte Gläubiger. Sollte dieser Gläubiger nicht verzichten - obwohl er hierzu aufgefordert wurde - und wird im Zwangsversteigerungsverfahren ein geringerer Preis erzielt, kann der Differenzbetrag diesem Gläubiger als Schadensersatz gegenüber geltend gemacht und mit dessen Forderung verrechnet werden.


Wir beraten Sie gerne.




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